Von: mk
Bozen – Anlässlich des Besuches des österreichischen Bundeskanzlers Sebastian Kurz beim Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher am Freitag in Bozen warnen der Grüne Europasprecher im Tiroler Landtag, Michael Mingler, sowie die Co-Vorsitzende der Südtiroler Grünen, Brigitte Foppa, vor der geplanten Einführung des Doppelpasses.
„Die doppelte Staatsbürgerschaft für deutsch- und ladinischsprachige Südtirolerinnen und Südtiroler schafft nichts als Probleme. Zum einen ist völlig unklar, welche Personen konkret das Anrecht haben sollen, zum anderen führt die geplante Diskriminierung von italienischsprachigen Südtirolerinnen und Südtirolern zu Spannungen innerhalb der Südtiroler Bevölkerung. Wenn die österreichische Bundesregierung wirklich etwas für Südtirol tun will, dann soll Bundeskanzler Kurz dieses populistische Schauspiel auf dem Rücken der Südtirolerinnen und Südtiroler beenden und von dieser unsinnigen Idee Abstand nehmen“, warnen die Grünen Abgeordneten einhellig.
Foppa sind insbesondere die Auswirkungen des Doppelpasses auf das Zusammenleben in Südtirol ein Dorn im Auge: „Die deutschen Rechtsparteien provozieren seit Jahren in dieser Sache und sägen damit ständig am kollektiven Selbstwertgefühl der italienischen Südtirolerinnen und Südtiroler. Die doppelte Staatsbürgerschaft wird zu einer weiteren Marginalisierung der italienischen Südtirolerinnen und Südtiroler führen und stellt damit eine ernsthafte Gefahr für den friedlichen und rücksichtsvollen Diskurs im Lande dar.“
Für den Grünen Europasprecher im Tiroler Landtag, Michael Mingler, bedeutet die geplante Doppelstaatsbürgerschaft zudem eine starke Schwächung der Autonomie Südtirols sowie der Schutzmachtfunktion Österreichs. „Die Autonomie hat ebenso wie die Schutzmachtfunktion ihren Ursprung im Schutz der deutschen und ladinischen Minderheit innerhalb des italienischen Staates. Wenn nun plötzlich ein Teil dieser Minderheit ohnehin Österreicher wird, könnte sowohl die Schutzmachtfunktion als auch die Autonomie Südtirols für die italienische Regierung hinfällig werden“, warnt Mingler vor ungeplanten Auswirkungen der türkis-blauen Pläne. Mingler bezeichnet es zudem als „absurd“, in einer Zeit, in der in Österreich lebenden Menschen der Zugang zur Staatsbürgerschaft zunehmend erschwert wird, hier eine Ausnahme zu machen: „Für mich gilt hier der Grundsatz ‚gleiches Recht für alle‘ “.
Für die beiden Grünen Abgeordneten in Nord- und Südtirol führe der Weg ohnedies in Richtung Unionsbürgerschaft. „Statt mit dem Projekt ‚Doppelte Staatsbürgerschaft‘ 80 Jahre in die Vergangenheit zu schauen, sollten wir lieber an tauglichen Konzepten für die Zukunft arbeiten. Diese aktuelle Debatte zeigt eindrucksvoll, dass in einem Europa, in dem die Grenzen zunehmend verschwinden, das Konzept der Staatsbürgerschaft dringender Überarbeitung bedarf. Die Menschen fühlen sich als Europäer, wir sollten ernsthaft darüber diskutieren, ob sie das nicht auch am Reisepass sein dürfen“, schließen Mingler und Foppa.