Antrag von Lega Salvini Alto Adige Südtirol angenommen

Zuweisung von Wobi-Wohnungen an getrennte oder geschiedene Elternteile

Freitag, 10. März 2023 | 13:24 Uhr

Bozen – Heute Morgen wurde im Plenum die gestern Nachmittag begonnene Diskussion zum Beschlussantrag Nr. 688/23 Zuweisung von Wobi-Wohnungen an getrennte oder geschiedene Elternteile in prekären Wohnverhältnissen (eingebracht vom Abg. Bessone am 20.02.2023; Änderungsanträge vom 07.03.2023 und 09.03.2023) fortgesetzt: Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. im Rahmen der Durchführungsverordnungen zum Landesgesetz Nr. 5/2022 „Öffentlicher und sozialer Wohnbau“ zu prüfen, inwiefern dem Elternteil mit unterhaltsberechtigten, minderjährigen Kindern, der eine Sozialwohnung beantragt und nach einem Trennungs- oder Scheidungsurteil oder nach einem gerichtlichen Trennungs- oder Scheidungsdekret, in dem das gemeinsame Sorgerecht oder das gemeinsame Sorgerecht mit gleichberechtigter Aufenthaltsbestimmung verfügt wird, die eheliche Wohnung verlassen muss, zusätzliche Punkte für den Wohnungsverlust zuerkannt werden, auch wenn die Kinder vorwiegend bei dem anderen Elternteil wohnen; 2. die getrennten oder geschiedenen Elternteile, die infolge eines Gerichtsurteils oder eines Gerichtsdekrets, in dem das gemeinsame Sorgerecht oder das gemeinsame Sorgerecht mit gleichberechtigter Aufenthaltsbestimmung verfügt wird, aus der Ehe- oder Familienwohnung ausziehen mussten und sich in einer sozialen Notlage befinden, die durch eine prekäre Wohnsituation sowie durch finanzielle Schwierigkeiten noch weiter verschärft wird, insbesondere im Rahmen der Maßnahmen der finanziellen Sozialhilfe zu unterstützen.

Brigitte Foppa (Grüne) erklärte an Bessone gewandt, dass sie, als sie diesen Antrag gesehen habe, den paradoxesten Moment ihrer Zeit im Landtag erlebt habe: Seit über einem Jahr spreche man über die Reform des Wobi, zwei Gesetze und vier Durchführungsverordnungen seien im GGA behandelt worden – alles Momente, in denen er hätte intervenieren können. Doch statt sich an seine Kollegin Deeg zu wenden, habe er einen Antrag ins Plenum gebracht. Sie fände das gravierend, er versuche, den Landtag zu benutzen, um auf dem Rücken der Kinder und Väter, die ihm angeblich am Herzen lägen, Werbung für sich selbst zu machen. Über das Thema des Antrages könne man indes sprechen. Doch der gewählte Weg sei ein unwürdiger für ein Mitglied der Mehrheit und der Landesregierung.

Maria Elisabeth Rieder (Team K) sagte, sie wolle sich den Kommentaren so nicht anschließen, sondern inhaltlich darauf eingehen. Bereits die Kollegin Mair habe gesagt, dass der Antrag von LR Waltraud Deeg geschrieben worden sei. Man müsse darüber reden, dass man die Zugangsvoraussetzungen für Wohnungs- und Mietbeiträge ändern müsse – jene, die sich um die Kinder kümmerten, müssten belohnt werden. Getan werde aber das Gegenteil. Bei getrennten Frauen, die keinen Unterhalt von ihren ehemaligen Partnern erhielten, würden fakultative Beträge eingerechnet. Diejenigen, die eigene Verantwortung übernähmen, wie Väter, die Unterhalt zahlten und ihre Kinder betreuten, und dafür eine angemessene Wohnung benötigten, müssten Unterstützung erhalten. Das könne die Mehrheit jederzeit tun, es bedürfe dazu keines Antrags, der reiner Wahlkampf und reine Spielerei innerhalb der Regierung sei. Dies würde ausgetragen auf dem Rücken jener, die es sonst im Leben schwer hätten.

Es sei, so Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung), das Vorrecht eines jeden, Vorschläge zu machen, aber es sei zu kritisieren, einen institutionellen Dienst für Werbung zu nutzen. Erforderlich seien Verantwortungsbewusstsein und Effizienz: Über den Inhalt seien sich alle einig, aber es hätte gereicht, diesen innerhalb der Landesregierung zu behandeln. Dazu sei der Antragsteller durch einen von der Landesrätin verfassten Änderungsantrag gedemütigt worden.

