Von: APA/AFP/Reuters
Die UNO hat vor einer sich im Gazastreifen ausbreitenden Hungersnot gewarnt. Im Gazastreifen ereigne sich “jetzt das schlimmste Szenario einer Hungersnot”, warnte die für die IPC-Skala zum Hungermonitoring zuständige UN-Initiative am Dienstag. Israel wies die Berichte über eine Hungersnot zurück.
Die Abwürfe von Hilfsgütern aus der Luft in dem von der islamistischen Hamas kontrollierten Gebiet würden nicht ausreichen, um eine “humanitäre Katastrophe” zu verhindern. Die jüngsten Daten zeigten, dass “im größten” Teil des Gazastreifens die “Hungersnot-Schwelle” erreicht sei, hieß es.
Nach Ansicht der UNO-Initiative ist “sofortiger, ungehinderter” Zugang zu humanitärer Hilfe der einzige Weg, um “Hunger und Tod” zu stoppen. Lebensmittellieferungen auf dem Landweg seien “viel effektiver, sicherer und schneller”.
Israels Außenminister: Berichte sind “Lüge”
Der israelische Außenminister Gideon Saar wies am Dienstag Berichte über eine Hungersnot im Gazastreifen als Lüge zurück. Er räumt ein, die Lage dort sei “hart”. Bilder von hungernden Palästinensern hatten zuvor weltweit für Bestürzung gesorgt. Saar erklärt weiter, der “militärische Druck” sei wirksam, aber nicht die einzige Option. Israel sei auch bereit, auf Diplomatie zu setzen.
Die IPC-Skala bewertet die Hungersituationen je nach Schweregrad. Die nun geäußerte Warnung stelle keine neue Einstufung der Hungersituation dar, hieß es. Sie solle vielmehr auf der Grundlage der neuesten, bis zum 25. Juli “verfügbaren Erkenntnisse” auf die Lage aufmerksam machen. Eine gründlichere “Empfehlung” sei in Arbeit und werde so bald wie möglich veröffentlicht.
Der Direktor für Ernährungssicherheit und Ernährungsanalyse beim UN-Welternährungsprogramms (WPF) betonte jedoch, dass “wir immer mehr Anzeichen dafür sehen, dass eine Hungersnot bevorsteht”. “Alle Anzeichen sind jetzt vorhanden”, erklärte Jean-Martin Bauer.
Ein weiterer WPF-Vertreter zog derweil Vergleiche mit der Hungersituation in Ländern wie Äthiopien und Nigeria. Ihn erinnere die Lage der Menschen im Gazastreifen “an frühere Katastrophen in Äthiopien oder Biafra im vergangenen Jahrhundert”, sagte WPF-Nothilfechef Ross Smith in Rom.
MSF: Abwürfe “ineffektiv und gefährlich”
Aus Sicht der Organisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) sind die seit dem Wochenende gemeinsam von Israel, Jordanien und den Vereinigten Arabischen Emiraten laufenden Abwürfe von Hilfsgütern aus der Luft “ineffektiv und gefährlich”. Sie umfassten “weit weniger als die 20 Tonnen Hilfsgüter, die man mit einem Lastwagen transportieren kann”, erklärte MSF-Notfallkoordinator, Jean Guy Vataux.
Von den israelischen Behörden forderte er, “die Einfuhr über den Landweg zu ermöglichen”. “Es braucht Einfuhrgenehmigungen für Güter in großem Umfang, die Beschleunigung der Abfertigungsverfahren und eine sichere und koordinierte Abholung und Auslieferung.”
Nach massiver internationaler Kritik hatte Israel am Wochenende seine Maßnahmen zur Verbesserung der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen verstärkt. Neben dem Abwurf von Hilfsgütern aus der Luft hatte Israel “taktische” Feuerpausen angekündigt, um die sichere Durchfahrt von Hilfskonvois zu ermöglichen.
Knapp 22 Monate nach Beginn des Gazakriegs, den die Hamas mit ihrem brutalen Überfall auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöst hatte, ist die dortige humanitäre Lage verheerend. Mehr als hundert Hilfsorganisationen warnten kürzlich vor einem “massenhaften Verhungern” in dem Palästinensergebiet.
Israel wirft der Hamas vor, internationale Hilfslieferungen für die notleidenden Menschen in dem Palästinensergebiet zu kapern, um unter anderem damit ihren Krieg gegen Israel zu finanzieren.
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