Von: luk
Bozen – Im Südtiroler Landtag wurde heute auch über Personalnot in der italienischen Schule, psychologische Erste Hilfe und Insektenschutz debattiert.
Beschlussantrag Nr. 340/20: Dringende Maßnahmen für die Personalplanung der italienischen Schulen (eingebracht vom Abg. Urzì am 23.10.2020). Hierzu hat Urzì einen Ersetzungsantrag vorgelegt. Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1) dringende und konkrete Initiativen zu ergreifen, um den Personalstand der italienischsprachigen Schulen staatlicher Art wieder jenem der deutsch-und ladinischsprachigen Schule anzugleichen; 2) die zu diesem Zweck erforderlichen finanziellen Mittel bereits im nächsten Haushaltsgesetz vorzusehen; 3) jede Form der faktischen Einschränkung der Ausübung des Rechts auf Präsenzunterricht an den Schulen und Lehranstalten Südtirols mit sofortiger Wirkung auszuschließen, wie im Gesetzesdekret Nr. 44 vom 1. April 2021, veröffentlicht im Gesetzesanzeiger, Allgemeine Reihe Nr. 79 vom 1. April 2021, vorgesehen; 4) die Beteiligung der Lehrkräfte an Funktionen und Aufgaben, die nicht zu ihrem Berufsbild gehören, wie etwa die Entnahme von Nasenabstrichen, in jeder Form auszuschließen; dabei wird festgehalten, dass fachspezifische, medizinische Aufgaben von geschultem Gesundheitspersonal wahrgenommen werden müssen (sofern dies von den Herstellern der Nasenflügelabstriche ausdrücklich vorgesehen ist).
Der Antrag war bereits am Vormittag andiskutiert worden.
LR Giuliano Vettorato kritisierte ebenfalls den Auftritt Urzìs vor einer Schule. Die Don-Bosco-Schule habe 660 Schüler, von denen sich 40 nicht an den Tests beteiligten. Es sei nicht akzeptabel, wenn man daraus einen sozialen Krieg machen wolle. Südtirol habe drei Kulturen und daher auch drei Schulsysteme, aber alle drei Landesräte arbeiteten an den gleichen Zielen. Die Schulbauten seien Zuständigkeit der Gemeinden, nicht des Landes. Es sei wahr, dass es seit 2011 keine Personalaufnahmen gegeben habe. Immerhin habe er die Stellen 2019/20 um 25 und 2020/21 um 58 Stellen aufgestockt. Die Schule sollte nicht politisiert werden, und wer einen Lehrauftrag habe, müsse mit gutem Beispiel vorangehen. Er sei mit den Gewerkschaften in Verbindung, um neues Personal aufzunehmen, und bemühe sich auch um die entsprechenden Mittel. Als Lega-Vertreter teile er das Ziel der Tests, aber nicht die Methode, das habe er auch dem Landeshauptmann gesagt. Deswegen sage er aber nicht, dass man ohne Maske am Unterricht teilnehmen dürfe. Er habe auch keine Lehrperson aufgefordert, beim Test mitzuhelfen. Vettorato appellierte an alle Abgeordneten, den Streit nicht noch zu befeuern.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia) wies darauf hin, dass das Staatsdekret den Präsenzunterricht vorsehe. In der Politik brauche es auch Mut, aber den könne man sich nicht kaufen. Die Lega verschaffe der SVP die Mehrheit, daher könnte sie durchaus Muskeln zeigen. Der Testzwang sei nicht haltbar.
Vettorato wehrte sich gegen den Vorwurf der Mutlosigkeit. Immerhin hätten zwei Gerichtsurteile die Vorgangsweise bestätigt.
Der Antrag wurde in getrennter Abstimmung zu den einzelnen Punkten mehrheitlich abgelehnt.
