Von: mk
Bozen – Der Landtag hat sich heute mit dem Beschlussantrag Nr. 397/21 befasst. Dabei ging es um den Solidaritätsfond Südtirol (eingebracht von den Abg. Rieder, Köllensperger, Ploner F., Faistnauer, Ploner A., Foppa, Mair, Staffler, Dello Sbarba, Leiter Reber, Nicolini und Repetto am 17.02.2021). Dazu wurde heute eine neue Fassung (unterschrieben auch von Gert Lanz) vorgelegt. Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. jenen Hilfsorganisationen, die bereits in diesen Bereichen aktiv sind, Unterstützung zu geben, ihre Initiativen besser zu bewerben und zu platzieren; 2. die Menschen, die freiwillig einen Solidaritätsbeitrag leisten möchten, über diese Initiativen zu informieren und aktiv dazu aufzurufen, nach ihren Möglichkeiten einen freiwilligen Beitrag zu leisten; 3. Menschen, die Unterstützung brauchen, über die Hilfsangebote der einzelnen Hilfsorganisationen zu informieren und sie zu ermutigen, Hilfe anzunehmen.
Mit der neuen Fassung wolle man den gestrigen Einwänden Rechnung tragen und vor allem auf bestehende Unterstützungsfonds setzen, erklärte Maria Elisabeth Rieder (Team K).
Man wolle jenen helfen, die durch den Rost fielen, aber auch jene, die sich nicht trauten, um Unterstützung anzusuchen, erklärte Andreas Leiter Reber (Freiheitliche). Auch Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia) unterstützte den Antrag. Das Wort “platzieren” gefalle ihm weniger, es klinge, als wolle man bestimmte Gruppen bevorzugen.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) warnte ebenfalls davor, den Einsatz der Mittel zu lenken, und erinnerte daran, wie vor Monaten ein Hilfsfonds, der vor allem für Einheimische gedacht war, vor allem von linker Seite schlechtgemacht worden sei. Die neue Fassung sei ein guter Vorschlag, denn er berücksichtige, was bereits geleistet werde, meinte Magdalena Amhof (SVP). So könne auch jeder selbst entscheiden, wem er sein Geld anvertraue. Es müsse immer um die Bedürftigkeit gehen, unabhängig von Sprache und anderen Kriterien.
Gerhard Lanz (SVP) dankte Rieder für den pragmatischen Zugang zur Sache. Vielleicht könne der Landtag dann eine Initiative besonders hervorheben und damit stärken. Eine große Welle dürfe man sich nicht erwarten, denn viele würden bereits spenden, ohne es an die große Glocke zu hängen.
LR Waltraud Deeg zeigte sich beeindruckt davon, wie viele Menschen derzeit Hilfe suchten, und dankte für die wertvolle Debatte. Südtirol habe ein funktionierendes Sozialwesen, voriges Jahr seien 380 Mio. Euro dafür ausgegeben worden. Das öffentliche System habe aber längere Zeiten, daher seien viele Hilfsfonds entstanden, die unbürokratisch helfen könnten. Diese hätten sich 2020 vernetzt, um Effizienz und Treffsicherheit zu erhöhen. Maria Elisabeth Rieder äußerte die Hoffnung, dass es damit gelinge, vielen schneller zu helfen. Es sei schön, wenn es für den Antrag breite Zustimmung gebe. Der Antrag wurde mit 33 Ja einstimmig angenommen.
Beschlussantrag Nr. 398/21: Junge Frauen als Schlüsselfaktor für die gesellschaftliche Entwicklung (eingebracht von den Abg. Foppa, Dello Sbarba und Staffler am 17.02.2021). Dazu wurde eine neue Fassung vorgelegt, die von Ladurner, Foppa und Amhof unterschrieben wurde. Der Landtag möge die Landesregierung beauftragen, 1. einen Prozess zu starten, auch in Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Vertretungen der Frauen, der Jugend und des ländlichen Raums, in dem nötige und mögliche Rahmenbedingungen identifiziert werden, um der Abwanderung im Hinblick auf Südtirol im Allgemeinen und auf den ländlichen Raum im Spezifischen entgegenzuwirken; 2. die Handlungsableitungen, die aus Punkt 1 hervorgehen, in die Erarbeitung der Strategieziele der Politik der Landesregierung einzubeziehen.
Brigitte Foppa (Grüne) wies darauf hin, dass die Abwanderung aus dem ländlichen Raum Frauen besonders betreffe. Junge Frauen seien die mobilsten Anteile der Gesellschaft, sie seien die ersten, die in die Stadt wegzögen. Das könne für die jungen Frauen gut sein, nicht aber für ein Dorf, das aussterbe, auch physisch. Es gebe zaghafte Ansätze, das Thema in Südtirol zu beleuchten, etwa eine Eurac-Studie. Junge Männer sähen Arbeitsplätze, Vereinsleben, Wohnmöglichkeit und Verbindungsmöglichkeit zur Stadt als Gründe fürs Bleiben. Frauen bewerteten hingegen die Lebensqualität, das Freizeitangebot, die Ausbildungsmöglichkeiten und die Kinderbetreuung. Auch die Mentalität spiele eine Rolle, viele schätzten die Multikulturalität einer Stadt. Im Trentino, das größere Abwanderungsprobleme habe, gebe es eine Reihe von Maßnahmen, um junge Leute im Dorf zu halten. Es gehe beim Thema nicht nur um Demografie oder Raumordnung, sondern um Lebensperspektiven. Viele junge Frauen würden gerne im ländlichen Raum bleiben, aber sie hätten auch Bedürfnisse, die dort nicht erfüllt würden.
