Angriffe Israels im Gazastreifen erschweren das Leben der Zivilisten

Israel begann großen Einsatz von Bodentruppen in Gaza

Sonntag, 18. Mai 2025 | 19:12 Uhr

Von: APA/dpa

Israels Armee hat im Zuge ihrer neuen Offensive im Gazastreifen auch einen Großeinsatz von Bodentruppen gestartet. Sie seien seit Samstag im gesamten Norden und Süden des Küstengebiets gegen die islamistische Hamas im Einsatz, so das Militär am Sonntag. Bei heftigen Angriffen Israels gegen die Hamas seien in der Nacht auf Sonntag mindestens 110 Menschen getötet worden, hieß es aus medizinischen Kreisen im Gazastreifen. International wächst die Kritik am Vorgehen Israels.

Demnach gab es auch viele Verletzte. Die palästinensische Nachrichtenagentur WAFA berichtete, die meisten Opfer seien Minderjährige und Frauen. Bei dem Angriff seien Zelte getroffen worden, in denen Vertriebene untergebracht gewesen seien. Auch diese Angaben konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden. Israels Armee teilte auf Anfrage mit, dem Bericht nachzugehen. WAFA meldete mehrere tödliche Angriffe in verschiedenen Gebieten des Gazastreifen.

Seitens der israelischen Armee hieß es später auf Anfrage, Soldaten hätten in der Nacht zu Sonntag ihre Einsätze im Gazastreifen fortgesetzt. “Und unter den angegriffenen Zielen war auch ein Terrorist in der Gegend von Khan Younis, der der Terrororganisation Hamas angehört.” Al-Mawasi bei Khan Younis wurde während des Kriegs als humanitäre Zone ausgewiesen, die Armee griff in der Vergangenheit dort bereits mehrfach an, eigenen Angaben nach stets Ziele der Hamas.

Die israelische Luftwaffe habe in der vergangenen Woche eine “erste Angriffswelle” ausgeführt, um die Bodeneinsätze zu unterstützen, teilte das israelische Militär weiters mit. Ziel seien mehr als 670 Posten der Hamas gewesen, darunter Waffenlager, Raketenwerfer und Mitglieder der Terrororganisation. “Bisher haben die Truppen Dutzende Terroristen eliminiert”, so Israels Armee.

Israels Armee meldet Beschuss aus dem Gazastreifen

Israelischen Armeeangaben zufolge feuerten Mitglieder von Terrororganisationen im Gazastreifen am Samstagnachmittag zwei Geschosse auf Israel ab. Eines sei von der Luftabwehr abgefangen worden, das andere auf offenem Gebiet niedergegangen. In einem israelischen Grenzort gab es Raketenalarm. Es gab zunächst keine Berichte über Opfer oder Schäden.

Seit Beginn des Gaza-Kriegs haben Mitglieder der Hamas und anderer palästinensischer Terrororganisationen Tausende Raketen auf Israel geschossen. Zuletzt kam es jedoch nur noch selten zu Angriffen aus dem umkämpften Küstenstreifen. Am Dienstag hatte der Palästinensische Islamische Jihad (PIJ) drei Raketen auf Israel lanciert.

Täglich Todesmeldungen aus dem Küstengebiet

Aus dem Küstengebiet werden derzeit jeden Tag Dutzende Tote gemeldet. Vor wenigen Tagen erklärte Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu, mit der neuen Offensive den Druck auf die Hamas zu erhöhen, um die Freilassung der noch immer festgehaltenen Geiseln zu erreichen. Die Armee soll im Zuge der großangelegte Offensive nach dem Willen der Regierung den Gazastreifen erobern und auf Dauer besetzt halten. Der Plan sieht nach Angaben aus Regierungskreisen auch vor, die palästinensische Bevölkerung vom Norden in den Süden zu bewegen.

