Unionsverhandler treten vor die Presse

Union bricht Asylgespräche mit deutscher Regierung ab

Dienstag, 10. September 2024 | 23:21 Uhr

Von: APA/AFP/dpa

Die Union hat die Gespräche mit der deutschen Bundesregierung und den Ländern über eine Verschärfung der Migrationspolitik nach rund zwei Stunden Debatte für gescheitert erklärt. CDU/CSU und Koalition seien bei den Beratungen am Dienstag in Berlin “nicht zu einem gemeinsamen Ergebnis gekommen”, sagte der CDU-Politiker Thorsten Frei. Die Ampel-Regierung bedauerte den Abbruch. Die gegenseitigen Schuldzuweisungen begannen unmittelbar nach dem Scheitern der Beratungen.

Um kurz nach 17.00 Uhr verließen die Vertreter der Union das Innenministerium in Berlin, wo zuvor die Beratungen von Bund, Ländern und CDU/CSU stattgefunden hatten. Frei sagte zur Begründung des Abbruchs: “Was die Ampel vorgeschlagen hat, wird nicht zu mehr Zurückweisungen führen, nicht zu einer einzigen.” Die Union hatte solche Zurückweisungen von Migranten an den deutschen Grenzen zur Bedingung für ihre Teilnahme an dem Gespräch gemacht, bei dem die Möglichkeiten für ein gemeinsam abgestimmtes schärferes Vorgehen gegen die irreguläre Migration ausgelotet werden sollten.

FDP-Chef Christian Lindner schlug nach dem Scheitern der Gespräche ein Spitzentreffen der Regierungskoalition mit CDU-Chef Friedrich Merz vor. “Die Absage der Union an den Asylgipfel darf nicht das letzte Wort sein”, schrieb der Finanzminister auf X. Merz sollte mit dem Kanzler, Wirtschaftsminister Robert Habeck und ihm selbst persönlich verhandeln. “Wir werden gemeinsam das Problem lösen”, fügte Lindner hinzu. Deutschland brauche Kontrolle und Konsequenz bei der Migration.

SPD-Innenministerin Nancy Faeser bedauerte das Platzen der Gespräche. “Wir haben wirklich gute Gespräche gehabt, auch wenn das manchmal etwas anders klingt”, sagte sie im Anschluss. Die deutsche Bundesregierung habe einen Vorschlag vorgelegt, wie Geflüchtete grenznah untergebracht und schnell zurückgewiesen werden können. Sie betonte, es dürfe “keine riskanten Ausnahmen vom geltenden europäischen Recht geben”.

Ihr Vorschlag sah unter anderem die Unterbringung in grenznahen Haftanstalten für bestimmte Geflüchtete vor. Diese Regelung sollte für jene Migranten angewendet werden, die in Deutschland Asyl begehren, für deren Asylverfahren aber ein anderer EU-Mitgliedstaat zuständig ist. Die deutsche Bundespolizei sollte Haftkapazitäten prüfen und eine Unterbringung bei Gericht beantragen. Am Montag hatte Faeser bereits Kontrollen an allen deutschen Landgrenzen angeordnet und mehr Zurückweisungen als bisher in Aussicht gestellt.

Wie ÖVP-Innenminister Gerhard Karner Dienstagabend mitteilte, sind “effektive Zurückweisungen an den europäischen Außengrenzen notwendig und müssen rasch umgesetzt werden”. Österreich sei, gemeinsam mit weiteren 15 EU Mitgliedsstaaten, Vorreiter um Asylverfahren in Drittstaaten durchzusetzen. “Ich bin sehr zuversichtlich, dass auch Deutschland sich dieser breiten Allianz anschließen wird um gemeinsam das Asylwesen umfassend zu reformieren und die illegale Migration zu bekämpfen”, sagte Karner.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) stellte im Rahmen eines ORF-Wahlduells Dienstagabend unterdessen klar, dass Österreich sich im Falle, dass Deutschland sich in Sachen Grenzschutz auf die Notfallklausel berufen sollte, dies ebenfalls tun würde. Es könne nicht sein, dass “der Druck einfach auf Österreich abgeladen wird”, betonte er. “Sollte Deutschland – ein riesen Nachbar zu Österreich – beginnen, hier durch eigenwillige Rechtsinterpretationen eine Unsicherheitslage zu schaffen, werden wir dagegen aufstehen und unsere Grenzen ganz klar schützen.”

Die Vertreter der Ampel-Koalition betonten, dass die eingebrachten Vorschläge mit Europarecht im Einklang stünden – anders als die Unionsforderungen. “Man kann von einer Bundesregierung nicht verlangen, dass sie sich in Widerspruch zu Recht begibt”, sagte FDP-Justizminister Marco Buschmann. Die Forderungen der Union nach Zurückweisungen an den deutschen Grenzen gingen über das rechtlich Mögliche hinaus.

Außenministerin Annalena Baerbock von den Grünen betonte, dass gerade nach den Terroranschlägen von Mannheim und Solingen nicht Maßnahmen vorgeschlagen werden könnten, die rechtlich nicht umsetzbar seien. Zudem werde in Europa genau beobachtet, welchen Kurs Deutschland in der Migrationspolitik einschlage. “Wir würden den Terroristen, die unsere Demokratie angreifen wollen, doch nur in die Hände spielen, wenn wir uns als Europäer darüber jetzt zerlegen und nationale Alleingänge machen”, sagte Baerbock.

