Artikeldebatte und Erklärungen zur Stimmabgabe

Sammelgesetz heute im Landtag verabschiedet

Freitag, 30. Juni 2017 | 13:07 Uhr

 

Bozen – Der Landtag hat heute die Artikeldebatte zum Landesgesetzentwurf Nr. 125/17: „Änderungen zu Landesgesetzen in den Bereichen Kultur, Verwaltungsverfahren, Ämterordnung und Personal, Bildung, örtliche Körperschaften, Landwirtschaft, Nutzung öffentlicher Gewässer, Landschafts- und Umweltschutz, Forst und Jagd, Gesundheit, Soziales, Wohnbauförderung, Lehrlingswesen, Transportwesen, Handwerk, Fremdenverkehr und Gastgewerbe, Schutzhütten, Handel, öffentliche Auftragsvergabe und andere Bestimmungen“ (vorgelegt von der Landesregierung auf Vorschlag von LH Kompatscher) mit der Behandlung von Art. 5 fortgesetzt. Im Folgenden die Artikel, zu denen eine Debatte stattgefunden hat.

Art. 5 betrifft die Veranstaltungen des Landes.
Andreas Pöder forderte, dass es für Landesveranstaltungen im Jahr einer Landtagswahl ein Gutachten des Landesbeirats für Kommunikation braucht, um institutionelle Wahlwerbung zu verhindern. Brigitte Foppa bemerkte, dass Art. 5 wie auch 6 (Mitgliedschaften des Landes) eigentlich eigene Gesetze darstellten, das sei keine gute, sondern eine überstürzte Gesetzgebung. Sie teilte Pöders Bedenken zu Veranstaltungen in der Wahlkampfzeit, gab aber zu bedenken, dass dies nicht zu den Kernaufgaben des Kommunikationsbeirats gehöre. Pöder habe etwas aufgeworfen, was in den vergangenen Jahren immer wieder zum Problem geworden sei, meinte Sven Knoll. Oft habe die Landesregierung Veranstaltungen an das Ende der Legislatur verlegt. Der Kommunikationsbeirat sei sehr wohl die richtige Behörde, präzisierte Andreas Pöder, er sei die lokale Vertretung der staatlichen Aufsichtsbehörde, die auch die Einhaltung der Par condicio überwache. Der Artikel habe andere Beweggründe, erklärte LH Arno Kompatscher, ohne ihn müsste ein Landesrat für die Teilnahme etwa an einer internationalen Fachtagung aus eigener Tasche bezahlen. Dasselbe gelte für Veranstaltungen des Landes, die nicht ausdrücklich Repräsentationsveranstaltungen seien. Der Antrag Pöders wurde abgelehnt.
Der Artikel wurde mit 17 Ja, 1 Nein und 13 Enthaltungen genehmigt.

Art. 6 betrifft die Mitgliedschaft des Landes in Vereinigungen und Körperschaften.
Andreas Pöder forderte, dass der Landtag über solche Mitgliedschaften entscheiden muss. In bestimmten Fällen könne es da zu Identifikationsproblemen kommen. LH Arno Kompatscher wies darauf hin, dass der Artikel deutlich die Voraussetzungen für solche Mitgliedschaften kläre. Pöders Antrag wurde abgelehnt.
Der Artikel wurde mit 17 Ja, 1 Nein und 12 Enthaltungen genehmigt.

Art. 7 betrifft den Proporz in den Kollegialorganen: Die stärkste Sprachgruppe kann zugunsten jener verzichten, die ansonsten nicht vertreten wäre.
Andreas Pöder forderte die Streichung des Artikels, hier werde der Proporz ausgehebelt. Auch Sven Knoll sah den Artikel als schwerwiegend, eine Selbstaufgabe autonomer Bestimmungen und ein gefährlicher Präzedenzfall. Man lasse sich nicht von der STF provozieren und etwa die Aufgabe des muttersprachlichen Unterrichts vorwerfen, erklärte Dieter Steger, Knoll solle das Statut besser lesen. Laut Statut müssten die Gremien die Vertretung der Ladiner gewährleisten, erklärte LH Kompatscher, und mit diesem Artikel werde das umgesetzt, denn nicht überall seien neunköpfige Verwaltungsräte möglich. Bisher seien die Ladiner in einigen Gremien nicht vertreten. Auf Vorschlag von Knoll legte Kompatscher eine Korrektur vor; demnach könne die stärkste Sprachgruppe ausdrücklich “zugunsten der ladinischen Sprachgruppe” verzichten. Pöder zog seinen Antrag zurück, allerdings hätte die Mehrheit dies gleich klarstellen können. Dass man etwas andere gemeint habe, sei eine reine Unterstellung, antwortete LH Kompatscher. Wie Pöder meinte auch Riccardo Dello Sbarba, dass hier nicht nur eine sprachliche Präzisierung vorgenommen wurde, in bestimmten Fällen hätte die stärkste Sprachgruppe auch zugunsten der italienischen verzichten können. Kompatschers Neuformulierung wurde mit 29 Ja und 3 Enthaltungen genehmigt. Pöder hielt fest, dass damit die Geschäftsordnung missachtet wurde.
Der Artikel wurde mit 28 Ja und 4 Enthaltungen genehmigt.

