Von: apa
Der lange Anlauf zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses ist zu Ende. Die SPÖ einigte sich mit der Koalition auf ein Informationsfreiheitsgesetz, womit einem Beschluss mit der notwendigen Verfassungsmehrheit im Jänner nichts mehr im Weg steht. In Kraft treten wird das Gesetz Mitte 2025. Änderungen gibt es nur noch kleinere, etwa dass auf Wunsch der SPÖ auch Gemeindeverbände vom der aktiven Informationspflicht umfasst sind.
Im Wesentlichen sieht das Informationsfreiheitsgesetz für öffentliche Stellen eine Pflicht zur Auskunftserteilung vor: Das betrifft die Verwaltungsorgane von Bund und Ländern sowie allen Gemeinden. Ebenso Auskunft erteilen müssen die mit der Besorgung von Geschäften der Bundesverwaltung und der Landesverwaltung betrauten Organe. Auch nicht hoheitlich tätige Stiftungen, Fonds, Anstalten und Unternehmen mit bestimmendem Staatseinfluss sind auskunftspflichtig. Bei letzteren darf deren Wettbewerbsfähigkeit aber nicht eingeschränkt werden.
Nach Antrag soll die Auskunft innerhalb von vier Wochen erteilt werden, im Ausnahmefall kann die Frist um noch einmal vier Wochen verlängert werden. Informationen von “allgemeinem Interesse” müssen von staatlichen Organen künftig auch “proaktiv” veröffentlicht werden, nicht aber von Gemeinden unter 5.000 Einwohner.
Letzteres ist für die SPÖ ein Wermutstropfen. Als Verhandlungserfolg reklamierte der stellvertretende Klubobmann Jörg Leichtfried für seine Partei, dass in Zukunft alle Verwaltungsorgane informationspflichtig sein werden, egal in welche rechtliche Form sie gekleidet sind, z.B. die Staatsanwaltschaften. Auch bei staatlichen Unternehmen werden laut SPÖ Lücken geschlossen: Nicht nur solche mit mehr als 50 Prozent formellem Staatsanteil müssen in Zukunft Informationen bereitstellen, sondern auch solche, die faktisch vom Staat beherrscht werden.
Kritik hatte nach Präsentation des Regierungsentwurfs auch ein weiterer Passus erregt. Greift demnach die Erteilung der Information in die Rechte eines anderen ein, “hat das zuständige Organ diesen davor nach Möglichkeit zu verständigen und zu hören”, heißt es dort. Dies war als Behinderung der Medienarbeit interpretiert worden. Diesbezüglich hat man sich auf Drängen der SPÖ darauf geeinigt, dass die Behörden nunmehr verpflichtet werden, die sonst vorgeschriebene Mitteilung an die betroffenen Dritten zu unterlassen, wenn dies zu Einschränkungen des Rechts auf Meinungsfreiheit führen würde. Voraussetzung dafür ist lediglich, dass dies (von einem Journalisten) gegenüber der Behörde bekannt gegeben wird.
Dieser “historische Paradigmenwechsel” sei nicht einem “Weihnachtswunder” geschuldet, sondern “schlicht und ergreifend der umfassenden Einbindung und den zähen Verhandlungen”, erklärte Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) vor dem Ministerrat. Damit sei ein ausbalanciertes Ergebnis gelungen, das sich sehen lassen könne: “Nur wenige haben uns diese Einigung zugetraut.”
Mit der Abschaffung komme es zu einem “monumentalen Kulturwandel in diesem Land”, betonte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne). Damit könne das Transparenz-und Antikorruptionspaket im Wesentlichen abgeschlossen werden. “Das kommt einer Transparenzrevolution gleich.”
NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger sprach auf X (vormals Twitter) von einer guten Nachricht, immerhin hätten die NEOS seit zehn Jahren Druck gemacht für die Abschaffung des Amtsgeheimnisses. Knackpunkt seien allerdings die Details. Die FPÖ sieht das Informationsfreiheitsgesetz in der geplanten Form – trotz “kosmetischer Korrekturen” an manchen Stellen – weiter kritisch. Ihr fehlen Punkte wie eine “Cooling-off-Phase” für Höchstrichterposten oder eine Prüfbefugnis für den Rechnungshof bei Unternehmen schon ab einer 25-prozentigen Beteiligung der öffentlichen Hand.
Die Ausnahmen für kleinere Gemeinden sind wohl ein Zugeständnis an deren Vertretung. Entsprechend positiv äußerte sich am Mittwoch auch der Gemeindebund. Schließlich hätten gerade kleinere Gemeinden weniger Personal für rechtliche Abwägungen und durch das Recht auf individuelle Informationsfreiheit könne ohnehin jeder Bürger unabhängig von der Einwohnerzahl des Wohnorts Auskünfte verlangen. Der Vorsitzende der Gemeindebediensteten-Gewerkschaft younion, Christian Meidlinger, warnte indes vor einer Überlastung des Personals.
Das Forum Informationsfreiheit reagierte für einmal positiv. Bis zur Beschlussfassung solle man die Ausnahmen aber noch reduzieren.