Von: sis
Brixen – Gelungener Informationsabend in Brixen: Kandidatinnen und Kandidaten für das Amt des Bürgermeisters stellen sich auf Einladung des Vereins „heimat Brixen Bressanone Persenon“ der Diskussion.
In Zeiten der Corona-Krise bieten sich im Gemeindewahlkampf nur selten Gelegenheiten zu einer Live-Diskussion unter den Wahlwerbenden. Der Brixner Verein „heimat BBP“ nahm das Risiko auf sich, die einzige öffentliche Direkt-Debatte der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in spe auf die Beine zu stellen – mit Erfolg, wie man festhalten darf.
Im Forum Brixen fanden sich am 3. September 2020 abends neben den acht Bewerbenden und den Veranstaltern auch ca. 110 Interessierte ein, die unter Wahrung von Abstand und Maskenpflicht Gelegenheit zur Information und zu angeregtem Austausch wahrnahmen. Souverän moderiert von Robert Hochgruber, nahmen am Podium Platz: Anna Rita Bilello (Lega), Peter Brunner (SVP), Ingo Fink (Team K), Markus Frei (Grüne Bürgerliste), Paola Ghedina (Insieme per Bressanone), Egon Gitzl (Freiheitliche), Renate Prader (PD), Nicoletta Smarra (Fratelli d‘Italia).
In kurzen Eingangsstatements markierten die Spitzenleute jeweils Grundtendenzen der Entwicklung Brixens und Herausforderungen für die nähere Zukunft. Dabei wurde die dynamische Entwicklung der letzten Jahre im Zeichen klarer Mehrheitsverhältnisse zwar prinzipiell begrüßt, aber auch Schwachpunkte und Potenziale der Verbesserung hervorgehoben. Die Erfolge von Stabilität, Konsens, Zusammenhalt und Entscheidungsstärke, die Bürgermeister Brunner unterstrich, wurden von manchen Kandidaten zwar geteilt, aber auch in wesentlichen Punkten problematisiert. Ganz im Sinne der Lega legte Anna Rita Bilello großen Wert auf das Thema Sicherheit und auf Chancengerechtigkeit sowie „Augenhöhe“ zwischen den Sprachgruppen. Ingo Fink verwies auf die anhaltende Verkehrslawine wie den Mangel an leistbarem Wohnraum wie die Notwendigkeit verbesserter Transparenz, während Markus Frei die Dringlichkeit erhöhten sozialen Ausgleichs und der Achtsamkeit auf Bedürfnisse alter und neuer Bürgerinnen hervorhob. Paola Ghedina verwies auf das Schwinden des Grüns, das durch den enormen Verkehr stark unter Druck geraten sei, ebenso auf die Notwendigkeit besserer Generationengerechtigkeit. Egon Gitzl war die Bewältigung der aktuellen Krise und ihrer Folgen ein besonderes Anliegen, da sie die bislang günstige Entwicklung Brixens in Frage stelle. Renate Prader lobte nach den schwierigen Jahren 2010 bis 2015 die Zusammenarbeit unter den Mehrheitsparteien, die für Erfolge und Harmonie gleichermaßen gesorgt habe. Nicoletta Smarra legte besonderen Wert auf die Integration der „neuen Bürger“, die auch zu erhöhter Anpassung aufgerufen seien. Der Tourismus sei auf Identitätssuche.
In der anschließenden Diskussion warf das Publikum zahlreiche Fragen ein. Sie richteten sich auf Themen des Sozialen, in denen die Gemeinde zu wenig Einsatz zeige; auch die prekäre Wohnungssituation fand Kritik. Die mangelnde Transparenz von Entscheidungen und Verwaltungsakten im Vergleich zu anderen Gemeinden wurde mehrfach bemängelt. Der Konsens der Mehrheitsparteien führe zu Formen von Scheindemokratie und Hinterzimmerpolitik. Zahlreiche Wortmeldungen galten dem Thema Hofburggarten. Das Projekt wurde als Beispiel von Scheintransparenz und undurchsichtiger Entscheidungsgrundlagen trotz starker Zustimmung im Gemeinderat kritisiert. BM Brunner verwahrte sich gegen die Kritik: Es handle sich nicht nur um eine Touristenattraktion, sondern auch um ein bürgernahes Vorhaben, das die heimische Wirtschaft und Kultur belebe. Nun aber gelte es, das baldige Urteil des Verwaltungsgerichts abzuwarten. Auch weitere Kandidaten äußerten ihr Contra und Pro zum dornigen Thema. Im Verlauf der Diskussion wurden noch zahlreiche Einzelfragen aus dem Bereich von Mobilität und der Dauerbrenner Verlegung der Hochspannungsleitungen erörtert. Die Schlussstatements rückten die Themen Transparenz und Bürgernähe in den Vordergrund, die als grundsätzliche Anliegen empfunden wurden. Der von „heimat BBP“ veranstaltete Abend bot eine wichtige Chance zum direkten Vergleich von Personen, Programm und Parteien und damit ein gelungenes Beispiel demokratischer Grundversorgung.