Sowohl die Regierung in Berlin als auch die Union betonten aber, dass weitere Gespräche über Verschärfungen in der Migrationspolitik möglich seien. “Wir sind bereit, das Gespräch weiterzuführen”, sagte Buschmann. Auch der CDU-Politiker Frei betonte weitere Bereitschaft zur Kooperation. “Wir werden uns nicht in eine Schmollecke zurückziehen”, sagte er. Wenn die Koalition Vorschläge mache, werde die Union diese “konstruktiv begleiten”.

Kurz nach dem Platzen der Gespräche begannen vor allem zwischen Union und Grünen die Schuldzuweisungen – und das eineinhalb Wochen vor der Landtagswahl in Brandenburg. “Die Ampel kapituliert vor der Herausforderung der irregulären Migration”, schrieb CDU-Chef Friedrich Merz auf X. Die deutshe Bundesregierung sei “handlungsunfähig und führungslos”. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt erklärte: “Die Ampel ist nicht zu wirksamen Maßnahmen zur Begrenzung der irregulären Migration in der Lage.”

Grünen-Parlamentsgeschäftsführerin Irene Mihalic machte ihrerseits der Union schwere Vorwürfe: Es sei “ein Trauerspiel, dass die Union der Verantwortung für unser Land nicht gerecht wird und weiter eine Politik der Show-Effekte ohne Substanz betreibt”, erklärte sie. Grünen-Chef Omid Nouripour warf der Union ein “Schmierentheater” vor.

AfD-Chefin Alice Weidel kritisierte, die Ampel-Parteien “und allen voran die Grünen hängen weiter einer verantwortungslosen Politik der offenen Grenzen an”. Ihnen sei “ihre Ideologie wichtiger als die Sicherheit der Bürger”.

Kommentare

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13 Kommentare auf "Union bricht Asylgespräche mit deutscher Regierung ab"


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N. G.
N. G.
Kinig
1 Monat 9 h

Die Union fordert Maßnahmen die rein rechtlich gar nicht funktionieren und schiebt der Ampel dann die Schuld zu, sie täte nichts.
Wir werden die Union daran messen was sie in der nächsten Regierung macht!
Was ist eigentlich aus Merz Aussage geworden die AFD halbieren zu wollen? Er bedient sich eher ihrer Sprache anstatt sie zu bekämpfen!

jochgeier
jochgeier
Universalgelehrter
1 Monat 7 h

@ng wenn ein staat seine grenzen schützen will soll daran etwas rechtlich nicht in ordnung sein?

pfaelzerwald
1 Monat 7 h

@N.G.
was hat die “Halbiererei” der AFD mit dem Versagen der Ampel zu tun?
Ich habe den Eindruck, die Deutschen sind das Nichthandeln der sogenannten Ampel leid!

OrtlerNord
OrtlerNord
Universalgelehrter
1 Monat 5 h

@pfaelzerwald
Der größte Teil der Probleme die die BRD hat sind alleine der Unfähigkeit einer Frau Merkel zu verdanken. Die Probleme haben zum überwiegenden Teil ihren Ursprung deutlich vor der Ampel.

N. G.
N. G.
Kinig
29 Tage 19 h

@OrtlerNord Das unterschlägt Merz nur zu gerne!

pfaelzerwald
29 Tage 8 h

@OrtlerNord
Ja, Frau Merkel hat viele und große Fehler gemacht. Und damit Probleme geschaffen. Aber die unfähige Ampelregierung hat die Probleme gewaltig verschärft.

Doolin
Doolin
Kinig
1 Monat 9 h

…das ist nur Kleinstaaterei…abzudecken wären endlich die EU-Aussengrenzen…

N. G.
N. G.
Kinig
29 Tage 19 h

Bau ne Mauer im Mittelmeer!

pfaelzerwald
1 Monat 7 h

Will die Ampel nicht, oder kann sie nicht.?Wahrscheinlich beides.!

krokodilstraene
29 Tage 20 h

…und was hat die Union gemacht als sie noch an der Regierung waren???

Zugspitze947
29 Tage 12 h

krokodilstraene: Da ging es Deutschland jedenfalls wirtschaftlich noch sehr gut und auch die Migration hatte man gut im Griff 🙂

pfaelzerwald
29 Tage 8 h

@Krokodilstraene
Schon vergessen, Die SPD war 12 Jahre in der Regierung Merkel. Und die Union hat manches falsch gemacht, weil die SPD (Koalitionspartner) das so wollte.

Jo73
Jo73
Superredner
29 Tage 12 h
Natürlich trägt die Union (allen voran Merkel) eine große Mitschuld an dem Niedergang der BRD, wirtschaftlich, innere Sicherheit, etc. Aber die letzten drei Jahre hat sich die Migrantenfrage derart zugespitzt mit täglichen Messerangriffen etc, daß die Ampel die Hauptschuld an der derzeitigen Misere trägt. Es bringt auch nichts mehr zu sagen, Merkel war schuldig. Man muss handeln und das tut vor Allem GRÜN, aber auch die Sozis eben nicht. Und diese Augenwischerei wie gestern, das wäre Stillstand gewesen. Die Ausrede mit “das wäre nicht rechtens gewesen” stimmt defintiv nicht, denn davor lag ein Strafakt vor, dass gegen Dublin in einem… Weiterlesen »
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