Internationale Kritik wächst

Angesichts der wieder deutlich steigenden Opferzahlen und der ohnehin katastrophalen Versorgungslage stößt die Großoffensive international auf Kritik und ruft Besorgnis hervor. Die israelische Regierung will damit den Druck auf die Hamas erhöhen, die sie erklärtermaßen zerstören will, und erreichen, dass die Islamisten die verbliebenen Geiseln freilassen. Die Pläne für die Offensive, die Anfang Mai aus Regierungskreisen verlauteten, sehen auch vor, dass die Armee das abgeriegelte Küstengebiet erobert und auf Dauer besetzt hält.

Krankenhäuser außer Betrieb

Im Norden des Gazastreifens sind nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mittlerweile alle Kliniken außer Betrieb. Schwerer Beschuss verhindere, dass Patienten, Personal und Güter ins Indonesische Krankenhaus in Beit Lahia kämen. Es handelt sich um das letzte öffentliche Krankenhaus im Norden, das noch arbeitsfähig war. Israels Armee äußerte sich auf Anfrage zunächst nicht dazu. Das israelische Militär wirft der Hamas immer wieder vor, sich in Kliniken zu verschanzen und Krankenhäuser für militärische Zwecke zu nutzen.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat dagegen in der Vergangenheit eine “systematische Zerlegung” des Gesundheitssystems im Gazastreifen durch die israelische Armee kritisiert. Israels Armee betont regelmäßig, im Einklang mit dem Völkerrecht zu handeln. Dieses verbietet Angriffe auf zivile Einrichtungen wie Krankenhäuser in Kriegszeiten. Sie können ihren Schutzstatus jedoch unter bestimmten Umständen verlieren, etwa wenn sie für Verstecke für Kämpfer oder als Waffenlager benutzt werden.

Israelische Regierung sieht Bewegung bei Hamas

Nach Ansicht der israelischen Regierung zeigt die neue Großoffensive bereits Wirkung. Verteidigungsminister Israel Katz hatte am Samstag mitgeteilt, mit Beginn der Operation habe die Hamas eine Rückkehr zu den Verhandlungen über ein Geiselabkommen angekündigt. Die Islamistenorganisation bestätigte eine neue Gesprächsrunde in der katarischen Hauptstadt Doha. Es gibt allerdings viele Streitpunkte. Selbst wenn die Hamas anbiete, weitere Geiseln freizulassen, werde Israel den Krieg nicht beenden, hatte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu kürzlich betont. Eine zeitlich begrenzte Waffenruhe sei zwar möglich, nicht aber ein dauerhaftes Ende der Kämpfe.

Nach Angaben des israelischen Militärs wurden zwei Geschoße auf Israel aus dem Gazastreifen abgefeuert – was mittlerweile selten passiert. Eines sei von der Luftabwehr abgefangen worden, das andere auf offenem Gebiet niedergegangen. Es gab zunächst keine Berichte über Opfer oder Schäden.

Appelle für Ende der Gewalt

Nach Bekanntwerden des Beginns der Großoffensive mehrten sich Appelle, dass die Gewalt ein Ende haben müsse. Das forderte EU-Ratspräsident António Costa von beiden Konfliktparteien. UN-Generalsekretär António Guterres teilte mit, die Lage für die Palästinenser in Gaza sei mehr als unmenschlich. Die Blockade humanitärer Hilfe “muss sofort beendet werden”.

In Den Haag gingen Zehntausende zumeist in Rot gekleidete Demonstranten auf die Straße und forderten von der niederländischen Regierung eine härtere Gangart gegenüber Israel.

Der norwegische Ministerpräsident Jonas Gahr Støre verurteilte einen israelischen Angriff in der Nacht. Israel setze Leid und Hunger als Waffe gegen die Menschen in Gaza ein, sagte er nach Angaben der Nachrichtenagentur NTB. Die Gewalt müsse enden, die Geiseln freigelassen und Nothilfe in das abgeriegelte Gebiet gelassen werden.

Auch der neue Papst erinnert an Leid im Kriegsgebiet

Papst Leo XIV. erinnerte zum Abschluss seiner offiziellen Amtseinführung an die Kriegsgebiete auf der Welt und betete für die Menschen dort. “In Gaza hungern Kinder, Familien und alte Menschen, die überlebt haben”, sagte er.

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