Von: luk
Bozen – Im Südtiroler Landtag wurde am Mittwoch der Beschlussantrag Nr. 717/23 zum Thema: “Schwimmende Photovoltaik für unsere Stauseen” behandelt. Eingebracht wurde der Antrag vom Abgeordneten Diego Nicolini von der Fünf-Sterne-Bewegung.
Er führte aus, dass in Südtirol die Energieversorgung hauptsächlich durch erneuerbare Energien sichergestellt werde, vor allem durch Wasserkraft, aber auch durch Solarenergie, Biomasse, Holz und andere Energieträger. Immer mehr Aktivitäten und Dienstleistungen, die die Gesellschaft täglich in Anspruch nehme, verbrauchen Energie, insbesondere elektrische Energie; dank dieser stehe uns allen das, was wir brauchen, stets zur Verfügung. Heutzutage sei die Energiewende in aller Munde: Gemeint sei, dass die bisher durch andere Quellen erzeugte Energie nun durch elektrische Energie ersetzt werden solle; diese solle nicht nur manuell ausgeführte Arbeitsvorgänge ersetzen, sondern auch für Heiz- und Klimaanlagen, für die Mobilität, zum Kochen, usw. genutzt werden.
In Südtirol gebe es zahlreiche Stauseen, die der Energieerzeugung oder als Wasserspeicher dienten, auf diesen könnten schwimmende Solar-Photovoltaik (FPV, vom Englischen „floating photovoltaics“) installiert werden: Dabei handelt es sich um große schwimmende Flöße, die durch photovoltaische Zellen Strom erzeugen, so Nicolini. Vorteile seien, dass die Wasserverdunstung reduziert werde. Bei natürlichen Seen werde geschätzt, dass für jedes installierte Megawatt (MW) pro Jahr mehr als 10.000 m3 Wasser eingespart werden. Wissenschaftler sagen für die Zukunft Wasserknappheit voraus, sodass jede Form der Einsparung sinnvollerweise einer Verschwendung von Wasser entgegenwirkt. Es sei zudem leicht, die Anlagen zu verkabeln – bestimmte Leitungen und Verbindungen seien bereits vorhanden. Es gebe weitere kleine Pluspunkte, wie die Verringerung des schädlichen Algenwachstums in den Stauseen und wirtschaftliche Vorteile wie der vereinfachte Rückbau, da es sich nicht um ortsfeste Anlagen handelt. Die bisherigen Erfahrungen zeigten, dass bis zu 20 Prozent der Oberfläche von Stauseen mit schwimmenden Photovoltaikanlagen bedeckt werden könnte, ohne deren natürliche Funktionen zu beeinträchtigen. Wenn man bedenkt, dass mit dem derzeitigen Stand der Technik und dank der Möglichkeit, die Ausrichtung der schwimmenden Anlagen täglich zu verstellen, um die optimale Sonneneinstrahlung zu gewährleisten, etwa zwei MW pro Hektar zur Verfügung stehen würden, könnte man theoretisch fast 600 MW an Leistung erzielen, was ungefähr fünf bis sechs großen lokalen Wasserkraftwerken entspreche. Die Solarenergie sei die Energieform der Zukunft. Mit dem Antrag rege er ein Forschungsprojekt an, so Nicolini.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) bemerkte, er frage sich, was schwimmende Photovoltaik in der praktischen Anwendung bedeute, wenn man etwa am Reschensee eine solche Anlage errichten würde. Wie wäre das landschaftlich, was mit dem Schneedruck usw.? Südtirol produziere in Summe mehr als doppelt so viel Strom, als im Land selbst konsumiert werde. Wie transportiere man dann diesen zusätzlichen Strom aus der schwimmenden Photovoltaik ab? Und billigeren Strom für Südtiroler gebe es auch durch Photovoltaik nicht. Dies seien Fragen, die er vor dem Zutapezieren der Landschaft mit Photovoltaik beantwortet haben möchte.
Hanspeter Staffler (Grüne) erklärte, dass es zunächst gelte zu eruieren, ob die Anbringung von Photovoltaikmodulen in Stauseen sinnvoll wäre – das wolle der Antrag. Es gebe Zielkonflikte, zum Beispiel den Segelsport am Reschensee oder das Fischen am Zogglersee oder die Vogelfauna am Haidersee. Ihm fielen eine Reihe solcher Zielkonflikte ein, was aber nicht bedeute, dass es nicht möglich sei – deshalb finde er den Beschlussantrag legitim. Denn es müsse alles ausgelotet werden, was möglich sei, denn in Südtirol müssten drei Terawattstunden fossile Energie ersetzt werden.