Art. 8-bis betrifft Sporttrainer und Schulsozialarbeiter.
Dazu hat LR Philipp Achammer eine Änderung vorgeschlagen, wonach die neuen Stellen im Landeskontingent geschaffen werden, nicht im Stellenplan der Schulen. Veronika Stirner begrüßte das Vorhaben, wies aber darauf hin, dass bei den Schulpsychologen noch Nachholbedarf bestehe; diese könnten durch die Sozialpädagogen nicht ersetzt werden. Laut Studie gebe es in jeder Klasse mindestens drei Schüler mit erhöhtem Betreuungsbedarf, dies könne von 30 Sozialpädagogen nicht abgedeckt werden. Sie Kritisierte auch, dass viele Beratungslehrer nicht als solche ausgebildet seien. Die Schulen bräuchten eine interne, nicht eine externe Anlaufstelle. In Meran etwa sei eine Mitarbeiterin für Problemfälle in einem Einzugsgebiet von 50.000 Schülern zuständig. Fälle, die nicht rechtzeitig behandelt würden, seien später oft nicht behandelbar und führten auch zu volkswirtschaftlichen Schäden. Magdalena Amhof schloss sich Stirners Ausführungen an. Mittlerweile hätten nur noch wenige Schulen keine Sozialarbeiter. Früher habe es keine Kontinuität gegeben, mit dieser Gesetzesänderung könne dies gelingen. Aber das alleine werde nicht ausreichen, Schulpsychologen wären ein wertvoller Zusatz. Es gebe heute ein großes Betreuungsnetz an den Schulen, aber Schulpsychologen wären notwendig, um den neuen Herausforderungen gerecht zu werden. LR Philipp Achammer erinnerte daran, dass es vor zehn Jahren nur vier Stellen waren, seitdem sei kontinuierlich aufgestockt worden. Mit diesem Gesetz löse man das Problem der prekären Arbeitsverhältnisse und schaffe Kontinuität. Nachholbedarf gebe es noch bei Diagnose und Therapie, man müsse und werde den schulpsychologischen Dienst weiter ausbauen. Achammers Ersetzungsantrag wurde angenommen.
Der Artikel wurde mit 17 Ja und 11 Enthaltungen genehmigt.

Art. 11-bis betrifft die Nutzung öffentlichen Gewässer.
LR Richard Theiner beantragte die Streichung des Artikels. Der Artikel, der vor allem die Beregnungsanlagen betreffe, sei im Gesetzgebungsausschuss eingefügt worden, berichtete Josef Noggler. Die Landesregierung könne die Bestimmung per Durchführungsbestimmung anpassen, damit kleine Anlagen von allzu großen bürokratischen Auflagen entlastet werden. Der Streichungsantrag wurde angenommen.

Art. 12 betrifft die Kennzeichnung gentechnikfreier Lebensmittel.
Riccardo Dello Sbarba forderte die Streichung des Artikels, der die geltenden Bestimmungen radikal ändere. So werde ein unabhängiges Bewertungskomitee abgeschafft, die Prozedur werde vereinfacht, Dokumente würden durch Eigenerklärungen ersetzt – insgesamt weniger Garantien für die Konsumenten. Zudem würden die Strafen für Missbrauch verringert. Diese Materie sei Thema für ein eigenes Gesetz. LR Martha Stocker legte einen Ersetzungsantrag vor, mit dem die Zuständigkeit für die Sanktionen wieder an die Umweltagentur geht. Dieser Antrag wurde angenommen, jener von Dello Sbarba nicht.
Der Artikel wurde mit 17 Ja, 4 Nein und 7 Enthaltungen genehmigt.

