Bozner Gemeinderat lanciert Appell

Weniger Rechte für Wachkomapatienten in Südtirol?

Samstag, 25. Januar 2020 | 11:18 Uhr

Bozen – Der Bozner Gemeinderat Maurizio Puglisi Ghizzi tritt mit einer traurigen Geschichte an die Öffentlichkeit und lanciert gleichzeitig einen Appell. Betroffen ist seine eigene Ehefrau, doch laut Aussage des Gemeinderats sind 60 bis 65 Familien in Südtirol in derselben Situation.

Verheiratet ist Maurizio Puglisi Ghizzi mit der 53-jährigen Landesangestellten Alessandra Dardengo. Die Frau hat im Herbst 2018 eine Hirnblutung erlitten und liegt seit mehreren Monaten im Wachkoma, berichtet die Tageszeitung Alto Adige am Samstag. Untergebracht ist die Frau in einer Einrichtung in Firmian, wofür Puglisi Ghizzi einen Tarif von 1.580 Euro im Monat bezahlen muss.

Der Gemeinderat behauptet nun, dass so eine Summe nur in Südtirol verlangt werde, weil Langzeitkranken nicht jene Rechte zuerkannt würden, die ihnen laut Gesetz zustünden. Die nationale Regelung werde ignoriert – ebenso wie ein einschlägiges Urteil des Staatsrates aus dem Jahr 2015.

Demzufolge müsste der Staat die Spesen für Patienten im Wachkoma tragen, die mithilfe einer Sonde am Leben gehalten werden, ist Puglisi Ghizzi überzeugt.

„Mit Senioren gleichgestellt“

Doch warum verhält es sich ausgerechnet in Südtirol anders? Laut dem Gemeinderat liegt das daran, dass bei uns Langzeitkranke mit Senioren gleichgestellt würden, die in einem Altersheim untergebracht sind. Deshalb werde für seine Ehefrau und Patienten in einer ähnlichen Situation von den Angehörigen ein Beitrag für die Beherbergung verlangt.

Zwar gebe es in Südtirol auch das Pflegegeld, doch dies werde von den Strukturen einbehalten, die die Betroffenen betreuen. Weil Wachkomapatienten in manchen Fällen noch sehr jung sind und unter Umständen noch sehr lange leben, würden Familien von der finanziellen Belastung in die Knie gezwungen, erklärt der Gemeinderat.

Am kommenden Montag findet eine Sitzung der Leitung im Sanitätsbetrieb statt, bei der das Thema behandelt werden soll. Puglisi Ghizzi ruft unterdessen zu einer Mahnwache in der Sparkassenstraße mit Beginn um 17.15 Uhr auf.

Marco Galateo sicherte ihm die Unterstützung des Mitterechts-Bündnisses zu und verspricht, eine parlamentarische Anfrage einzureichen: „Hier werden Rechte verletzt, die von der Verfassung festgelegt sind.“

Die Krankheit

Maurizio Puglisi Ghizzi lässt den Krankheitsverlauf seiner Frau noch einmal Revue passieren, doch man sieht ihm die Mühe dabei an. „Es war im September 2018. Meine Frau und ich waren in Deutschland im Auto unterwegs und befanden uns auf der Rückfahrt nach Hause, nachdem wir unsere Tochter begleitet hatten“, berichtet der Gemeinderat. Plötzlich habe seine Frau den Kopf gebeugt und nur gesagt, dass es ihr schlecht gehe. Danach kam nichts mehr.

Sofort habe er die erste Ausfahrt bei Ingolstadt genommen und seine Frau ins Krankenhaus gebracht. „Die Ärzte haben keine Sekunde verloren. Alessandra wurde im Verlauf von 20 Stunden mehrfach operiert. Darauf folgten 14 Tage auf der Intensivstation“, erinnert sich Puglisi Ghizzi. Als es erste Anzeichen einer Erholung gegeben habe, sei es erneut zu Komplikationen gekommen. Weitere ärztliche Eingriffe seien nötig gewesen.

Wieder vergingen Tage, bis die Frau endlich auf die Intensivstation nach Bozen und anschließend in die Abteilung für Neurorehabilitation am Sterzinger Krankenhaus verlegt werden konnte. „Professor Leopold Saltuari werde ich ewig zu Dank verpflichtet sein. Ihm ist es gelungen, dass es ihr besser ging“, berichtet Puglisi Ghizzi.

Zwar hatte seine Ehefrau noch immer Schwierigkeiten beim Sprechen und beim Gehen, doch die Familie schöpfte Hoffnung. Zwischen Ende 2018 und Anfang 2019 erlitt die Frau allerdings eine Hirnhautentzündung. „Sie wurde in Bozen operiert und auch in diesem Fall möchte ich die Professionalität der Ärzte in der neurochirurgischen Abteilung hervorheben, die alles geleistet haben, was möglich war“, unterstreicht Puglisi Ghizzi.

Zwei Monate später lag seine Frau im Wachkoma. Sie wird über eine Sonde ernährt, sie bewegt sich nicht, kann nicht sprechen und erkennt auch niemanden wieder. Pflege ist rund um die Uhr nötig.

Puglisi Ghizzi hatte gehofft, dass seine Frau in Sterzing bleiben könnte, doch stattdessen wurde sie nach Firmian in Bozen bei den Langzeitkranken untergebracht. Die Kosten betragen insgesamt rund 3.600 Euro im Monat. Knapp 2.000 Euro würden über das Pflegegeld abgedeckt, doch die restliche Summe müsse die Familie selbst aufbringen. So eine Situation gebe es laut Puglisi Ghizzi nur in Südtirol, nicht aber im restlichen Staatsgebiet.

Von: mk

Bezirk: Bozen