Als Vertreterin des ländlichen Raums reize sie das Thema, bekannte LR Maria Hochgruber Kuenzer. Wichtig für Frauen seien dort vor allem Verbindungsmöglichkeiten und Kinderbetreuung. Eine Studie zum Apennin habe deutlich ergeben, dass die Frauen entschieden, ob der ländliche Raum überlebe. Südtirol stehe im Vergleich noch sehr gut da, da der ländliche Raum noch sehr lebendig sei. Verbesserungen seien anzustreben, unter anderem bei den digitalen Verbindungen. Der ländliche Raum brauche die gute Mischung, nicht nur die Bäuerin, sondern auch die Ärztin und die Rechtsanwältin. Der Antrag gehe in die richtige Richtung.
Aus ihrer Erfahrung im Sanitätsbereich wisse sie, dass junge Ärztinnen sich vor allem über Kinderbetreuungsmöglichkeiten erkundigten, erklärte Maria Elisabeth Rieder (Team K). Hier gebe es noch Nachholbedarf, auch Ganztagsschulen wären anzudenken. Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit) erinnerte wie Rieder an einen Auftrag des Dreier-Landtags, eine Erhebung zum Thema durchzuführen. Im ländlichen Raum verlören Frauen viel Zeit, um ins Dorf zu kommen, um die Kinder hinzubringen, um einzukaufen usw. Neben einem Kinderbetreuungsangebot wäre es hilfreich, wenn diese Frauen bei den Kindern bleiben könnten und ihnen die Erziehungszeit für die Rente anerkannt werde.
Jasmin Ladurner (SVP) erinnerte daran, dass in Südtirol bereits vieles für die Attraktivität des ländlichen Raums getan werde. Trotzdem gebe es eine bestimmte Abwanderung, mit der sich auch eine eigene Plattform beschäftigte. Sie erinnerte auch an ihren Antrag zu Co-Working-Spaces, den der Landtag angenommen habe. Damit würde Pendeln erübrigt und Flexibilität ermöglicht.
Magdalena Amhof (SVP) betonte, dass Studien einen spezifischen Frauenaspekt bei der Abwanderung belegten und Handlungsbedarf aufzeigten. In den letzten Jahren sei viel für die Kinderbetreuung im ländlichen Raum getan worden. Bei der digitalen Infrastruktur gebe es noch Nachholbedarf, nicht nur für Frauen.
Franz Locher (SVP) begrüßte den Antrag. Vieles betreffe auch junge Männer. Breitband und Kinderbetreuung seien nicht ausreichend. Viele würden am Studienort ihren Arbeitsplatz suchen und wollten nicht mehr zurückkehren. Es gebe Projekte zur Förderung der Wirtschaft im ländlichen Raum, viele beträfen auch die Arbeit der Frauen, zum Beispiel in der Lebensmittelproduktion. Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten) hätte es begrüßt, wenn man auch an den städtischen Raum gedacht hätte, denn auch dort hätten Frauen bestimmte Probleme. Für den ländlichen Raum sei in Südtirol bereits gute Arbeit geleistet worden. Seine Partei fordere schon lange den Übergang von Beiträgen zu Diensten, den Frauen fehle derzeit die Auswahl zwischen beiden.
Verschiedene Studien hätten gezeigt, dass viele junge Südtiroler, davon mehr als die Hälfte Frauen, lieber am Studienort blieben, erklärte Hanspeter Staffler (Grüne). Es fehle ein Monitoring, aber das sei nicht einfach. Man müsse überprüfen, ob die jeweiligen Maßnahmen greifen würden, sonst stehe man in drei Jahren wieder am Anfang. Südtirol sei mit seiner Politik für den ländlichen Raum besser aufgestellt als andere Regionen, meinte Helmut Tauber (SVP). Mit Maßnahmen wie den Co-Working-Spaces sei man auf dem richtigen Weg.
Gerade in der Pandemie seien Regionalität und kleine Kreisläufe Ziele, die der ländliche Raum biete, meinte Gerhard Lanz (SVP). Man sollte beim Abwanderungsthema nicht nur auf die Frauen schauen, denn sonst bediene man das Rollensystem, von dem man ja weg wolle – die Kinderbetreuung sollte auch die Männer angehen. Man müsse sich vor allem auf die jungen Menschen als die entscheidenden Faktoren der gesellschaftlichen Entwicklung konzentrieren. Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) fand es positiv, dass in der neuen Fassung des Antrags beide Geschlechter berücksichtigt würden. Ein starker ländlicher Raum sei auch für die Minderheit wichtig.
Die Debatte zum Antrag wird bei einer anderen Landtagssitzung fortgesetzt.