Von: mk
Bozen – Die Süd-Tiroler Freiheit fordert, dass in deutschen Kindergärten deutschsprachige Kinder vorrangig aufgenommen werden. Auf ihre Forderung machen die Landtagsfaktion und die Ortsgruppe Bozen mit einer Plakataktion aufmerksam, die heute auf einer Pressekonferenz vorgestellt wurde.
Bozen sei deshalb gewählt worden, weil dort das Problem besonders akut sei. Die Süd-Tiroler Freiheit nennt es „Flutung von deutschen Kindergärten durch nicht-deutsche Kinder“ und beschreibt es folgendermaßen: Die Einschreibungen von nicht-deutschen Kindern in deutsche Kindergärten hätten in den letzten Jahren stetig zugenommen. In Kindergärten von Gemeinden mit einem hohen Italiener- bzw. Ausländeranteil seien die deutschen Kinder dadurch mitunter zur Minderheit geworden. Dies bedeute eine Gefahr für den Schutz und den Fortbestand der deutschen Sprachgruppe und somit langfristig auch für den Minderheitenschutz.
Bereits in der Vergangenheit hat die Süd-Tiroler Freiheit das Problem – und dies gleich mehrfach – zur Sprache gebracht. Die Landtagsabgeordneten Sven Knoll, Bernhard Zimmerhofer und Myriam Atz Tammerle erinnern an eine Landtagsanfrage vom letzten Jahr, die unter anderem Folgendes ergeben hat: In Bozen gibt es bereits sechs deutsche Kindergärten mit mehr Nicht-EU-Bürgern als EU-Bürgern; jeweils einen gibt es in Meran und Waidbruck. Dabei reihen sich auch unter die EU-Bürger viele nicht-deutschsprachige Kinder ein. Besonders akut sei die Situation im deutschen Kindergarten in der Bozner Weggensteinstraße: Von den insgesamt 48 eingeschriebenen Kindern sind dort nur noch zehn Kinder (20,83 Prozent) italienische Staatsbürger, wobei auch hier dies nicht automatisch bedeutet, dass sie der deutschen Sprachgruppe angehören. Fünf Kinder (10,42 Prozent) sind aus anderen EU-Staaten, und der große Rest von 33 Kindern (68,75 Prozent) stammt aus Nicht-EU-Staaten.
Mit einer weiteren Landtagsanfrage wollen die Abgeordneten nun in Erfahrung bringen, wie sich die Situation im kommenden Kindergartenjahr 2018/19 darstellt. Konkret wollen sie unter anderem wissen, nach welchen Kriterien entschieden wird, ob ein Kind direkt einen Kindergartenplatz bzw. den Platz des Wunschkindergartens bekommt oder auf die Warteliste gesetzt wird, oder wie im kommenden Kindergartenjahr in sämtlichen deutschen Kindergärten der Anteil ausländischer Kinder bzw. der Anteil von Kindern aus Nicht-EU-Staaten aussehen wird. Da das Merkmal „italienischer Staatsbürger“ somit nichts darüber aussagt, welcher Sprachgruppe ein Kind angehört, wollen die Abgeordneten zudem erfragen, ob für das kommende Kindergartenjahr geplant ist, auch die sprachlich/kulturelle Zugehörigkeit bzw. den diesbezüglichen Hintergrund der Kinder statistisch zu erheben.
