Von: mk
Meran – Meran wird nach Reggio Emilia und Neapel die dritte Stadt in Italien sein, die ein Register für Lebensentwürfe einführt, um den tiefsten Wünschen und Sehnsüchten ihrer Mitbürgerinnen und Mitbürger mit Beeinträchtigung eine Stimme zu geben. „Wir wollen ihr Recht auf Selbstbestimmung gewährleisten“, erklärt Bürgermeister Dal Medico.
„Der Lebensentwurf (progetto esistenziale di vita) ist ein Dokument, welches die Wünsche der Personen mit besonderen Bedürfnissen (Personen mit körperlichen oder kognitiven Beeinträchtigung, aber auch solche, die sich, wenn auch nur für eine begrenzte Zeit, in einer verletzlichen Situation befinden) in Bezug auf ihre Bestrebungen, Gewohnheiten, Vorlieben, Neigungen, Ängste und Ärgernisse in den verschiedenen Lebensbereichen enthält: affektiv-beziehungsbezogen, Arbeit, Wohnen, kulturell. Diese Entwürfe werden unter voller Beteiligung der Person mit Beeinträchtigung erstellt und enthält alle ‚affektiven Informationen‘, die im Falle des Verlustes einer Bezugsperson, sei es ein Elternteil oder ein Betreuer, nützlich sind, um eine gute Lebensqualität zu gewährleisten“, erklärte Bürgermeister Dario Dal Medico heute auf der wöchentlichen Pressekonferenz der Stadtregierung.
„Die Ziele, die wir als Gemeindeverwaltung mit der Einrichtung des Registers für Lebensentwürfe beim Meldeamt erreichen wollen, sind vielfältig: den tiefsten Sehnsüchten der vulnerablen Mitmenschen eine Stimme zu geben und ihre Lebensgewohnheiten zu schützen; ihr Recht auf Selbstbestimmung zu stärken, indem ihnen ein möglichst erfülltes und zufriedenstellendes Leben ermöglicht wird; dazu beizutragen, die Interessen dieser Menschen herauszuarbeiten, auch dank der Einbeziehung einer Vielzahl von Bekannten und Fachleuten sowie dass die Wünsche, die im Lebensentwurf enthalten sind, in den Fällen respektiert werden, in denen die Familie nicht oder nicht mehr in der Lage ist, ihren geliebten Menschen im Alltag zu unterstützen“, so Dal Medico weiter.
Die Verordnung, die das gesamte Verfahren sowie die Führung des Registers regelt, wird dem Gemeinderat auf seinen für Februar anberaumten Sitzungen zur Genehmigung vorgelegt. Ein entsprechender Entwurf liegt bereits vor. Um einen Lebensentwurf erstellen zu können, muss man volljährig sein und in Meran wohnen. Der Antrag kann von der betroffenen Person selbst oder von einer anderen vertretungsberechtigten Person (Eltern, Bevollmächtigter, Betreuer) gestellt werden.
„Die Einleitung des Verfahrens wird beim Meldeamt der Gemeinde Meran beantragt. Eine vom Bürgermeister eingesetzte Kommission prüft dann, ob der eingereichte Antrag die notwendigen Voraussetzungen erfüllt, bestimmt innerhalb von sieben Tagen eine Begleitperson oder einen Betreuer für das Verfahren und benachrichtigt den Antragsteller“, erklärte Stadtrat Marco Perbellini.
Innerhalb von 60 Tagen setzt sich die Begleitperson oder der Verfahrensbetreuer mit dem Antragsteller in Verbindung, um das Verfahren einzuleiten und ihm bei der Ausarbeitung des Entwurfs zu helfen. Die beauftragte Betreuungsperson oder der Mitarbeiter führt dann eine Reihe von Treffen mit dem Menschen mit Behinderung durch, bei denen seine Wünsche anhand von Unterlagen und im Austausch mit wichtigen Personen (Sportlehrern, Freunden, Erziehern usw.) erkundet und gesammelt werden.
Innerhalb von 90 Tagen nach dem ersten Treffen – außer in begründeten Fällen – muss das Dokument fertiggestellt werden. Das von der betroffenen Person (oder, falls sie nicht in der Lage ist zu unterschreiben, von einer anderen vertretungsberechtigten Person) unterzeichnete und von der Kommission positiv bewertete Lebensentwurf wird an das Meldeamt geschickt, das es im allgemeinen Archiv der Stadtverwaltung hinterlegt.
Nach der Ausfertigung und Unterzeichnung durch die betroffene Person wird der Lebensentwurf im entsprechenden Register des Meldeamtes der Stadtgemeinde Meran geführt.
Eine freie Entscheidung
Das Verfahren zur Erstellung des Lebensentwurfs ist kostenlos; für die betroffene Person und/oder den Antragsteller entstehen keine Kosten. Die Entscheidung, den Entwurf zu erstellen, ist frei und autonom, es gibt keine rechtlichen Verpflichtungen in dieser Hinsicht. In jedem Fall wird das gesamte Verfahren unter Wahrung der Vertraulichkeit und des Datenschutzes der Daten der betroffenen Person durchgeführt. Handelt es sich bei dem Antragsteller oder der Antragstellerin in um eine andere Person als die betroffene Person und bringt diese ihren Willen zum Ausdruck, nicht mit der Erstellung des Entwurfs fortzufahren, so hat der Wille der betroffenen Person Vorrang vor dem des Antragstellers.