Anschließend ging LR Thomas Widmann noch auf Fragen von Leiter Reber ein, die gestern im Rahmen der Informationsrunde zur Corona-Situation gestellt worden waren. Zu den Hundetests gebe es keine staatlichen Vorgaben. Es sei ein nordisches Modell, während in Italien Hunde zur Tumorerkennung eingesetzt würden. Das Modell sei insgesamt zu begrüßen, durch dieses seien Positive frühzeitig erkannt worden. Es gebe eine neue Vorgabe aus Rom zur Sportmedizin, wonach für einige Sportarten neue Untersuchungen notwendig seien. Die Wartezeiten lägen derzeit bei 2-3 Wochen, was gerade in dieser Zeit unangenehm sei.
Beschlussantrag Nr. 185/19: Psychologische Erste Hilfe (eingebracht von den Abg. Foppa, Dello Sbarba und Staffler am 11.10.2019). Der Landtag möge die Landesregierung beauftragen, 1. die Notwendigkeit und Möglichkeit der Einrichtung einer psychologischen Ersten Hilfe zu prüfen; 2. in den Notaufnahmen der wichtigsten Krankenhäuser eine 24h-Besetzung durch spezialisierte PsychologInnen vorzusehen, evtl. auch im Rahmen von Pilotprojekten; 3. die Notwendigkeit und Möglichkeit einer kontinuierlichen psychologischen Präsenz auch für andere Einrichtungen wie Seniorenwohnheime, Langzeitpflegeeinrichtungen etc. vorzusehen.
“Neben den bekannten medizinischen Problematiken gibt es viele weitere Problemsituationen, in denen sich ein Mensch jeder Altersstufe plötzlich und unerwartet wiederfinden kann: Panik- oder Angstzustände, Suizidgedanken, Krisensituationen, die mit Sucht und Entzug zusammenhängen, Traumata und posttraumatische Stresssituationen, Mobbing, depressive Verstimmungen, Burnout, Zuspitzungen von Partnerschafts-, Familien-, Verlassenheitsproblemen, Aggression, Todesfälle etc.”, erklärte Brigitte Foppa (Grüne). Es sei bereits zu Beginn der Pandemie vorausgesagt worden, dass die Situation auch zu großen psychischen Belastungen führen wird. Südtirol habe ein gut gebündeltes Angebot, das auch beworben werde. Trotzdem sei ein Nachbessern notwendig: Sucht, Essstörungen und andere Probleme hätten zugenommen. Viele Beratungsstellen hätten Bürozeiten, aber psychische Krisen würden auch außerhalb dieser Zeiten auftreten. Die Notaufnahme sei hingegen immer offen, und es wäre sinnvoll, wenn sie auch für psychologische Notfälle da wäre.
Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten) wies darauf hin, dass ein psychologischer Notfalldienst bereits jetzt zur Verfügung stehe, aber durchaus auszubauen sei. Es fehle aber an der Koordinierung der verschiedenen Dienste. Repetto kündigte Zustimmung zum Antrag an.
Auch Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit) signalisierte Zustimmung. Die Auswirkungen der Krise seien schlimmer als erwartet, eine Schweizer Studie spreche von einer Verdoppelung der Suizidrate unter den Jugendlichen. Aber auch bei Erwachsenen, die sich um ihre Existenz Sorgen machen müssten, bestehe diese Gefahr. Sie berichtete von einer Mutter, die ihren Suizid auch mit dem Druck auf die Schüler begründet habe. Auch die Politik sei aufgefordert, niemanden auszugrenzen oder zu diskriminieren.
Die psychische Gesundheit sei immer ein wichtiges Thema gewesen, bemerkte Ulli Mair (Freiheitliche), aber in dieser Zeit sei das Bewusstsein dafür gestärkt. In Südtirol gebe es viele Beratungsdienste. Es brauche nicht unbedingt mehr, aber man sollte sie ausbauen. Vor allem an bestimmten Festtagen bestehe erhöhter Bedarf.
Die psychiatrischen Erkrankungen machten bei der Notaufnahmen im ländlichen Raum nur 5 Prozent aus, in den Städten seien es mehr, erklärte Franz Ploner (Team K). Bereits jetzt habe die Notaufnahme die Möglichkeit, schnell den psychiatrischen oder den psychologischen Dienst zu konsultieren. Er plädiere weniger für eine psychologische Erste Hilfe, sondern für einen Ausbau der jeweiligen Dienste. Heuer seien 40 Psychologenstellen ausgeschrieben worden, 30 seien bisher besetzt.
Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) wies darauf hin, dass der Antrag fordere, verschiedene Möglichkeiten zu prüfen. Wenn die Experten der Meinung seien, dass man das Ziel auf einem anderen Wege erreichen könne, so solle man eben auf der Schiene weiterfahren.
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) freute sich über die grundsätzliche Zustimmung. Wichtig sei, dass ein niederschwelliger Dienst zur Verfügung stehe. Viele hätten Angst, psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Josef Unterholzner (Enzian) unterstützte den Antrag, vermisste jedoch den Aspekt der Prävention. Die Politik müsse besser und nachvollziehbarer werden, damit würde man den größten Beitrag leisten.
LR Thomas Widmann dankte Foppa für das Lob am psychologischen Dienst und an die Vereine, die in diesem Bereich tätig seien. Andere Regionen hätten nicht ein solches Angebot. Die Notfallpsychologie stehe jeden Tag von 8.00 bis 21.00 Uhr zur Verfügung, die Rettungsdienste rund um die Uhr. Mit den neuen 30 Psychologen werde nun mehr möglich. Bereits während der ersten Welle sei der Notdienst “PsyHelp” eingerichtet worden, der fast rund um die Uhr zur Verfügung stehe. Besser als eine Erste Hilfe wäre der Ausbau dieses Dienstes. In den vier Hauptkrankenhäusern könne ein Psychologe rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Der psychische Aspekt sei jedenfalls ein eminent wichtiges Element in dieser Krise, der durchaus mehr Beachtung verdiene.
Im Antrag gehe es um dringende Notsituationen, betonte Brigitte Foppa. Wer in Panik sei, könne sich nicht durch die verschiedenen Dienste durchtelefonieren, es brauche eine niederschwellige Anlaufstelle, die auch nachts erreichbar sei.
Der Antrag wurde mit 16 Ja und 17 Nein abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 236/20: Aktion Bienen- und Insektenschutz (eingebracht von den Abg. Staffler, Foppa und Dello Sbarba am 21.01.2020). Der Landtag möge die Landesregierung beauftragen, 1. ein Aktionsprogramm zum Schutz der Bienen und Insekten innerhalb 2021 zu erstellen; 2. gesetzliche Maßnahmen für den aktiven Insekten- und Lebensraumschutz zu ergreifen; 3. zusätzliche Geldmittel für Forschung, Sensibilisierung, Bildung und für strukturelle Maßnahmen zu gewähren.
Die Insektenwelt sei weitgehend unbekannt, bemerkte Hanspeter Staffler (Grüne). Wissenschaftler würden seit Jahren vor den Gefahren warnen, die der Rückgang der Insekten bedeute. Die Insekten seien das Fundament der Tierwelt, aber sie hätten keine Lobby. Dem Insektensterben könne man nur vor Ort begegnen. Seine Ursachen seien der Wegfall der Lebensräume wie Trockenmauern, Totholz usw., der Rückgang der extensiv bewirtschafteten Wiesen, der Einsatz von Pestiziden. Die Landwirtschaft sei nicht der einzige, aber der hauptsächliche Verursacher. Es werde Zeit, die Roten Listen ernstzunehmen und sie in den Gesetzen zu berücksichtigen.
Die Biene sei eine Sympathieträgerin, meinte Brigitte Foppa (Grüne). Sie habe gelitten, als auf dem Magnagoplatz die Erdbeerbäumchen entfernt wurden, auch sei seien ein Biotop gewesen. Insekten seien für das globale System notwendig, sie seien überlebenswichtig.
Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten) fand das Thema sehr aktuell. Die modernen Anbauformen schränkten das Habitat der Insekten ein, dies sei bei den Maßnahmen vor allem zu bedenken.
