Die Verankerung von Bargeld in der Verfassung ist umstritten

Weitere ÖVP-Landeschefs skeptisch zu Bargeld in Verfassung

Dienstag, 08. August 2023 | 17:09 Uhr

Von: apa

Nachdem sich der steirische Landeshauptmann Christopher Drexler gegen den Vorstoß von Kanzler Karl Nehammer ausgesprochen hatte, Bargeld in der Verfassung zu verankern, haben sich nun auch Tirols LH Anton Mattle und sein Salzburger Amtskollege Wilfried Haslauer (alle ÖVP) skeptisch gezeigt. Das Zahlen in bar, mit Karte oder mit Handy sei für ihn selbstverständlich und “gesellschaftlicher Konsens”. “Das muss nicht in den Verfassungsrang gehoben werden”, so Mattle zur “TT”.

Ähnlich auch Haslauer: Man werde sich sicher nicht gegen den Erhalt von Bargeld stellen, ließ er über einen Sprecher die APA wissen. Es in der Verfassung zu verankern, sei aber überbordend.

Kanzler Nehammer hatte im APA-Sommerinterview argumentiert, man wolle der Bevölkerung “eine klare Versorgungssicherheit geben, dass auf der einen Seite genug Möglichkeiten gegeben sind, Bargeld zu beziehen, auf der anderen Seite aber auch ausgeben zu können”. Im September soll es dazu einen Runden Tisch mit der Bankenwirtschaft und der Nationalbank geben.

Unterdessen schickte die Bundes-ÖVP mit Florian Tursky ein weiteres Regierungsmitglied aus, um den Vorschlag öffentlich zu unterstützen: “Auch wenn das vielleicht überrascht, als Digitalisierungsstaatssekretär bin ich ein Verfechter des Bargelds”, hieß es am Dienstag in einer Stellungnahme. “Innovationen dürfen Bewährtes nicht beschränken oder verbieten”, so Tursky weiter.

“Die Diskussion um den digitalen Euro wird von der EZB völlig falsch geführt”, beklagte der Staatssekretär. Aus seiner Sicht müsse man drei Punkte beachten: Das Herausarbeiten des “Mehrwerts eines digitalen Euro”, dass dieser “nur als Ergänzung zu allen bisherigen Zahlungsmitteln” eingeführt werde, und den Schutz der “Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger”.

Ähnlich äußerte sich Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) in einer Pressekonferenz. Es gebe in der europäischen Diskussion noch viele offene Fragen und Unsicherheiten, wie man mit dem digitalen Euro umgehen werde. Eine verfassungsrechtliche Absicherung des Bargelds in Widerspiegelung des bestehenden EU-Rechts bezeichnete er als sinnvoll, “weil es die Wichtigkeit dieses Themas vor den Vorhang holt”. Auch auf die “Unabhängigkeit jedes Einzelnen” berief er sich, und “prinzipiell geht es um die Wahlfreiheit”.

Im Gegensatz zu Drexler und Mattle gab es aus Niederösterreich und dem Burgenland Unterstützung für Nehammer. “Ob begründet oder nicht: Es gibt bei den Menschen die Sorge, dass das Bargeld abgeschafft werden könnte. Der Kanzler will den Menschen diese Sorge nehmen. Das ist nachvollziehbar”, reagierte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) auf den Vorstoß. Ähnlich auch der burgenländische ÖVP-Landesparteiobmann Christian Sagartz, der Nehammers Vorstoß für “richtig” hält. “Die Initiative des Bundeskanzlers ist ein klares Signal an die österreichische Bevölkerung, nämlich das Bargeld wird bleiben. Denn in Zeiten, in denen Bankomaten weniger werden, Filialen schließen und die EU-Kommission Pläne für die Einführung eines digitalen Euros vorlegt, sind die Menschen verständlicherweise verunsichert.”

Abwartend gab sich Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP): “Klar ist, dass Bargeld in jedem Fall erhalten bleiben muss. Warten wir jetzt einfach mal die Ergebnisse der Taskforce ab. Es ist die Entscheidung der Österreicherinnen und Österreicher, ob sie bar, mit Karte oder digital zahlen möchten.” Gar nicht erst äußern wollte sich der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP), hieß es auf APA-Anfrage aus seinem Büro.

ÖVP-Konsumentensprecher Peter Weidinger betonte die Wichtigkeit von Bargeld und kritisierte zugleich Aussagen von NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger im ORF-“Sommergespräch”. “Die Verwendung von Bargeld ist für viele Menschen, insbesondere im ländlichen Raum, eine Grundbedingung für ein selbstbestimmtes Leben”, so Weidinger.

Der Leiter der Vertretung der EU-Kommission in Österreich, Martin Selmayr, sah am Wochenende wenig Sinn hinter dem Vorstoß der ÖVP. Denn für die den Euro betreffende Währungspolitik und das ihn regelnde Währungsrecht sei ausschließlich die EU zuständig – diese wiederum garantiere bereits seit dem Jahr 1999 das Bargeld als “gesetzliches Zahlungsmittel”. Eine nationale Regelung könne – sofern sie europarechtlich zulässig wäre – inhaltlich wenig Neues zum Schutz des Euro-Bargeldes beitragen, meinte der Jurist.

Die unterschiedlichen Aussagen aus der ÖVP veranlassten den Generalsekretär der FPÖ, Michael Schnedlitz, zu einem Konter: “Offensichtlich kann sich ÖVP-Kanzler Nehammer in dieser für die Bevölkerung wichtigen Frage nicht durchsetzen. Das ist der Urkundsbeweis für Nehammers Führungsschwäche”, ließ Schnedlitz wissen. Damit reagierte der Freiheitliche auf eine ÖVP-Pressemitteilung vom Montag. Darin hatte Generalsekretär Christian Stocker wiederum dem FPÖ-Obmann Herbert Kickl Führungsschwäche in der Diskussion um Politikergehälter unterstellt.