"Die Vereinten Nationen haben ein so enormes Potenzial"

Trump kritisiert EU-Migrationspolitik und erwähnt Österreich

Mittwoch, 24. September 2025 | 13:01 Uhr

Von: apa

US-Präsident Donald Trump hat am Dienstag die westeuropäischen Staaten vor der UNO-Generalversammlung in New York vor Überfremdung gewarnt. Aufgrund von “politischer Korrektheit” unternehme Europas Politik nichts dagegen, warnte Trump und verwies dabei auf London als negatives Beispiel. “Eure Länder gehen in die Hölle”, sagte Trump an die Adresse der Europäer. Dabei erwähnte er auch Österreich, wo “53 Prozent der Gefängnisinsassen keine Österreicher sind”, wie er erklärte.

Auf welche Zahlen sich Trump genau bezog, blieb vorerst unklar. Laut der Homepage der österreichischen Justizbehörden waren aber mit Stand 1. September 2025 tatsächlich 4.757 von 10.013 “Insassinnen und Insassen”, österreichische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, was einen Anteil von 47,51 Prozent ausmachte.

52,49 Prozent kamen demnach aus anderen EU-Ländern bzw. Nicht-EU-Ländern. Bei knapp zwei Prozent war die Staatsbürgerschaft unbekannt. Allerdings handelt es sich bei diesen knapp 53 Prozent nicht – wie von Trump insinuiert – nur um “illegale Migranten”. Während in Österreich ein Inhaftierter auf 1000 Einwohner kommt, ist in den USA jeder 50. Einwohner in Haft.

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) reagierte auf Trumps Rede am Mittwoch im ORF-Mittagsjournal. “Es ist in der Tat so, dass in Österreich Kriminelle eingesperrt werden, das ist so, egal von wo sie kommen. Daher ist auch Österreich eines der sichersten Länder der Welt”, so Karner. Das werde so bleiben, so der Innenminister. Sein Ministerium wies zudem darauf hin, dass sich Österreich in der Liste der weltweit sichersten Länder auf Platz fünf befinde und die USA auf Platz 128.

Keine Anerkennung Palästinas

Die Anerkennung eines Staates Palästina lehnte Trump in seiner Rede ab. “Das wäre eine Belohnung für die Hamas”, sagte Trump mit Blick auf die Terrororganisation. Gleichwohl betonte er, der Krieg im Gazastreifen müsse sofort beendet und alle verbliebenen Geiseln dort freigelassen werden.

Außerdem bekräftigte er, Russland hätte den Krieg gegen die Ukraine nicht begonnen, wenn er damals im Amt gewesen wäre. Gleichwohl betonte der US-Präsident, der andauernde Krieg lasse Russland nicht gut aussehen. Er wiederholte seine Forderung an die Europäer, keine russischen Energieträger mehr zu importieren. Er selbst wäre dann bereit, Strafzölle zu erheben.

Meinl-Reisinger vermisst “konkrete Vorschläge” zu weltpolitischen Themen

Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) kommentierte die Rede des US-Präsidenten laut ihrem Büro wie folgt: “Es ist schade, dass der Großteil der langen Rede von Donald Trump innenpolitischen Themen der USA gewidmet war. Zu für die Weltgemeinschaft entscheidenden Themen sprach er die nötige Kontrolle von Massenvernichtungswaffen sowie die Verhinderung von irregulärer Migration an – allerdings ohne konkrete Vorschläge.”

Diese Themen seien aber auch für Österreich wichtig. “Selbstverständlich bieten wir hier Zusammenarbeit an. Dass Donald Trump der UNO die Hand reichen will, wie er sagte, ist gut”, betonte die NEOS-Politikerin. Es stimme aber, dass die UNO ihrem Potenzial derzeit nicht gerecht werde. “Zu viele Staaten treten die Prinzipien der Vereinten Nationen mit Füßen. Gerade jetzt sind Zusammenarbeit auf Augenhöhe und Diplomatie wichtiger denn je.”

Österreich ist bei der Generalversammlung neben Meinl-Reisinger noch mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) vertreten. Ein Schwerpunkt der diesjährigen “hochrangigen Woche” ist das 80. Jubiläum der Gründung der Vereinten Nationen.

