Kein Tag vergeht ohne gegenseitige Angriffe

Tote und Verletzte bei Drohnenangriffen in Ukraine

Donnerstag, 05. Juni 2025 | 11:33 Uhr

Von: APA/dpa/Reuters/Ukrinform

Bei russischen Drohnenangriffen auf die ukrainischen Städte Charkiw und Pryluky in der nordukrainischen Region Tschernihiw sind in der Nacht auf Donnerstag nach Angaben der Regionalgouverneure mindestens fünf Menschen getötet und zahlreiche weitere verletzt worden. Die russische Besatzung im Süden der Ukraine meldet indes erneut ukrainische Drohnenangriffe mit Stromausfällen für Zehntausende Menschen in den Gebieten Saporischschja und Cherson.

In der Stadt Pryluky kamen dem Gebietsgouverneur Wjatscheslaw Tschaus zufolge fünf Menschen bei Drohnenattacken ums Leben. Getötet wurde unter anderen die Familie des lokalen Feuerwehrkommandanten – dessen Frau, ein einjähriges Kind und eine Tochter. Außerdem seien sechs Personen verletzt worden. Demnach wurden Häuser in einem Wohngebiet beschädigt. Bei einem Drohnenangriff auf die Großstadt Charkiw wurden nach Angaben der Polizei 18 Menschen verletzt. Auch dort traf der Angriff demnach Wohnhäuser. Die ukrainische Luftwaffe meldete am Donnerstag, 74 von 103 russischen Drohnen in der Nacht zusammen mit einer Iskander-Rakete abgeschossen zu haben.

In der russischen Oblast Woronesch wurde indes einem Medienbericht zufolge bei einer Explosion eine Eisenbahnstrecke beschädigt. Das berichtet der staatliche Fernsehsender Westi Woronesch unter Berufung auf eine nicht genannte Quelle. Bei der Explosion habe es keine Verletzten gegeben. Der Gouverneur von Woronesch, Alexander Gussew, teilte auf Telegram mit, mehrere Züge seien aufgrund der Schäden an der Bahnstrecke angehalten worden. Von Explosionen sprach Gussew nicht. Woronesch grenzt an die Ukraine.

Das ukrainische Militär beschoss weiters Raketensysteme in der russischen Oblast Brjansk. Sie seien für Angriffe auf die Ukraine vorbereitet worden, teilte der ukrainische Generalstab auf Telegram mit. “Ein russischer Raketenwerfer ist explodiert, und zwei weitere wurden höchstwahrscheinlich beschädigt.” Wahrscheinlich sei die ukrainische Hauptstadt Kiew Ziel des geplanten Raketenangriffs gewesen, den die Einheit in Brjansk vorbereitet habe. Brjansk grenzt an die Ukraine und ist immer wieder Ziel ukrainischer Angriffe.

AKW Saporischschja nicht betroffen

Im Gebiet Cherson sei das Umspannwerk getroffen worden, erklärte der von Moskau eingesetzte Verwaltungschef Wladimir Saldo. 67.000 Haushalte seien ohne Strom. Im russisch besetzten Teil des Gebietes Saporischschja waren unterdessen nach russischen Angaben Städte wie Melitopol oder Primorsk ohne Strom, aber auch Enerhodar, das direkt am russisch kontrollierten Kernkraftwerk Saporischschja liegt. Die notwendige Stromversorgung des abgeschalteten AKW sei aber nicht betroffen, teilte eine Sprecherin des Werks mit.

Russische wie ukrainische Militärblogger verzeichneten einen ukrainischen Drohnenangriff auf die besetzten Gebiete, aber auch auf das russische Kernland. Schon am Dienstag war die Stromversorgung in den besetzten Territorien nach Angriffen zeitweise zusammengebrochen.

