Von: ka
Bozen – Beschlussantrag Nr. 623/22: Kollektivverträge auf Landesebene (eingebracht vom Abg. Nicolini am 21.09.2022). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. die wöchentliche Arbeitszeit bei gleichem Gehalt von 38 auf 36 Stunden zu senken, wie es im Großteil der nationalen Kollektivverträge (siehe Provinz Trient und Region Trentino-Südtirol) vorgesehen ist; die veränderten Arbeitszeiten würden Einsparungen bei den Stromkosten der Landesverwaltung ermöglichen; 2. den Bediensteten den Zugang zum Smart Working zu erleichtern; 3. bei der Arbeitszeitgestaltung größere Flexibilität einzuräumen, etwa, indem die Kernarbeitszeit am Freitagnachmittag gestrichen wird; 4. im Falle von Mobilität zwischen Körperschaften eine flexiblere Arbeit zu ermöglichen, wie von den nationalen Kollektivverträgen vorgesehen; 5. die Zahl der Ferientage für Bedienstete, die seit über 30 Jahren im Dienst sind, zu erhöhen, oder festzulegen, ab welchem Alter dies gelten soll.
Die Landesbediensteten hätten seit dem letzten Vertragsabschluss 8 Prozent an Kaufkraft verloren, erklärte Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung). Mit diesem Antrag schlage er aber qualitative Verbesserungen vor. In der ganzen Welt werde die Arbeitszeit reduziert, in Italien werde mehr Stunden gearbeitet als in Deutschland. Während der Pandemie seien die Smartworker von 5.000 auf 80.000 gestiegen, auch das sei also möglich, ein Beitrag, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern. Mehr Flexibilität sei bei der Arbeitszeit wie auch zwischen Körperschaften leicht möglich.
Ulli Mair (Freiheitliche) sah sich auf einem anderen Planeten als Nicolini. Aus der Privatwirtschaft höre sie, dass es wegen dieser Flexibilität in den Ämtern unendlich lange Wartezeiten gebe. Smart Working sollte die Ausnahme bleiben, die Bürger sollten nicht auf alltägliche Dienste warten müssen. Wenn der Freitagnachmittag frei bleibe, dann würde die Verwaltung vielleicht sparen, aber auf Kosten der Bürger und Betriebe.
Die 36-Stunden-Woche klinge gut, meinte Hanspeter Staffler (Grüne), aber man bräuchte dann sofort 1.5000 Mitarbeiter mehr, um die Dienste abzudecken. Smartworking habe sich stark entwickelt, aber das optimale Gleichgewicht sei noch nicht gefunden: Das während der Pandemie eingesetzte System war kein Smartworking, sondern Homeoffice, was zu Problemen bei den Schaltern und verschiedenen Diensten führen konnte. Er sprach sich durchaus für Flexibilität und eine Erhöhung der Zahl der freien Tage für leitende Angestellte aus, was auch Teil des Altersmanagements sei. Es müsse alles getan werden, um die Tarifverträge zu aktualisieren, und zwar mit angemessenen finanziellen Mitteln sowie mit kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen dieser Art.
Helmut Tauber (SVP) erklärte, dass er mit diesem Vorschlag Bauchweh habe: Nach zwei Jahren der Pandemie seien die Energiepreise explodiert, es gebe immer weniger Arbeitskräfte, und es werde auch noch vorgeschlagen, die Arbeitszeit der Beschäftigten zu verkürzen? Wer würde dann in Zukunft arbeiten? Stattdessen müsse man das Signal geben, dass sich Arbeit lohne, etwa durch die Einführung von Sozialmaßnahmen für Jugendliche, von Ausbildungskursen, anderen Maßnahmen.
Maria Elisabeth Rieder (Team K) stimmte dem zu. Die Maßnahmen, die der Antrag fordere, seien Alternativen zur Lohnerhöhung. Man müsse endlich das Geld finden, um diese zu ermöglichen. Sie wies auch darauf hin, dass das Thema eine Angelegenheit zwischen Tarifpartnern sei, da sollte der Landtag nicht dreinreden. Höhere Löhne seien gerade angesichts der Teuerungen ein Muss, und die öffentliche Hand sollte dabei vorangehen.