Bilaterale Gespräche Van der Bellens mit Turkmenistan und Barbados

Van der Bellen traf am Dienstag im Rahmen bilateraler Gespräche mit dem Präsidenten von Turkmenistan, Serdar Berdimuchamedow zusammen. “Turkmenistan ist ein wichtiges Land in einer schwierigen Region”, begrüßte der Bundespräsident danach auf “X” die “Möglichkeit zum bilateralen Austausch”. Serdar Berdimuchamedow ist als Nachfolger seines Vaters Gurbanguly Berdimuchamedow seit 2022 im Amt. Als Präsident ist er zugleich Staats- sowie Regierungschef in der rund 7,5 Millionen Einwohner zählenden Ex-Sowjetrepublik. Seine Familie hat in dem autoritär regierten Land in Zentralasien seit knapp 20 Jahren das Sagen.

Weiters besprach das Staatsoberhaupt mit der Premierministerin von Barbados, Mia Amor Mottley, “die Spannungen und militärischen Konflikte, die unsere Regionen bedrohen”. Es habe Einigkeit geherrscht, “dass Multilateralismus und internationales Recht der Schlüssel zur Lösung dieser Krisen sind”, so Van der Bellen. Mottley ist in dem kleinen Inselstaat, der im Atlantik liegt, aber zur Karibik gezählt wird, seit 2018 im Amt. Die ehemalige britische Kolonie ist flächenmäßig ungefähr so groß wie Wien und hat rund 280.000 Einwohner.

Stocker nach China eingeladen

Stocker hatte am Dienstag in New York ein “gutes Treffen mit dem chinesischen Ministerpräsidenten Li Qiang”, wie er via “X” wissen ließ. Angesichts der “globalen Herausforderungen, die nur gemeinsam gelöst werden können”, zähle er auch auf Chinas konstruktives Engagement auf multilateraler Ebene. Li lud Stocker ein, nächstes Jahr anlässlich des 55. Jahrestags der gemeinsamen diplomatischen Beziehungen nach China zu reisen. Er freue sich darauf, meinte Stocker. China sei Österreichs größter Handelspartner in Asien, und er habe “unser Engagement für die Vertiefung dieser Partnerschaft” bekräftigt. “Fairer Wettbewerb und gleiche Wettbewerbsbedingungen liegen daher in unserem gemeinsamen Interesse.”

Abendempfang zu Sicherheitsratskandidatur 2027/28

Für das österreichische Spitzentrio stand am Dienstagabend (Ortszeit) noch ein Empfang an der Österreichischen Vertretung in New York in Manhattan am Programm, bei dem die Kandidatur Österreichs für einen Sitz als nichtständiges Mitglied in der Periode 2027/28 beworben werden soll. Die Entscheidung fällt bei der Wahl im Juni 2026, Mitbewerber sind Deutschland und Portugal.

Van der Bellen brach bei dem Event in Gegenwart von EU-Kommissar Magnus Brunner und einigen Außenministerinnen und -ministern eine Lanze für Multilateralismus und partnerschaftliches Denken. Österreich könne im Sicherheitsrat die “Stimme für kleine und mittlere Staaten” sein. Stocker betonte, internationale Kooperation gehöre praktisch zur österreichischen DNA. “Daher würden wir gerne wieder Verantwortung im Sicherheitsrat übernehmen.” Auch Meinl-Reisinger unterstrich, dass Österreich als kleines Land ein “vitales Interesse an Multilateralismus” habe. Schließlich sei man 1955 gleich nach Abschluss des Staatsvertrags der UNO beigetreten. Damals wie heute gelte, an einer “besseren Zukunft” zu arbeiten. Daher wolle Österreich 2027/28 einen Beitrag dazu leisten.

Bisher war Österreich dreimal als nichtständiges Mitglied im höchsten UNO-Gremium vertreten: 1973/74, 1991/92 und 2009/10. Der UN-Sicherheitsrat besteht aus 15 Mitgliedern. Die USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien haben ständige Sitze inne. Die zehn nichtständigen Mitglieder des Gremiums werden jeweils zur Hälfte alle zwei Jahre ausgewechselt.

Kommentare

Aktuell sind 30 Kommentare vorhanden

Kommentare anzeigen