Mehr Biodiversität in der Stadt

Startschuss für die Aussaat von Blumenwiesen in Meran

Dienstag, 08. Oktober 2024 | 11:00 Uhr

Von: mk

Meran – Im Rahmen eines vom Dachverband für Natur- und Umweltschutz koordinierten Projektes wird in der Lazag eine große Fläche in eine artenreiche und bunte Blumenwiese umgewandelt. Ziel der Maßnahme – der weitere folgen werden – ist es, einen Lebensraum für Bestäuberinsekten zu schaffen und die Biodiversität in der Stadt zu fördern.

Schmetterlinge, Wildbienen, Schwebfliegen und Käfer sind für die Bestäubung von rund zwei Dritteln aller Pflanzenarten weltweit zuständig und sichern damit ein Drittel der weltweiten Nahrungsmittelproduktion. In unseren stark versiegelten Städten  und Dörfern und auf Rasen können diese Insekten aber nicht überleben. Der Bestand vieler Insektenarten ist in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten stark zurückgegangen. Es ist deshalb nicht nur für die Insekten, sondern auch für die Menschen überlebenswichtig, die Bestäuber zu schützen.

Damit Schmetterlinge, Wildbienen und all die anderen Bestäuber in der asphaltierten und intensiv genutzten Landschaft einen Ort zum Leben finden, werden in vielen Südtiroler Gemeinden Blumenwiesen von hohem ökologischem Wert angelegt, mit Samen von einheimischen Pflanzenarten, die exakt an die lokalen Begebenheiten angepasst sind. Dieses Projekt wird vom Dachverband für Natur- und Umweltschutz koordiniert und gemeinsam mit dem Versuchszentrum Laimburg, dem Verein Sortengarten Südtirol, Eurac Research und der Stiftung Südtiroler Sparkasse durchgeführt, außerdem in Partnerschaft mit dem Verein Filiera Futura.

„Die Stadtgemeinde Meran beteiligt sich an diesem wichtigen Vorhaben und hat für diesen ersten Eingriff eine Fläche von rund 300 Quadratmetern etwas außerhalb der Stadt ausfindig gemacht, dank dem Amt für Wildbachverbauung (Besitzer der Fläche) und der Bezirkgsgemeinschaft Burggrafenamt (Konzessionär), deren operatives Team tatkräftig beim vorbereitenden Mähen mitgeholfen hat. Die Blumenwiese entsteht in der Lazag, entlang des Rad- und Fußwegs, der die Passer säumt“, erklärt Vizebürgermeisterin und Umweltreferentin Katharina Zeller.

„Anfang Oktober wurden die Blumen erstmals ausgesät. Die Mitarbeiter der Stadtgärtnerei bereiteten den Boden vor und entfernten große Steine. Mit dabei war auch eine Klasse der Fachoberschule für Tourismus und Biotechnologie „Marie Curie“ Meran. Die Klasse wurde von den Experten des Dachverbands und des Versuchszentrums Laimburg empfangen, die mit den Schülerinnen und Schülern über die Bedeutung von Blumenwiesen sprachen. Besonders hervorgehoben wurde die Schlüsselrolle der Bestäuber für Ökosysteme und die Nahrungsmittelproduktion sowie die Wichtigkeit, einheimische Pflanzenarten zu verwenden, die besser an die lokalen klimatischen Bedingungen angepasst sind und deren Vegetationsperioden mit der heimischen Fauna übereinstimmen“, so Zeller.

„Die Gärtner zeigten den Schülerinnen und Schülern, wie man die Fläche einsät. Das Saatgut wurde mit Holzhackschnitzel und Sand vermischt, um ein Verwehen zu verhindern. Die Jugendlichen waren mit Begeisterung dabei und streuten das Vermehrungsmaterial eigenhändig aus. Dank der in der Lazag gesammelten Erfahrungen werden dieser ersten Maßnahme weitere folgen und weitere Blumenwiesen in Meran angelegt”, hob Anni Schwarz von der Dienststelle für Grünanlagen und Umwelt der Stadtgemeinde Meran hervor.