Er wolle dem Kollegen Bessone Solidarität aussprechen, so Marco Galateo (Fratelli d’Italia), denn es scheine fast so, als habe ihn die Mehrheit ausgeschlossen, als habe er von der Regierungsbank auf die Seite der Abgeordneten wechseln müssen und dann sei sein Text auch noch von der Landesrätin geändert worden. Drei Tage bevor der Antrag eingereicht worden sei, habe er einen zum selben Thema eingereicht, und deshalb angefragt, ob es möglich wäre, die beiden gemeinsam zu behandeln – auch in der Annahme, dass man sich in der Mehrheit über den Antrag Bessones einig sei. Doch dann habe er festgestellt, dass dem nicht so sei. Er werde dem Antrag aber zustimmen, denn das Thema sei ein sehr wichtiges – Eltern, meist Väter, die nach der Trennung von zu Hause ausziehen müssen und keine geeignete Unterkunft finden und deshalb im Auto schliefen. Es sei bedauerlich, dass die Landesregierung es bei zwei Gelegenheiten – dem Wobi-Gesetz und dem Wohnbauförderungsgesetz – nicht geschafft habe, eine Lösung für dieses Problem zu finden.

Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) bemerkte, wenn man über diese Problematik spreche, müsse man dem Ganzen auch ein Gesicht geben – und brachte das Beispiel eines Vaters aus dem Eisacktal. In diesem Entwurf sei nicht berücksichtigt, dass der Vater eine größere Wohnung erhalten solle, damit die Kinder, wenn sie zu Besuch kamen, auch einen Schlafplatz hätten. Es sei nicht nur eine Person, die in einer solchen Wohnung lebe, sondern ein Vater mit zwei Kindern. Dem Vater aus dem Beispiel sei gesagt worden, dass dies nicht berücksichtigt werde. Es sei eine Frage, wie man Elternsein leben könne, die Leidtragenden dürften nicht die Kinder sein. Wenn jemand einen normalen Job habe: Wo komme dann die Wohnung her, wenn man Unterhalt zahlen müsse?

In der Gemeinde Bozen, erinnerte Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten), würde über dieses Thema ständig gesprochen, es seien getrennten Elternteilen auch Wohnungen zur Verfügung gestellt worden. Die Situation müsse anhand des Landesgesetzes 7/22 angegangen werden, das erst kürzlich vom Landtag angenommen worden ist. Es könnte dazu eine Gesetzesänderung per Omnibus vorgelegt werden, wie es Landtagspräsidentin Mattei beim Gesetz über die GIS bei Erbschaften getan habe. Bessone habe sich mit seinem Vorgehen nur selbst herabgewürdigt. Die Volkspartei wäre glücklich damit, mit der Lega weitermachen zu können, die ihre eigene Funktion innerhalb der Landesregierung nicht verstehe. Das, was Landesrat Bessone in seinem Antrag geschrieben habe, entspreche dem gesunden Menschenverstand, deshalb könne man nicht nicht zustimmen.

Paul Köllensperger (Team K) sagte, es gebe medial und bei den Kollegen sehr viel Aufsehen um diesen Antrag des Regierungsmitglieds Bessone, der mit einem Beschlussantrag die schwächste Möglichkeit gewählt habe. Doch es habe zuletzt auch andere ähnliche Beispiele gegeben. Das spreche für den Zustand der Landesregierung. Es wäre interessant gewesen, das Wahlverhalten von LR Waltraud Deeg zum ursprünglichen Antrag Bessones zu sehen – für ihn sei dieser besser gewesen als der durch die Landesrätin geänderte. Nachdem Bessone das schwächste Instrument für sein Anliegen gewählt habe, werde nichts passieren, das wisse die Opposition sehr gut.

Gerhard Lanz (SVP) zeigte sich verwundert darüber, dass über die Form geredet werde. Als er die die Opposition diese Woche gebeten habe, einen wichtigen Artikel in ein Gesetz aufzunehmen, sei die Antwort gewesen: Ihr kommt uns nie entgegen. Aufgabe des Landtags sei es, die Vorschläge, die gemacht würden, zu diskutieren, egal, in welcher Form.

Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) stellte klar, dass niemand den Kollegen Lanz gezwungen habe, etwas zurückzuziehen, niemand habe ihn zu einem Kuhhandel gezwungen. Man habe weitere Aspekte einbauen wollen.

Gerhard Lanz (SVP) entgegnete, die Frage sei gewesen, was mit Leuten mit Behinderung gemacht werden solle, die GIS zahlten. Die Antwort sei gewesen, was man mit jenen machen solle, die eine zweite Wohnung haben.