Hochmotivierte Mitarbeiter würden weit mehr als 40 Stunden die Woche arbeiten, erklärte Josef Unterholzner (Enzian). Das verdiente Geld werde in der Freizeit verbraucht, und bei mehr Freizeit brauche man mehr Geld. Derzeit würden überall Fachkräfte gesucht. Eine bessere Motivation wäre es, die Überstunden weniger zu besteuern. Er sei für flexible Arbeitszeiten, da vermeide man den Stau am Morgen und sei produktiver.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) bat um getrennte Abstimmung zu den einzelnen Punkten; einigen könne er zustimmen, anderen nicht. Smart Working dürfe man nicht mit Homeoffice verwechseln, und es sei auch ein Beitrag zur Aufwertung des ländlichen Raums. Der freie Freitagnachmittag sei nicht überall möglich, aber in manchen Bereichen durchaus sinnvoll, auch, damit der Arbeitgeber in Zukunft noch attraktiv bleibe.
Helmuth Renzler (SVP) erinnerte Unterholzner daran, dass die heutigen Arbeitszeiten hart erkämpft wurden und dass man nicht ausschließlich für die Arbeit lebe. Er sei wie Nicolini für eine Reduzierung auf 36 Stunden, aber verbunden mit einer Lohnerhöhung, da man mit mehr Freizeit mehr Geld brauche, wie Unterholzner gesagt habe. Die Arbeitszeit sei Gegenstand von Kollektivverträgen, das könne man nicht per Gesetz vorschreiben. Zu Smart Working gebe es Regelungen auf staatlicher Ebene, die zwischen den Tarifpartnern genauer definiert würden. Auch eine Verlängerung des Urlaubs nach 30 Jahren müsse ausgehandelt werden.
Man sollte Arbeit nicht nur nach Stunden und Jahren messen, man sollte auch ihre positiven Seiten hervorheben, meinte Gerhard Lanz (SVP). Die jüngere Generation von heute habe andere Vorstellungen und Ziele, sie denke nicht gleich an Familiengründung oder Hausbau. Auf diese müsse man sich konzentrieren. Die Flexibilität sollte auch aus der Sicht des Kunden bewertet werden. Schließlich müsse man festhalten, dass man nicht arbeite, um in Pension zu gehen, sondern auch, um eine interessante Beschäftigung zu haben.
Brigitte Foppa (Grüne) fand die Diskussion interessant und den Antrag Nicolinis berechtigt. Es könne in dieser Zeit der Personalknappheit nicht die Strategie sein, dass alle 60 Stunden arbeiten. Dass Arbeit nur in Präsenz möglich sei, sei ein Mythos, auch zu Lasten der Frauen. Viele Jugendliche würden die Arbeit ernst nehmen, aber sie wollten vielleicht nicht mehr so lange arbeiten. Wer mehr Freizeit habe, brauche nicht unbedingt mehr Geld, manche hätten auch Angehörige zu pflegen.
Arbeit sollte auch für die Arbeitenden einen Mehrwert haben, meinte Magdalena Amhof (SVP). Zu Nicolinis Vorschlag, die Wochenstunden auf 36 zu reduzieren, wies sie auf den enormen Fachkräftemangel in der Landesverwaltung hin, was zu den von der Wirtschaft beanstandeten Wartezeiten führe. Die Möglichkeit zum Smart Working bestehe bereits, aber in bestimmten Bereichen sei das nicht möglich, etwa im Front Office. Sie kündigte schließlich die Gegenstimme der SVP an.
LR Waltraud Deeg betonte, dass viele dieser Forderungen Sache der Verhandlungspartner seien. Die Jugendlichen bräuchten eine Perspektive bei der Arbeit, sie hätten aber wenig Lust, wenn das Geld nicht bis zum Monatsende reiche. Eine Reduzierung der Wochenstunden sei schwierig, wenn man die Dienste bei diesem Personalstand aufrechterhalten wolle. Sie sei froh, dass das Land 2016 auf Cloud-Systeme umgestellt habe, das habe es 2020 ermöglicht, den Betrieb über Smart Working aufrechtzuerhalten. Der freie Freitagnachmittag werde derzeit diskutiert, in vielen Bereichen, etwa in der Pflege, sei er nicht möglich. Die Flexibilität zwischen Verwaltungen sei bereits geregelt, mit demselben Beschluss sei auch das Age Management berücksichtigt worden.