Bienen und Insekten seien für den Menschen lebenswichtig, bestätigte auch Ulli Mair (Freiheitliche) und erinnerte an ihren Antrag zum Bienenschutz, der einstimmig angenommen worden sei. Sie fragte, wie der umgesetzt worden sei. Die Grünen hätten die Situation zu negativ dargestellt, es gebe auch viele positive Initiativen. Viele würden hier ohne Vorgaben der Politik tätig.
Franz Locher (SVP) stimmte Staffler weitgehend zu. Wichtig sei, dass man vor Ort tätig werde. Sicher sei für die Artenvielfalt auf der Wiese verrotteter Mist besser als Gülle, allerdings werde in den Laufställen, die für die Tiere besser seien, mehr Gülle produziert. Landwirtschaft und Ökologen lägen nicht so weit auseinander, sie würden nur oft auseinandergetrieben.
Peter Faistnauer (Team K) erinnerte an seinen Antrag vom Vormittag, der in dieselbe Richtung gehe. In Südtirol gebe es viele Straßen und Wege, die hätten aber auch Böschungen, die man so oder so pflegen könne. Die öffentliche Hand hätte die Möglichkeit, auf den eigenen Flächen für mehr Artenvielfalt zu sorgen.
Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) kritisierte, dass die Landesregierung Beschlüsse des Landtags ignoriere, wie jenen, den Kollegin Mair vorgelegt habe. Die Landtagssitzungen seien umsonst, wenn die Landesregierung die gefassten Beschlüsse nicht umsetze. Auch die Medien würden dies nicht aufgreifen.
Präsident Josef Noggler stellte in Abrede, dass nichts umgesetzt werde. Viele Gemeinden hätten sich z.B. bemüht, seinen Antrag zum Thema umzusetzen.
LR Arnold Schuler räumte ein, dass die Landwirtschaft wesentlich für das Überleben der Insekten verantwortlich sei. Die Opposition sollte aber auch einmal anerkennen, wie viel Positives hier geleistet werde. Die Biene habe heute weltweit eine große Lobby, sie stehe im Mittelpunkt vieler Initiativen. Die Honigbiene werde nicht aussterben, solange es Imker gebe, zitierte Schuler einen Wissenschaftler. Anders sei es bei den Wildbienen, von denen viele Arten vom Aussterben bedroht seien. Hier gehe es darum, ihren Lebensraum wieder herzustellen. In Südtirol sei die Situation eindeutig besser als dargestellt, aber es gebe durchaus noch Handlungsbedarf. Auf Antrag von Noggler und Kollegen sei eine Arbeitsgruppe mit einem Aktionsplan beauftragt worden, der aber nicht veröffentlicht worden sei, weil inzwischen bereits der Imkerbund ein Konzept vorgelegt habe. Auch im Landwirtschaftskonzept 2030 seien viele Maßnahmen zur Artenvielfalt enthalten. Darüber hinaus finanziere das Land das Artenmonitoring mit 500.000 Euro. In den letzten Jahren und Monaten sei einige in diese Richtung passiert. Schließlich wies Schuler darauf hin, dass nicht nur die Landwirtschaft in der Pflicht stehe, sondern auch die privaten Haushalte.
Andreas Leiter Reber wandte ein, dass zum genannten Beschlussantrag zwar vieles passiert sei, aber nicht das, was er gefordert habe.
Hanspeter Staffler nahm die Anregung von Faistnauer auf, wonach die öffentliche Hand ihre Flächen im Sinne der Artenvielfalt einsetze. Dass Laufställe mehr Gülle produzierten, sei wohl eine Südtiroler Besonderheit; anderswo werde mit Festmist gearbeitet. Es sei Usus, dass die Eisenbahnböschungen mit Herbiziden traktiert würden, das wäre aber verboten. Die Honigbiene leiste ein Drittel der Bestäubung, ein weiteres Drittel sei Arbeit der Wildbiene. Seine Fraktion habe einen Leitfaden zu Bienen und Insekten erarbeitet, den er den Abgeordneten gerne überlasse.
Der Antrag wurde mit 16 Ja und 18 Nein abgelehnt.