Paul Köllensperger (Team K) erklärte, es sei nicht um inhaltliche Aspekte gegangen. Die Frage sei gewesen, ob sich die SVP an die Geschäftsordnung halten müsse. Die Opposition habe Ausnahmen öfter zugestimmt, dieses Mal nicht.

Carlo Vettori (Forza Italia Alto Adige Südtirol) kündigte an, dem Antrag nicht zuzustimmen, da die ursprüngliche Version, getrennte und geschiedene Elternteile zu unterstützen, ihre Situation anzuerkennen und sie in die Wobi-Ranglisten aufzunehmen, durch den zweiten Änderungsantrag zunichte gemacht worden sei. Als Mitglied der Mehrheit erinnere ihn das daran, wie man Vorschläge der Opposition verwässere. Angesichts dessen, was in dieser Legislaturperiode gemacht worden sei, sei der Vorschlag in seiner jetzigen Form eher lächerlich. Und im Vorfeld der Wahlen von der Opposition belächelt zu werden, sei nicht annehmbar. Er riet dem Einbringer, den Antrag zurückzuziehen und das Thema bei der nächsten Sitzung der Landesregierung vorzubringen – dort könne das Problem in kürzester Zeit gelöst werden.

LR Waltraud Deeg sagte, sie sei überrascht gewesen. Der Kollege Galateo habe ein Bild gezeichnet, das nicht stimme. Es gehe darum, welches Bild man heute aus dem Landtag hinaustrage. Es brauche mehr leistbaren Wohnraum für Familien und Menschen in schwierigen ökonomischen Situationen. Man blicke oft nach Wien, wo 43 Prozent des Wohnraums im öffentlichen Bereich lägen. Es sei keine Frage, dass Eltern, die in schwierigen Trennungs- und Scheidungssituationen lebten, Unterstützung benötigten. Es gelte in diesen Fällen, die Kinder zu schützen – nicht die Eltern. Was man hier gemeinsam wolle – und deshalb werde man den Beschlussantrag des Kollegen Bessone auch annehmen – den Menschen in schwierigen Situationen den Vorrang geben. Dazu sei die Analyse des Einkommens grundlegend. Derzeit sei es so, dass per Gesetz ein Kind nur einen Wohnsitz haben könne; es wäre auf staatlicher Ebene zu diskutieren, ob Kinder in Trennungssituationen zwei Wohndomizile haben dürften. Sozialleistungen seien derzeit an den Wohnsitz gebunden. Es brauche eine Lösung, die dieser Situation Rechnung trage, aber nicht Tür und Tor öffne für Missbrauch. Eine Möglichkeit wäre es, Wobi-Wohnungen an Vereine wie Frauen helfen Frauen oder Männerinitiative Pustertal zuzuweisen. Derzeit würde sehr viel Wohnraum nach Quadratmetern zugewiesen werden, aber nicht nach Zimmern – das sei eine Schwierigkeit, bei der es Optimierungspotenzial gebe.

Massimo Bessone (Lega Salvini Alto Adige Südtirol) dankte den Kollegen, die über das Problem per se gesprochen hätten. Den Kollegen Galateo wolle er darauf hinweisen, dass er – Bessone – seinen Antrag vor jenem von Galateo eingereicht habe. Er wolle auch klarstellen, dass er ein hervorragendes Verhältnis mit den Mitgliedern der Landesregierung habe. Er habe diesen Antrag eingebracht, weil Verbände an ihn herangetreten seien. Die Haltung Vettoris scheine ihm von Neid diktiert zu sein. Es sei üblich, Änderungsanträge mit den Landesräten zu vereinbaren, er habe sie den Verbänden vorgelegt, die zugestimmt hätten. Er habe in der Vergangenheit auch schon zahlreiche Anträge gesehen, die Landesräte unterzeichnet hätten – ob als Erst- oder Dritteinbringer sei einerlei. Tatsache sei: Er hätte seinen Vorschlag auch in die Landesregierung bringen können, doch wesentlich sei, dass das Thema Sichtbarkeit erhalte. Jeder solle seine Verantwortung übernehmen – deshalb beantrage er eine namentliche Abstimmung.

Der Beschlussantrag wurde mit 24 Ja und vier Enthaltungen angenommen.

Die März-Sitzung des Landtags wurde von Präsidentin Rita Mattei anschließend für geschlossen erklärt. Die nächste Sitzungsfolge findet vom 11. bis 14. April statt.

Von: luk

Bezirk: Bozen