Russland bestritt unterdessen, dass bei dem ukrainischen Angriff auf Luftwaffenstützpunkte Flugzeuge zerstört worden seien. Es seien Flugzeuge beschädigt, aber nicht zerstört worden, sagte der stellvertretende Außenminister Sergej Rjabkow der staatlichen Nachrichtenagentur TASS. Sie würden repariert. Die USA gehen davon aus, dass bei dem ukrainischen Drohnenangriff bis zu 20 russische Kampfflugzeuge getroffen und etwa zehn davon zerstört wurden, wie zwei US-Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur Reuters sagten. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat von einer noch höheren Zahl gesprochen. Die Ukraine hatte am Wochenende Luftwaffenstützpunkte tief in Russland mit Drohnen attackiert, darunter auch auf Rollfeldern stehende Langstreckenbomber in Sibirien, mehr als 4.000 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt.

Selenskyj fordert Verbündete auf, Stärke zu zeigen

Der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umjerow sagte am Donnerstag nach einem Gespräch mit seinem dänischen Amtskollegen, dass sein Land bis 2025 bis zu 1,3 Milliarden Euro von Verbündeten für die heimische Waffenproduktion erhalten werde. Die erste Tranche in Höhe von 428 Millionen Euro werde von Dänemark, Schweden, Kanada, Norwegen und Island kommen, schrieb der Minister auf der Messaging-App Telegram. “Das Geld wird bald für die Produktion ukrainischer Waffen verwendet werden: Artillerie, Kampfdrohnen, Raketen und Panzerabwehrwaffen, die in der Ukraine für unsere Soldaten hergestellt werden”, betonte er.

Angesichts der massiven Angriffe Russlands auf sein Land forderte Selenskyj unterdessen die Verbündeten auf, Stärke zu zeigen. Russland habe seit Beginn des Jahres rund 27.700 Fliegerbomben, mehr als 20.000 Drohnen und 700 Raketen auf die Ukraine geschossen, teilte der ukrainische Präsident am späten Mittwochabend auf der Plattform X mit. Wenn Kreml-Chef Wladimir Putin keine Stärke und keinen Druck seiner Gegner spüre, sondern stattdessen Schwäche wahrnehme, begehe er immer neue Verbrechen.

“Wenn die Mächtigen Putin nicht stoppen, bedeutet das, dass sie die Verantwortung mit ihm teilen. Und wenn sie ihn stoppen wollen, es aber nicht können, dann wird Putin sie nicht mehr als mächtig ansehen”, gab Selenskyj zu bedenken. Russland bereite Berichten zufolge weitere Attacken vor, mit denen es sich für die beispiellosen Angriffe auf russische Militärflugzeuge rächen wolle. “Das bedeutet, dass Russland mit jedem neuen Angriff, mit jeder Verzögerung der Diplomatie der ganzen Welt den Stinkefinger zeigt – all denen, die noch zögern, den Druck auf das Land zu erhöhen.”

Dabei sei es Russland, das den Frieden suchen sollte, betonte Selenskyj. “In Moskau muss man beginnen zu begreifen, dass Krieg Kosten verursacht, hohe Kosten, und dass die höchsten Kosten vom Aggressor zu tragen sind.”

Die Zahlen zu den abgefeuerten Geschoßen sind nicht im Detail überprüfbar, vermitteln aber einen ungefähren Eindruck vom Ausmaß der Angriffe. Ende Mai hatte Selenskyj davon gesprochen, dass sein Land allein in einer Nacht mit fast 300 Drohnenangriffen und rund 70 Marschflugkörper- und Raketenattacken überzogen worden sei.

Kim sichert Russland seine uneingeschränkte Unterstützung

Der nordkoreanische Staatschef Kim Jong-un sichert Russland seine uneingeschränkte Unterstützung bei seiner Politik gegenüber der Ukraine und bei anderen internationalen Fragen zu. Dies habe Kim dem Chef des russischen Sicherheitsrates Sergej Schoigu bei einem Treffen am Mittwoch gesagt, berichtet die nordkoreanische staatliche Nachrichtenagentur KCNA. “Kim Jong-un bekräftigte, dass die Regierung der Demokratischen Volksrepublik Korea auch in Zukunft die Position Russlands und dessen Außenpolitik bedingungslos unterstützen werde”, heißt es in dem Bericht. Nordkorea hatte erst Ende April offiziell bestätigt, dass es mehr als 10.000 Soldaten und Waffen nach Russland entsandt hat.

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