Die einzige Hilfe ist für viele Palästinenser zur Todesfalle geworden

WHO und NGOs warnen vor Hungertoten im Gazastreifen

Donnerstag, 24. Juli 2025 | 04:09 Uhr

Von: APA/AFP/dpa

Die Weltgesundheitsorganisation und mehr als 100 Hilfsorganisationen haben angesichts der verheerenden Lage im Gazastreifen wegen Israels Krieg gegen die militante Palästinenserorganisation Hamas vor einer tödlichen Hungersnot im Gazastreifen gewarnt. “Die 2,1 Millionen Menschen, die im Kriegsgebiet Gaza gefangen sind, sehen sich neben Bomben und Kugeln mit einem weiteren Killer konfrontiert: dem Hungertod”, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus am Mittwoch in Genf.

“Wir erleben täglich einen Anstieg der Todesfälle aufgrund von Unterernährung”, warnte der WHO-Direktor. Seit Mitte Juli seien die Zentren überfüllt, die Kinder mit akuter Unterernährung aufnehmen. Sie hätten nicht genügend Spezialnahrung, um sie notdürftig zu versorgen. Seit Anfang des Jahres seien mindestens 21 Kindern unter fünf Jahren durch Mangelernährung gestorben. Diese Fälle habe die WHO selbst dokumentiert. Nach Angaben des Welternährungsprogramms (WFP) lebt inzwischen ein Viertel der Bevölkerung “unter hungernotähnlichen Bedingungen”.

111 Hilfsorganisationen befürchten “Massenhungersnot”

Zuvor hatten bereits 111 Organisationen in einer gemeinsamen Erklärung auf die Gefahr einer “Massenhungersnot” im Gazastreifen hingewiesen. In der Erklärung hieß es, dass “unsere Kollegen und die Menschen, denen wir helfen, dahinsiechen”. Zu den Unterzeichnern gehören Ärzte ohne Grenzen (MSF), Save the Children und Oxfam.

Die Organisationen forderten sofortige Verhandlungen über eine Waffenruhe, die Öffnung aller Grenzübergänge und die Rückkehr zu von der UNO kontrollierten Hilfsstrukturen und den ungehinderten Fluss von Hilfsgütern. Die UNO hatte am Dienstag mitgeteilt, dass israelische Soldaten seit Beginn der Arbeit der von den USA und Israel unterstützten, umstrittenen Hilfsorganisation GHF Ende Mai mehr als 1.000 Palästinenser getötet hätten, während diese versuchten, sich Nahrungsmittel zu verschaffen. Einen anderen Hilfsmechanismus als die GHF lässt Israel nicht zu. Vor der GHF hatte Israel wochenlang jede Hilfe blockiert.

Wegen der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen steigt der internationale Druck auf Israel. Die USA erklärten unterdessen, dass ihr Sondergesandter Steve Witkoff diese Woche zu Gesprächen über die Lage im Gazastreifen nach Europa und anschließend möglicherweise in den Nahen Osten reist.

Aus Israel lag zunächst keine Reaktion auf den Appell vor. Der israelische Präsident Yitzhak (Isaac) Herzog sagte am Mittwoch während eines Besuchs in dem abgeriegelten Küstengebiet, Israel leiste humanitäre Hilfe nach dem Völkerrecht. Es sei die Hamas, die versuche, diese Hilfe zu sabotieren.

“Systematische Zerstörungen” von Gesundheitsanlagen

Die WHO äußerte nach der Beschädigung eines zentralen Warenlagers in Deir al-Balah scharfe Kritik am Umgang mit Gesundheitseinrichtungen im Gazakrieg. Der Angriff auf das WHO-Hauptlager in Deir al-Balah im Zentrum des Gazastreifens sei “Teil einer systematischen Zerstörung von Gesundheitsanlagen”, teilte die Organisation auf der Plattform X mit, ohne einer Partei konkret die Schuld dafür zu geben.

Die WHO hatte zuvor aber Israels Armee vorgeworfen, in Einrichtungen der Organisation in Deir al-Balah eingedrungen und dort etwa Mitarbeiter festgenommen zu haben. Israels Armee sagte, sie seien “der Beteiligung am Terrorismus verdächtigt” gewesen. Die meisten seien nach Vernehmungen vor Ort wieder freigelassen worden.

Israels Armee äußerte sich auf Anfrage zunächst nicht zu den neuen Vorwürfen der “systematischen Zerstörung von Gesundheitseinrichtungen”. In der Vergangenheit hatte sie betont, sie unternehme große Anstrengungen, um den Schaden für zivile Gebäude zu begrenzen.

Aufnahmen soll stark beschädigtes Lager zeigen

Die WHO veröffentlichte auch Aufnahmen, die das stark beschädigte Lager zeigen sollen. Der Angriff habe Explosionen und einen Brand im Inneren verursacht. Berichte über Opfer gab es bei dem Vorfall nicht. Das israelische Militär war jüngst in den Südwesten von Deir al-Balah eingerückt, um dort eigenen Angaben nach die Hamas und andere Terrororganisationen zu bekämpfen.

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