Blumenwiesen sind artenreiche Wiesen, kein Lebensraum auf der Erde beherbergt derart viele Pflanzenarten auf engstem Raum. In Südtirol finden sich Wiesen mit durchschnittlich 50 und bis zu 70 Gefäßpflanzen auf 100 Quadratmetern, dazu bis zu 13 Heuschreckenarten, durchschnittlich 35 Wildbienenarten und bis zu 32 Tagfalterarten. Zum Vergleich: Auf einer intensiv genutzten Wiese finden wir durchschnittlich 15 bis 35 Pflanzenarten, rund zehn Tagfalterarten und vier Heuschreckenarten.

Samen aus der Nähe

Die Blumensamen stammen aus unmittelbarer Nähe. Meran befindet sich am nördlichen Rand der Bioregion „Süden“. Es ist essenziell, dass die zur Neuaussaat verwendeten Samen aus den entsprechenden biogeographischen Regionen stammen, und vor allem aus einem möglichst nahen und vergleichbaren Standort. Die einzelnen Pflanzenarten haben sich, obwohl immer noch zur selben Art gehörig, mit der Zeit genetisch an ihren Standort angepasst, an Untergrund, Temperatur, Höhenlage und Wasserverfügbarkeit. Ebenso haben sich zum Teil die Bestäuberinsekten an diese lokalen genetischen Varianten angepasst. Die Samen werden im Sommer an Standorten in ganz Südtirol teils per Hand, teils maschinell geerntet und der Gemeinde zur Verfügung gestellt. Neben dem autochthonen Saatgut kann auch abgemähtes Heu einer nahen gelegenen artenreichen Wiese auf der Zielfläche ausgebracht werden. Der Schnitt trocknet, und die Samen fallen von allein zu Boden. Der eventuell bereits vorhandene Bewuchs der Fläche kann durch Fräsen oder Entfernen der obersten Bodenschicht eliminiert werden.

Die Mahd ist essenziell

Eine klassische Blumenwiese wird mindestens einmal pro Jahr gemäht. Die Pflanzengesellschaften haben sich im Laufe der Jahrhunderte daran angepasst und könnten ohne Mahd gar nicht überleben. Eine Wiese, die nicht mindestes einmal im Jahr gemäht wird, verbuscht und wird langfristig zu Wald. Wichtig ist, dass die Mahd erst nach dem Abreifen der Blüten erfolgt. So haben die Samen genug Zeit, um abzufallen und im nächsten Jahr neu austreiben zu können. Die Wiese strahlt während der Blüte in Gelb, Rot, Violett, Blau und Orange und verwandelt sie sich nach dem Abreifen in satte Gelb- und Brauntöne, die sogenannte Goldreife. Ein zu später Schnitt ist kein Problem, ein zu früher Schnitt schon. Die Blumenwiese braucht auch keine Düngung, im Gegenteil! Eine Düngung begünstigt wenige Arten, meist Gräser, die andere Arten verdrängen. Blumenwiesen sind umso artenreicher, je weniger sie gedüngt werden.

Eine Blumenwiese braucht Zeit

Im Gegensatz zu Samenmischungen von einjährigen Pflanzen (oder gar mit Topfpflanzen angelegten Beeten) brauchen Blumenwiesen Zeit, um sich zu entfalten. Sie wachsen langsam, viele Arten sind zweijährig und bilden im ersten Jahr nur unscheinbare Rosetten. Auch können die hochstehenden Stängel auf manche etwas unordentlich wirken. Aber wenn man der Blumenwiese Zeit gibt und sie korrekt pflegt, entsteht bald ein artenreicher Lebensraum für Insekten und eine bunte Augenweide für Menschen, die das ganze Jahr über in verschiedenen Farben blüht. Die erste Blüte wird im nächsten Frühling erwartet.

Weiter Infos: www.blumenwiesen-pratifioriti.bz.it

Bezirk: Burggrafenamt