Diego Nicolini bedankte sich für die Diskussion und stellte fest, dass die von den Abgeordneten angesprochenen Probleme genau die seien, die er lösen wolle: Junge Menschen, die sich um einen Arbeitsplatz bewerben, fragten sofort nach Flexibilität und intelligentem Arbeiten, denn es mache keinen Sinn, jeden Tag von Bruneck nach Bozen zu fahren, um dort vor dem PC zu stehen. Im Ausland hätten die Menschen weniger gearbeitet und mehr verdient. Die Aufgabe der Zivilisation sei es, mehr zu produzieren und die Menschen weniger arbeiten zu lassen, es sei falsch, die Zahl der Arbeitsstunden mit der Menge der Produktion in Verbindung zu bringen. Derzeit werde der Privatsektor attraktiver als der öffentliche, auch mit der 4-Tage-Woche. Es sei ihm bewusst, dass viele Forderungen Sache der Tarifpartner seien, aber die Landesregierung sei einer davon.
Der Antrag wurde in getrennten Abstimmungen zu den einzelnen Teilen mehrheitlich abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 624/22: Luftwärmepumpen Offensive für Südtirol – Ein weiterer Mosaikstein zur Energie-Autarkie Südtirols (eingebracht vom Abg. Faistnauer am 23.09.2022). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. einen aktiven Austausch mit dem Klima Club Südtirol und anderen Stakeholdern zu initiieren und über dessen Fortschritte medial zu informieren; 2. detaillierte Berechnungen anzustellen, um Kosten und notwendige Mittel je Einkommensschicht eruieren zu können, um Hilfe zur Selbsthilfe zu schaffen; 3. Umstellungsmöglichkeiten und entsprechende Förderungen breit in einer Info-Kampagne zu bewerben damit die Bevölkerung diese nutzen kann; 4. Fördermaßnahmen für Betriebe zur Produktion von Wärmepumpen made in Südtirol vorzusehen, um Produktmangel und langen Wartezeiten abzuhelfen, und den Kreis in Südtirol zu schließen, das über Betriebe verfügt, die im High-Tech an der Weltspitze mitmischen und Voraussetzungen erfüllen könnten; 5. Fortbildungskurse für Planer und Installateure laut Entwurf Update 2021 Klima- Strategie Energie Südtirol 2050 zu fördern, um zu garantieren, dass diese über fundierte Erfahrung mit Systemen erneuerbarer Energiegewinnung verfügen; 6. Die vom Klima Club angegebenen 2.000 Wärmepumpen im Jahr, um fossile Heizkessel zu ersetzen als realistisches Förderziel anzupeilen und entsprechende Mittel vorzusehen; 7. der Reduzierung der CO2-Emissionen Höchste Priorität beizumessen und neben der breiteren Verbreitung von Wärmepumpen außerdem beim Austausch eines Heizkessels Förderungen und Mittel im Kombipaket für eine Reduzierung des Wärmebedarfs der Gebäudehülle vorzusehen; 8. Die Richtlinien für die Gewährung von Beiträgen (Beschluss Landesregierung Nr. 1136 und Nr. 1137 vom 28.12.2021), welche Verlustbeiträge vorsehen, um Nutzung erneuerbarer Energiequellen und Energieeffizienz zu fördern, abzuändern, dass: a) Wärmepumpen in Kombination mit Photovoltaikanlagen nicht nur für Klima-Haus-B-Gebäude, sondern für alle (Beitrag von 40 % der zulässigen Kosten); b) Wärmepumpen als Ersatz für Öl- oder Gasheizkessel in Eigentumswohnungen nicht nur mit mindestens 5 Wohneinheiten und mindestens 5 Eigentümern, sondern für alle (30 % der zulässigen Kosten).