Art. 13-bis betrifft Arbeiten der Agentur Landesdomäne.
Mit einem Änderungsantrag wollte LR Arnold Schuler sicherstellen, dass die Arbeiten der Agentur im Auftrag der Abteilung Forstwirtschaft mit Beiträgen finanziert werden können. Der Ersetzungsantrag (und somit der Artikel) wurde angenommen.

Art. 15 betrifft die Arzneimittelversorgung.
Riccardo Dello Sbarba zweifelte an der rechtlichen Haltbarkeit der Bestimmung und legte eine andere Formulierung zur Vergabe neuer Apotheken vor. Die vorliegende Bestimmung sei autonomer und pragmatischer, erklärte LR Martha Stocker, damit könne der scheidende Apotheker die Ausgabestelle bis zur Besetzung weiterführen. Mit dem Vorschlag der Grünen müsste man gleich eine neue Ausgabestelle schaffen. Der Änderungsantrag Stockers wurde angenommen, jener von Dello Sbarba nicht.
Der Artikel wurde mit 17 Ja, 1 Nein und 13 Enthaltungen genehmigt.

 

Zweiter Teil der Artikeldebatte. Erklärungen zur Stimmabgabe

Art. 18 betrifft die Integration ausländischer Bürger.
Riccardo Dello Sbarba forderte die Streichung des Artikels. Hier würden Bedingungen für die Inanspruchnahme von Leistungen gestellt, ohne die einen wie die anderen festzulegen. Die Landesregierung erhalte einen Blankoscheck. Die Einwanderer würden hier Arbeitsplätze besetzen, die bei Einheimischen nicht gefragt seien, außerdem hätten die meisten eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung. Man sollte statt der Auflagen die Pflichtkurse zusammen mit dem Regierungskommissariat verbessern. Andreas Pöder beantragte die Umwandlungen von Kann- in Muss-Bestimmungen. Brigitte Foppa teilte mit, dass der Langer-Preis heuer an eine Flüchtlingshilfeorganisation gehe, LR Tommasini habe an der Veranstaltung teilgenommen, im Landtag aber zum Thema geschwiegen. Er könne nichts Schlimmes daran erkennen, wenn man für Leistungen auch Gegenleistungen verlange, erklärte LR Philipp Achammer. Eine Muss-Bestimmung wäre rechtlich aber schwierig. Er stimmte einem Änderungsantrag Pöders zu, dass auch die  Familienmitglieder in die Integrationsbemühungen einbezogen werden sollten. Dieser wurde auch angenommen, die anderen Anträge nicht.
Der Artikel wurde mit 18 Ja, 3 Nein und 10 Enthaltungen genehmigt.

Art. 19 betrifft die Wohnbauförderung.
Maria Hochgruber Kuenzer kündigte nach einer Sitzung der SVP-Fraktion den Rückzug ihres Änderungsantrags zu den mitarbeitenden Familienmitgliedern an.
Der Artikel wurde unverändert genehmigt.

Art 22 betrifft die öffentliche Mobilität.
Riccardo Dello Sbarba beantragte die Streichung des Absatzes 1, der eine stärkere finanzielle Beteiligung durch die Gemeinden auch bei Linien vorsieht, die nicht von ihnen eingerichtet wurden. LR Florian Mussner verteidigte die Bestimmung, das Land übernehme 70 Prozent der Kosten, auch beim Citybus. Es gehe vor allem um die Regelung der Kostenbeteiligung für Linien, die über den Standard hinaus gehen, präzisierte LH Arno Kompatscher.
Der Artikel wurde unverändert mit 18 Ja und 12 Enthaltungen genehmigt.

Die anderen Artikel wurden ohne Debatte genehmigt.

Erklärungen zur Stimmabgabe

Riccardo Dello Sbarba (Grüne) kündigte das Nein seiner Fraktion an und begründete dies mit den Bestimmungen zur Integration und zu den gentechnikfreien Lebensmitteln. Mit ersteren bekomme die Landesregierung einen Blankoscheck, mit letzteren würden die Sicherheiten für die Konsumenten verringert. Er kritisierte auch die Bestimmung zu den Apotheken, die in dieser Fassung einer Anfechtung ausgesetzt seien.

Der Gesetzentwurf wurde mit 17 Ja und 13 Nein genehmigt.

Von: luk