Fallbeispiel aus Bozen
Über die Schwierigkeit, in Bozen einen Platz im deutschen Kindergarten zu bekommen, berichtete Andreas Tutzer am Beispiel seiner Tochter:
„Aus persönlichen soziokulturellen Gründen hatten wir als Eltern den Wunsch, unsere Tochter in einen deutschsprachigen Kindergarten einzuschreiben. Entsprechend dem Einzugsgebiet standen drei als deutschsprachig deklarierte Kindergärten zur Auswahl. Nach jeweiliger Besichtigung (Tag der offenen Tür) erstellten wir eine Rangliste. Doch erst in dem auf unserer Liste drittplatzierten Kindergarten fand unsere Tochter einen Platz. Zwar gibt es für jeden Kindergarten Wartelisten, doch lässt man sein Kind auf diese setzen und der Platz wird nicht frei, besteht die Gefahr, am Ende ganz ohne Kindergartenplatz da zu stehen. Ein Blick in die Namensliste der jeweiligen Kindergärten stimmte uns verwunderlich: Mehr als die Hälfte der Kinder haben nicht-deutsche Nachnamen. Wohlwissend, dass ein Name inzwischen nicht zwangsläufig einen Hinweis auf die kulturelle Herkunft gibt, lässt sich die Situation dennoch erahnen. Bei zehn Prozent deutschsprachigem Bevölkerungsanteil gäbe es genug Kindergartenplätze für deutschsprachige Kinder in Bozen, wenn man das Kriterium berücksichtigen würde, dass mindestens ein Elternteil deutschsprachiger Herkunft sein soll. Die Praxis orientiert sich jedoch, wenn überhaupt, an anderen Vorgaben. Vom zuständigen Amt wurde uns aus erster Hand mitgeteilt, dass sich die Situation auch nicht ändern werde, zumal dies von der Landesregierung auch nicht vorgesehen sei.“
Süd-Tiroler Freiheit verweist auf Studie
Die Süd-Tiroler Freiheit erinnerte auf ihrer Pressekonferenz an eine Studie des italienischen Schulamtes. Diese habe ergeben, dass italienische Kinder, die den deutschen Kindergarten besucht haben, nur wenig oder gar nicht ihre Deutschkenntnisse verbessern konnten. Die Süd-Tiroler Freiheit sieht ihre Vermutung bestätigt und sieht in der Durchmischung der Kindergärten nur Nachteile für beide beide Sprachgruppen.
Cristian Kollmann, Pressesprecher der Landtagsfraktion und Sprecher der Ortsgruppe Bozen, erklärte: „Ein Kindergarten ist keine Sprachschule, und schon gar nicht eine Schule für den Erwerb einer Fremdsprache! Die Eltern schicken ihr italienisches Kind vielfach mit falschen Vorstellungen und nicht erfüllbaren Ansprüchen in den deutschen Kindergarten.“
Die Forderungen der Süd-Tiroler Freiheit
Deutschsprachige Kinder hätten in Südtirol das Recht auf einen deutschen Kindergarten, denn das Autonomiestatut ist entsprechend einzuhalten, erklärt die Bewegung. „Kindergartenklassen, in denen Deutsch nur noch von einer Minderheit gesprochen wird, darf es nicht geben. An den deutschen Kindergärten muss eine Obergrenze für nicht-deutschsprachige Kinder festgelegt werden, indem diese gleichmäßig auf verschiedene Kindergärten verteilt werden und, falls erforderlich, indem weitere Kindergärten bereitgestellt werden“, verlangt die Süd-Tiroler Freiheit
Kinder, die der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig sind, sollten von sprachpädagogischen Fachkräften in die deutsche Sprache eingeführt werden, sodass sie dem Kindergartenunterricht leichter folgen könnten und diesen nicht behindern würden. Im Idealfall sollten die Kinder bereits vor ihrem Kindergarteneintritt dieses Angebot erhalten. Darüber hinaus könnten die Kinder auch während des Unterrichts mehrmals pro Woche aus dem Kindergartenunterricht herausgenommen und in eigenen Gruppen von sprachpädagogischen Fachkräften unterrichtet werden, meint die Bewegung.
„Die Ressourcen zwischen dem deutschen und italienischen Schulamt sollen – im Verhältnis zur jeweiligen Stärke der Bildungseinrichtungen nach Sprachgruppen – gerechter verteilt werden, und somit müssen im konkreten Fall auch den deutschen Kindergärten mehr Ressourcen (Räumlichkeiten, Personal) zur Verfügung gestellt werden“, erklärt die Süd-Tiroler Freiheit abschließend.