Der Antrag habe etwas an sich, so Paul Köllensperger (Team K). Es gebe in Europa bereits einige Beispiele für flottierende Photovoltaikanlagen, die funktionierten. Die Optik sei problematisch. Eine Möglichkeit wäre die Einkleidung der Staumauern mit Photovoltaik – das wäre eventuell auch eine Anregung für das künftige Landesenergiegesetz. Die gesamten Oberflächen der Seen im Land könnten nicht mit Photovoltaik zugedeckt werden; die Fläche müsse limitiert werden. Gegen das Forschen zum Thema spreche nichts, doch es gebe andere Bereiche, in denen Photovoltaik angebracht werden könnte, zum Beispiel die Lärmschutzwände der Brennerautobahn. Es gebe viele Chancen.
Gert Lanz (SVP) bemerkte, dass mehrere Ebenen differenziert werden müssten, die technische Machbarkeit und das Landschaftliche. Es sei selbstverständlich, dass technische Anlagen einen Einfluss auf die Umwelt hätten und diesbezüglich zu bewerten seien. Es gelte zu bewerten, wo man Kompromisse eingehe und wo nicht. Wenn es neue Formen gebe, gebe es schnell eine gewisse Angst und eine gewisse Skepsis. Er würde eine Einbindung in eine Energiestrategie des Landes vorschlagen und nicht die Diskussion über einzelne Bereiche.
Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) sagte, dass er mit dem Abg. Nicolini bereits im vergangenen Jahr über einen ähnlichen Beschlussantrag gesprochen habe: bestehende öffentliche Strukturen zu nutzen, um dort Photovoltaikpaneele anzubringen. Er sei dafür. Es gelte auch Photovoltaik auf Gebäuden unter Denkmalschutz zu ermöglichen, das werde von vielen gefordert. Es gebe andernorts Beispiele für mobile Anlagen, die gut funktionierten. Im Beschlussantrag zu den energieautarken Skigebieten habe man bereits beschlossen, dass bestehende Strukturen für Photovoltaik genutzt werden sollten. Er werde dem Antrag zustimmen.
Peter Faistnauer (Perspektiven Für Südtirol) zitierte aus einer Eurac-Berechnung, wonach – wenn man nur ein Prozent der Wasseroberfläche der Stauseen in Südtirol für Photovoltaik nutzen würde – 0,13 Prozent des Energiebedarfs im Land gedeckt werden könnten. Warum nicht? Er unterstütze den Antrag.
Magdalena Amhof (SVP) erklärte, dass die SVP-Fraktion den Antrag ablehnen werden. Es gebe bereits eine Studie – die zuvor genannte Eurac-Studie. Diese sei eine Grundlage, aufgrund der Anlagen errichtet werden könnten.
LR Maria Hochgruber Kuenzer unterstrich, dass der landschaftliche Aspekt noch einmal genauer anzuschauen sei. Man habe eine Erhebung gemacht, wonach 570 Hektar Dach- und Parkflächen für Photovoltaik genutzt werden könnten. Auch Lärmschutzwände könnten dafür genutzt werden. Am 18.10.2022 habe man im Landtag einen Beschlussantrag genehmigt, der vorsehe, dass das Land mehr Energieunabhängigkeit anstrebe – daran arbeite man. Die Frage sei auch, wie sich das Landschaftsbild ändere, wenn Photovoltaik in verschiedenen Bereichen angebracht werde. Man werde dem Beschlussantrag nicht zustimmen, weil man bereits eine Arbeitsgruppe aufgrund des genannten Beschlussantrags vom Oktober 2022 eingesetzt habe. Zudem wolle man nicht einzelne Elemente herausnehmen, sondern die Energieversorgung breiter aufstellen – das bei landschaftlicher Verträglichkeit.
Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung) stellte klar, es gehe nicht darum, alle verfügbaren Flächen abzudecken, aber für jede Art von Staubecken sei ein bestimmter Prozentsatz möglich. Er habe nichts von der wissenschaftlichen Studie, die es bereits gebe, gewusst. Der große Vorteil einer schwimmenden Photovoltaikanlagen seien die Kosten und die Sonnenausrichtung. Es handle sich dabei um eine Chance. Er setzte den Antrag aus und kündigte einen Ersetzungsantrag an.