Infoveranstaltung in Meran

NO2: Was jetzt für saubere Luft getan werden muss

Mittwoch, 06. Februar 2019 | 12:04 Uhr

Meran – Gestern Abend fand im Kulturzentrum an der Cavourstraße eine vom Amt für Umwelt und Mobilität der Gemeinde Meran organisierte Informationsveranstaltung über das gesundheitsschädliche Gas NO2 statt. Gastreferenten waren dabei Massimo Guariento von der Landesagentur für Umwelt und Jürgen Resch, Geschäftsführer der “Deutschen Umwelthilfe”.

NO2 – das ist die Summenformel vom Stickstoffdioxid, einem rotbraunen, giftigen, stechend chlorähnlich riechenden Gas, welches bei der Verbrennung fossiler Energieträger entsteht und daher unter anderem Bestandteil der Abgase von Kraft- und Luftfahrzeugen, von Öl- und Gas-Heizkesseln ist. Laut Emissionskataster des Landes sind die Hauptverursacher der NO2-Ausstöße in Meran der Straßenverkehr (53 Prozent), die industrielle Verbrennung (19 Prozent) und die Heizanlagen (16 Prozent). In sogenannten Straßencanyons, das heißt in dicht bebauten Straßen mit hohem Verkehrsaufkommen, kann der motorisierte Verkehr bis zu 70 Prozent der NO2-Konzentrationen verursachen. Die EU hat im Jahr 2010 für Stickstoffdioxid einen Jahresgrenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m3) festgelegt.

“Dieser Grenzwert wurde in Meran bei den jüngsten Messungen entlang mehreren Straßen überschritten, zum Beispiel im nördlichen Abschnitt der Romstraße, in der Rätiastraße und am Rennweg”, erklärte Massimo Guariento von der Landesagentur für Umwelt. Verantwortlich dafür sind hauptsächlich dieselbetrieben Fahrzeuge. “Ein Beispiel? im Stadtverkehr und bei einer Geschwindigkeit von 41 Km/h stößt ein Euro-5-Dieselauto fast 0,8 Gramm NO2 pro Kilometer in die Luft aus, ein Euro-5-Benzinauto hingegen nicht einmal 0,1 Gramm. in der Kurstadt umfassen die Gebieten mit potentieller Überschreitung des NO2-Jahresmittelgrenzwertes rund 18 km Straßen (Me-Bo inklusiv). Davon betroffen sind rund 1.100 BürgerInnen”, fügte Guariento hinzu.

“Der neue städtische Verkehrsplan (PUT) ist eines der Instrumente für saubere Luft in der Stadt Meran und soll – werden die Maßnahmen auch umgesetzt – den motorisierten Verkehr und damit die gesundheitsschädlichen Emissionen um acht Prozent reduzieren”, hob Mobilitäts- und Umweltstadträtin Madeleine Rohrer hervor.

“Ich möchte erneut an alle politischen Parteien appellieren, dem neuen Verkehrsplan zuzustimmen, sodass dessen Maßnahmen so rasch wie möglich umgesetzt werden können. Verbote – in diesem Fall Fahrveborte – einzuführen, ist nicht meine Priorität, aber wenn die Politik nicht Verantwortung für die Menschen übernimmt, dann werde ich zum Schutz der Gesundheit auch wie Bozens Bürgermeister Caramaschi handeln”, sagte Bürgermeister Paul Rösch.

Das NO2-Programm

Ende Juli 2018 hatte die Landesregierung das sogenannte NO2-Programm genehmigt. Darin sind die Luftqualitätsziele für die nächsten fünf Jahre und die zu ergreifenden Maßnahmen sowie die Kriterien für den Erlass von eventuellen Verkehrsverboten festgelegt.

“In Meran – so wie in Bozen, Brixen und Leifers – herrscht Handlungsbedarf”, betonte Guariento. “Zu den Hauptmaßnahmen zählen die Förderung der nachhaltigen Mobilität (Fußgänger und Radfahrer, Elektro-Mobilität, öffentlicher Personennahverkehr, intelligente Steuerung der Verkehrsflüsse und der Parkplätze). In Meran sollen die Werte innerhalb 2020 um zehn Prozent reduziert werden. Verkehrsverbote sollten nur dann erlassen werden, wenn mit allen anderen Maßnahmen die festgelegten Ziele nicht erreicht werden können”, so Guariento.

Im NO2-Programm des Landes wurden die Fahrverbote nach dem Verursacher-Prinzip festgelegt und auf ihre soziale Verträglichkeit geprüft. Fahrverbote dürfen nur in Gemeinden erlassen werden, wo Grenzwertüberschreitungen vorhanden sind. Es können Stadtteile oder Straßen miteinbezogen werden, welche direkt oder indirekt zur Verbesserung der Luftbelastung im Überschreitungsgebiet beitragen. Verkehrsverbote können vom Bürgermeister erlassen werden, müssen allerdings auf Landesebene einheitlich sein, d.h. Uhrzeiten, Wochentage, Art der betroffenen Fahrzeuge, Ausnahmen, usw.

“Entscheidet sich eine Gemeinde für den Erlass von Verkehrsverboten, dann müssen diese mit den landesweiten Kriterien übereinstimmen. Die BürgerInnen müssen mindestens sechs Monate vor Inkrafttreten der Fahrbeschränkungen darüber informiert werden”, sagte Guariento.

NO2-Emissionen seit 2000 verdoppelt

Jürgen Resch, Geschäftsführer der “Deutschen Umwelthilfe” und einer der Aufdecker des weltweiten Dieselskandals, sprach dann über manipulierte Abgaswerte und erzählte über die Gründe für die seit Jahren immer stärkeren Überschreitungen der Abgaswerte bei Diesel-Pkws. Weiters gab er Hinweise über die rechtlichen Möglichkeiten für Umweltverbände und Bürger, die “Saubere Luft” in ihren Städten durchzusetzen.

“Seit dem Jahr 2000 haben sich die N02-Emissionen verdoppelt. Über 70.000 wissenschaftliche Publikationen belegen die gesundheitsschädliche Wirkung von N02 und Feinstaub, insbesondere für Kleinkinder, Lungenvorgeschädigte, Allergiker, Asthmatiker, Kranke und ältere Menschen. Zur Zeit laufen in neun Bundesländern 35 Klagen zur Luftreinhaltung. Das Bundeverwaltungsgericht, also das höchste deutsche Gericht, hat die rechtliche Zulässigkeit von Fahrverboten bestätigt, wenn nicht mit anderen Maßnahmen spätestens bis Ende 2019 der N02-Grenzwert eingehalten wird. Zur Zeit gelten Dieselfahrverbote in Hamburg und Stuttgart, im Laufe des Jahres kommen sicher noch Mainz, Berlin und Darmstadt dazu”, so Resch.

Von: mk

Bezirk: Burggrafenamt