Russland berichtete zuletzt immer wieder von Drohnenangriffen

Ukraine will Angriffe auf russische Ziele intensivieren

Dienstag, 29. August 2023 | 18:22 Uhr

Die Ukraine will künftig zu einem der größten Produzenten von Waffen und Munition werden und auch russische Ziele stärker ins Visier nehmen. Die ukrainischen Attacken erfolgen dabei ausschließlich aus “Verteidigungsmotiven”, sagte der Berater im Präsidentenbüro, Mychajlo Podoljak, in der Nacht auf Dienstag im ukrainischen Fernsehen. Die westlichen Verbündeten akzeptierten inzwischen auch Angriffe auf russische Objekte auf der 2014 annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim.

“Heute gibt es einen absoluten Konsens dazu, dass wir alles Russische in den besetzten Gebieten, beispielsweise auf der Krim, vernichten können”, sagte Podoljak, vor einem Jahr sei dies nicht der Fall gewesen. Zugleich kündigte der Berater an, dass die Zahl der Drohnenangriffe zunehmen werde, da die russische Führung zunehmend die Kontrolle sowohl über den Luftraum als auch über den Machtapparat verliere. Neben vor allem militärischen Objekten auf der Krim greift Kiew inzwischen auch Militärflughäfen und die Hauptstadt Moskau mit Drohnen an.

Podoljak berief sich dabei auch auf eine kürzliche Aussage von Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock. Angesprochen auf von Russland gemeldete ukrainische Drohnenangriffe auch auf Moskau hatte Baerbock am Montag gesagt: “Russland hat die Ukraine angegriffen.” Die Grünen-Politikerin fügte hinzu: “Russland bombardiert zivile Ziele in der Ukraine ohne Unterlass, Getreidesilos, Krankenhäuser, Kirchen. Und die Ukraine verteidigt sich im Rahmen des internationalen Rechts.” Podoljak sagte weiter: “Nicht wir haben diesen Krieg begonnen.”

Russland wirft der Ukraine indes Artilleriebeschuss auf ein grenznahes Dorf im Gebiet Brjansk mit Todesopfern vor. Dabei seien in dem rund 15 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernten Dorf Klimowo mehrere Menschen getötet und weitere fünf Menschen verletzt worden, schrieb der Gouverneur der Region, Alexander Bogomas, in seinem Telegram-Kanal. Zu den Opfern sollen demnach auch Kinder zählen.

Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben derzeit nicht. Aus Kiew gab es zunächst keine Stellungnahme. Nach Angaben des Gouverneurs wurde beim Beschuss ein Gebäude einer Schule, sowie mehrere Wohnhäuser und administrative Einrichtungen beschädigt.

Russische Behörden melden inzwischen auch fast täglich die Abwehr ukrainischer Drohnenangriffe. Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte mit, dass am Dienstag im Schwarzen Meer einen Drohnenanschlag auf russisches Gebiet verhindert worden sei. Die Drohne sei im Meeresgebiet abgestürzt. Zudem habe die Luftabwehr zwei unbemannte Luftfahrzeuge über dem Gebiet Tula südlich von Moskau zerstört. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig prüfen.

Moskau hat in den vergangenen Wochen immer wieder von ähnlichen Drohnenangriffen berichtet und spricht dabei von ukrainischen Terroranschlägen. Die Angriffe stehen allerdings in keinem Verhältnis zu den massenhaften Attacken Russlands in seinem 18 Monate währenden Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Russland warf dem Westen angesichts seiner Militärhilfe für die Ukraine vor, sich direkt am Krieg zu beteiligen. Der ehemalige russische Staatschef Dmitri Medwedew legte Podoljaks Aussagen zu den vom Westen erlaubten Attacken auf die Krim als “direkten, juristisch gewichtigen Beweis für die Beteiligung des Westens am Krieg gegen Russland” aus.

Moskau habe damit die Möglichkeit, “gegen alle und jeden in den NATO-Staaten” vorzugehen, schrieb der Vizechef des nationalen russischen Sicherheitsrates bei Telegram. “Die Vorhersagen der Apokalypse rücken immer näher”, meinte er und spielte damit auf die Drohung an, dass die Atommacht ihre Ansprüche unter Anwendung aller Mittel verteidigen werde.

Die Ukraine verteidigt sich mit massiver westlicher Hilfe seit mehr als 18 Monaten gegen eine russische Invasion. Einschließlich der Krim kontrolliert Russland über 100.000 Quadratkilometer ukrainischen Staatsgebiets. Bei ihrer Gegenoffensive hat die Ukraine angekündigt, sich ihre besetzten Gebiete zurückzuholen.

Im Süden der Ukraine gehen indes die Kämpfe weiter. Der Generalstab in Kiew berichtete am Dienstag von Fortschritten in Richtung Werbowe, ohne nähere Details zu nennen. Der Frontabschnitt zwischen den Ortschaften Robotyne und Werbowe im Gebiet Saporischschja ist seit Beginn der ukrainischen Offensive wegen seiner strategischen Bedeutung schwer umkämpft. Nun haben die Ukrainer eigenen Angaben zufolge Robotyne eingenommen und nach Einschätzung von US-Generalstabschef Mark Milley die erste stark gesicherte Verteidigungslinie durchbrochen.

Für die ukrainischen Truppen ist damit ein wichtiger Schritt in Richtung der immer noch 75 Kilometer entfernten Stadt Melitopol geschafft, auch wenn noch unklar ist, wie stark die dahinter liegenden Verteidigungslinie der russischen Besatzungstruppen gesichert sind. Ziel der ukrainischen Offensive ist weiterhin, Richtung Küste vorzustoßen und damit einen Keil zwischen die russischen Besatzungstruppen zu treiben und sie von der Versorgung abzuschneiden.

Von: APA/dpa