Von: APA/Reuters/dpa
Israel und die radikal-islamische Hisbollah haben sich im Grenzgebiet zum Libanon am Sonntag die heftigsten Gefechte seit Beginn des Gaza-Kriegs geliefert. Die Hisbollah feuerte Hunderte Raketen und Drohnen auf den Norden Israels ab. Die israelischen Streitkräfte griffen nach eigenen Angaben zuvor mit etwa 100 Kampfjets Raketenabschussrampen der Hisbollah im Süden des Libanon an. Die UNO zeigte sich besorgt.
Raketen waren im Morgengrauen am Himmel zu sehen und hinterließen dunkle Rauchspuren, während in Israel Luftschutzsirenen ertönten. Über den Häusern von Khiam im Südlibanon stieg Rauch auf. Das Ausmaß der Schäden war zunächst unklar, Berichte über Opfer lagen nicht vor. Die Hisbollah ließ erkennen, vorerst keine weiteren Angriffe zu planen, während der israelische Außenminister erklärte, das Land strebe keinen umfassenden Krieg an.
Die vom Iran kontrollierte Hisbollah erklärte, 320 Katjuscha-Raketen auf Israel abgefeuert und elf militärische Ziele getroffen zu haben. Dies sei die erste Phase der Vergeltung für die Ermordung von Fuad Shukr, einem hochrangigen Kommandanten, im vergangenen Monat, wofür Israel verantwortlich gemacht wird. Nach israelischen Angaben wurden mehr als 40 Abschussrampen der Hisbollah im Südlibanon angegriffen.
Das israelische Kabinett trat am frühen Sonntagmorgen zusammen. Verteidigungsminister Yoav Gallant rief den Notstand aus. Außenminister Israel Katz sagte, sein Land werde auf Entwicklungen am Boden reagieren, strebe jedoch keinen umfassenden Krieg an. Flüge von und zum Flughafen Ben Gurion in Tel Aviv wurden für etwa 90 Minuten ausgesetzt. “Wir sind entschlossen, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um unser Land zu verteidigen, die Bewohner des Nordens sicher in ihre Häuser zurückzubringen und eine einfache Regel aufrechtzuerhalten: Wer uns schadet – dem schaden wir”, erklärte Ministerpräsident Benjamin Netanyahu.
Auch der geschäftsführende libanesische Regierungschef Najib Mikati traf mit Ministern zu einer Sondersitzung zusammen. Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah will nach den Angriffen zwischen der Miliz und Israels Armee erneut zu seinen Anhängern sprechen. Der Hisbollah-Generalsekretär werde am Sonntagabend um 18.00 Uhr (Ortszeit, 17.00 Uhr MESZ) eine Rede halten, die im Fernsehen übertragen werde, teilte die Miliz mit.
Die Friedenstruppe der Vereinten Nationen im Libanon (UNIFIL), an der auch österreichische Bundesheersoldaten beteiligt sind, und das Büro des Sonderkoordinators der UNO riefen alle Seiten auf, das Feuer einzustellen. Sie sprachen von einer “besorgniserregenden” Entwicklung.
Nadav Shoshani, ein israelischer Militärsprecher, sagte Reportern, die Hisbollah habe geplant, zumindest einige Geschoße auf das Zentrum Israels abzufeuern. Das hätte eine ernsthafte Eskalation bedeutet. Die Hisbollah hat bisher hauptsächlich Ziele in der Nähe der Nordgrenze Israels zum Libanon beschossen.
Die “New York Times” zitierte einen westlichen Geheimdienstmitarbeiter, wonach sich Israels Angriff gegen Raketenwerfer im Libanon gerichtet habe. Diese seien so programmiert worden, dass sie um 5.00 Uhr Ortszeit (4.00 MESZ) in Richtung Tel Aviv im Zentrum Israels abgefeuert werden sollten.
In Kairo gingen unterdessen die Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gazastreifen und die Freilassung der verbliebenen israelischen Geiseln weiter. Ausgangspunkt der Eskalation war das Hamas-Massaker in Israel am 7. Oktober, bei dem rund 1.200 Menschen ermordet und weitere etwa 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden. Bei dem anschließenden Einsatz Israels im Gazastreifen sind nach palästinensischen Angaben bisher mehr als 40.000 Menschen getötet worden.
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