“Im Mittelpunkt dieser Thematik steht bereits seit Jahren das Umrüsten von fossilen hin zu erneuerbaren Energien im Fokus”, erklärte Peter Faistnauer (Perspektiven Für Südtirol). “Diesbezüglich hat der Klima Club Südtirol der Landesregierung ein Strategiepapier mit den Schwerpunkten Wärmepumpen, Photovoltaik und Klimasekretariat unterbreitet inklusive konstruktiver Vorschläge für das Erreichen der Klimaziele in Südtirol.” Wärmepumpen mit Photovoltaikanlagen wären die günstigste Alternative zu fossilen Brennstoffen, die Anschaffungskosten seien aber hoch. In Deutschland sei man mit deren Förderung mutiger. Laut Istat habe das Land bislang 300 Wärmepumpen gefördert. Den Daten der Klima-Haus-Zertifizierungen zufolge wurden zwischen 2014 und 2021 rund 868 Wärmepumpen in zertifizierten Gebäuden installiert, davon 737 in Neubauten. Laut Klimaplan wären aber 80.000 Heizanlagen zu ersetzen.
Der Antrag gehe in die richtige Richtung, befand Hanspeter Staffler (Grüne). Er fragte, was die Landesregierung tun wolle, um die 80.000 Heizanlagen kurzfristig zu ersetzen. Auch an den hydraulischen Abgleich und die Dämmung sei zu denken. Die Sanierung von Altbauten gehe zu schleppend voran. Hier brauche es einen Turbo.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) fand den Antrag interessant. Aber mit den Luftwärmepumpen allein sei es nicht getan, in manchen Häusern fehle die Voraussetzung dafür. Im Winter produziere Südtirol zu wenig Strom, und es fehle die Sonne für die Photovoltaik – hier müsste man eine Möglichkeit der Speicherung finden. Hier gebe es noch viel ungenutztes Potenzial. Man müsse für die einzelnen Gebäude die jeweils beste Lösung finden.
Gerhard Lanz (SVP) wehrte sich gegen den Vorwurf, die Landesregierung habe die Entwicklung verschlafen. Es gebe viel Förderung für alternative Energie, aber nicht immer sei sie angenommen worden, weil die fossilen Brennstoffe noch günstig waren. Heute hätten alle Interesse, selbst die Energie zu produzieren. Die Wärmepumpe sei nicht überall die Lösung, jedes Gebäude habe seine eigene Ideallösung. Wenn die Nachfrage groß sei, würden auch die Betriebe in diesen Sektor einsteigen. Der staatliche Renovierungsbonus sei eine wesentliche Unterstützung, und das Land habe oft eigene Förderungen dazugelegt. Es gebe keine Energie zum Nulltarif, überall seien Investitionen nötig.
Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) gab Lanz recht. Wärmepumpen seien nur eine mögliche Lösung. Man müsse die Bürger darin unterstützen, sich selber versorgen zu können, unabhängig von der angewandten Technik.
Südtirol habe viel Potenzial in diesem Bereich, erklärte Franz Locher (SVP) und wies auf das Holz hin, das man auch zur Stromproduktion verwenden könne. Wärmepumpen bräuchten viel Strom. Wasserstoff werde als Energieträger der Zukunft gesehen, bei der Umwandlung gingen aber 30 Prozent verloren. Das Land habe, auch über Eurac und Uni, viel in diesem Bereich geforscht, aber herausgekommen sei nicht allzu viel.
Das Thema werde auch im Klimaplan ausführlich behandelt, erklärte LR Giuliano Vettorato. Derzeit würden die Förderkriterien überarbeitet. Die derzeitige Förderung bestehe ausschließlich aus Verlustbeiträgen, unabhängig vom Einkommen. Der Antrag fordere das, woran die Landesregierung bereits arbeite.
Peter Faistnauer sah darin keinen Grund, den Antrag abzulehnen. Er beruhe auf Vorschlägen von Fachleuten des Klimaclubs.
Der Antrag wurde mit 12 Ja und 16 Nein abgelehnt.
Die Arbeiten werden morgen wieder aufgenommen.