"Abstandsregelung bei Pflanzenschutzmitteln hat ihr Ziel verfehlt"

Umweltschutzgruppe Vinschgau schickt Landesräten offenen Brief

Montag, 19. September 2016 | 22:29 Uhr

Bozen – Die Umweltschutzgruppe Vinschgau hat den Landesräten Herrn Arnold Schuler und Frau Dr. Martha Stocker ein offenen Brief zugesendet:

“Mit dem Beschluss der Landesregierung Nr. 817 vom 1.7.2014 werden die neuen Vorschriften im Bereich der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln erlassen. Unter Abschnitt 2 wird die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln auf landwirtschaftlichen Grundstücken geregelt, die unter anderem an Schulgelände, Kinderspielplätze, Sportplätze, private Gärten und Radwege angrenzen. Mit den darin enthaltenen Auflagen sollte gewährleistet werden, dass keine Abdrift von Pflanzenschutzmitteln auf diese Flächen gelangt, die vor allem von besonders gefährdeten Personengruppen aufgesucht werden.”

“Im Mai 2016 wurden im Auftrag der Umweltschutzgruppe Vinschgau an 8 Standorten im Vinschgau Pflanzenproben entnommen. Bei allen Probeentnahmeorten (Grundschulen Tartsch, Eyrs, Tschars, Sportplatz Goldrain, Kinderspielplatz Kompatsch – Naturns, Radweg Plaus, Privatgarten und Grünlandwiese in Prad) handelt es sich um Standorte, die sich in der Nähe von Apfelplantagen befinden. Die Proben wurden im Labor für Lebensmittelanalysen der Landesagentur für Umwelt in Bozen auf Pestizidrückstände analysiert, die Analyseergebnisse vom Toxikologen
Dr. Peter Clausing interpretiert.”

“Als besonders problematisch stuft Dr. Clausing folgende Befunde ein:

-An allen 8 Standorten konnte mehr als ein Pestizid nachgewiesen werden.

-Die Häufung von Funden verschiedener Pestizide in den Proben der Grundschule  Tschars und der Grünlandwiese in Prad (jeweils 9 verschiedene Pestizide).

-Der Nachweis von Chlorpyrifos in allen 8 Proben.

-Der Nachweis von Fluazinam in 7 von 8 Proben.

-Die Höhe der Chlorpyrifos–Konzentrationen, des – gemessen am ADI Wert – giftigsten        Pestizids.”

“Die Funde sind nach Dr. Clausing alarmierend, weil sie auf die mögliche Exposition einer besonders empfindlichen Bevölkerungsgruppe, nämlich von Kindern, hinweist. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass Pestizide nicht isoliert auftreten, sondern verschiedene Wirkstoffe gleichzeitig auf Umwelt und Mensch einwirken. Die toxikologische Bewertung solcher Kombinationswirkungen ist komplex und wissenschaftlich ungelöst.”

“Wir stellen fest, dass die von der Südtiroler Landesregierung erlassenen Vorschriften zur Verwendung von Pflanzenschutzmitteln ihr Ziel verfehlen. Wenn in 8 von 8 Proben ein Cocktail von Pestizidrückständen nachgewiesen wird, liegt dafür ein klarer Beweis auf der Hand.”

“Die Landesräte Schuler und Stocker werden aufgefordert zu erklären, wie sie den gesetzlich seit 2009 verankerten Schutz von besonders empfindlichen Personengruppen, zu denen auch Kinder gehören, erreichen wollen”, abschließend die Umweltschutzgruppe Vinschgau.

 

Von: ka

Bezirk: Vinschgau