Rakete traf Klinik in Beersheba

Zwei Drittel der Raketenabschussrampen des Iran zerstört

Donnerstag, 19. Juni 2025 | 16:57 Uhr

Von: APA/dpa/AFP/Reuters

Israel hat nach eigenen Angaben rund zwei Drittel der iranischen Raketen-Abschussrampen zerstört. Der Iran verfüge aber immer noch über 100 weitere Abschussanlagen, so ein Sprecher des israelischen Militärs am Donnerstag. Bei jüngsten iranischen Raketenangriffen war zuvor nach Angaben Israels unter anderem ein Spital in Beersheba im Süden des Landes getroffen worden. Mindestens 65 Menschen wurden am Donnerstag laut Rettungsdiensten bei iranischen Attacken insgesamt verletzt.

Mehr als 30 allein bei dem Spital. Israels Militär wiederum nahm nach eigenen Angaben in der Nacht erneut Atomanlagen im Iran ins Visier. Es habe sich dabei um einen Atomreaktor nahe Arak und einen Standort bei Natanz gehandelt. Aber auch Anlagen in Bushehr und Isfahan und Natanz wurden ins Visier genommen. Bei Bushehr handelt es sich um das einzige in Betrieb befindliche Atomkraftwerk des Iran. Es liegt an der Küste des Persischen Golfs.

Die Internationale Atomenergie-Agentur (IAEA) bestätigt zudem, dass israelische Angriffe den iranischen Schwerwasserforschungsreaktor Khandab getroffen haben. Es gebe jedoch keine radiologischen Strahlungen, weil der Reaktor nicht in Betrieb gewesen sei und kein Kernmaterial enthalten habe, erklärt die UNO-Behörde auf der Online-Plattform X.

Empörung in Israel nach Treffer in Krankenhaus

Zunächst hatte das israelische Außenministerium einen “direkten Einschlag” im Soroka-Krankenhaus gemeldet. Ein Krankenhaus-Sprecher erklärte, der Angriff habe “in mehreren Bereichen schwere Schäden verursacht”. In dem Krankenhaus werden unter anderem viele beim israelischen Militäreinsatz im Gazastreifen verwundete Soldaten behandelt.

Die israelische Regierung verurteilte den Angriff. Die Führung in Teheran werde einen “hohen Preis” dafür zahlen, schrieb Regierungschef Benjamin Netanyahu auf X. Verteidigungsminister Israel Katz erklärte in Reaktion, dass das geistliche und politische Oberhaupt des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, nicht “weiter existieren” dürfe. Khamenei “betrachtet die Zerstörung Israels als sein Ziel”, sagte Katz: “Ein solcher Mann darf nicht weiter existieren.”

Auch in den nahe Tel Aviv gelegenen Städten Ramat Gan und Holon wurden Gebäude durch iranische Raketen beschädigt. Nachdem es Berichte über Raketentreffer in Ramat Gan nahe der österreichischen Botschaft in Tel Aviv gab, ließ das Außenministerium in Wien wissen: “Die Österreichische Botschaft Tel Aviv ist nicht betroffen.” In der niederländischen Botschaft zerbarst im Gegensatz dazu ein Fenster, wie das Außenministerium in Den Haag mitteilte. Botschaftspersonal sei dabei nicht zu Schaden gekommen.

Luftalarm über Israel

In mehreren Teilen Israels war Donnerstag früh Luftalarm ausgelöst worden, nachdem der Iran einen neuen Raketenangriff auf Israel gestartet hatte. Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichteten von Explosionen, die in Tel Aviv und Jerusalem zu hören waren. Rettungskräfte meldeten einen Einschlag in der Nähe von Wohngebäuden in der Region Tel Aviv. Dort sei aber niemand verletzt worden. Nach Angaben der israelischen Armee feuerte der Iran “Dutzende ballistische Raketen” ab. Die Bevölkerung wurde aufgerufen, sich in Schutzräume zu begeben, konnte diese aber später wieder verlassen.

Am Nachmittag feuerte der Iran nach israelischen Militärangaben erneut Raketen auf Israel ab. Nach Angaben des Zivilschutzes heulten im Norden des Landes, unter anderem in der Hafenstadt Haifa, die Warnsirenen. Der TV-Sender Kan berichtete von mehr als zehn abgefeuerten Raketen. Der israelische Rettungsdienst Magen David Adom teilte mit, es gebe zunächst keine Informationen zu Verletzten oder Einschlägen. Der Iran hatte schon bei früheren Angreifen auf Haifa gezielt und dabei auch eine Raffinerie getroffen. Dabei waren auch drei Mitarbeiter getötet worden.

Israel hatte am Freitag Großangriff auf den Iran gestartet

Israel hatte am vergangenen Freitag einen Großangriff auf den Iran gestartet, unter anderem Atomanlagen und militärische Einrichtungen des Landes bombardiert und zahlreiche ranghohe Militärs getötet. Erklärtes Ziel Israels ist die Zerstörung des iranischen Atomprogramms. Der Iran reagierte mit Vergeltungsangriffen und attackiert Israel seitdem mit Raketen und Drohnen.

Wieder Atomanlagen im Visier Israels

Zum Angriffs Israels auf einen Schwerwasserreaktor nahe Arak im Iran berichtete der israelische Armeesender, der Angriff sei nach einer Warnung des Militärsprechers in persischer Sprache erfolgt. Die israelische Armee hatte alle Menschen in Arak und Khandab dazu aufgerufen, sich in Sicherheit zu bringen. Khandab liegt westlich, der Reaktor bei Arak südwestlich der iranischen Hauptstadt Teheran. Israel wirft dem Iran vor, den Bau einer Atombombe anzustreben und sieht sich von der Islamischen Republik in seiner Existenz bedroht.

Die iranische Atombehörde berichtete laut dem regierungsnahen Webportal “Iran Nuances” von einem Angriff auf einen Forschungsreaktor und einen Schwerwasserkomplex. Es gebe aber keine Opfer und es bestehe keine Gefahr für die Bevölkerung. Man habe den Vorfall der in Wien ansässigen Internationalen Atomenergie-Agentur gemeldet. Schweres Wasser hilft bei der Kühlung von Kernreaktoren, erzeugt aber als Nebenprodukt Plutonium, das potenziell auch für Kernwaffen verwendet werden kann.

Die israelische Armee sprach in Sachen Arak von einem “stillgelegten Atomreaktor”. Insgesamt seien in der Nacht im Iran mit 40 Kampfjets “Dutzende militärische Ziele” angegriffen worden. Dabei seien mehr als 100 präzisionsgelenkte Munitionen eingesetzt worden. Im Rahmen von Bemühungen, den Iran an der Entwicklung von Atomwaffen zu hindern, sei auch der Atomreaktor in der Region Arak angegriffen worden – “einschließlich der Dichtung des Reaktorkerns, einem zentralen Element bei der Plutoniumproduktion”. Der Bau des Reaktors habe 1997 begonnen, sei jedoch aufgrund des Eingreifens der internationalen Gemeinschaft nicht vollendet worden.

Mehrere Produktionsstätten für Rüstungsgüter angegriffen

“Ursprünglich war der Reaktor zur Herstellung von waffenfähigem Plutonium vorgesehen, das für die Entwicklung von Atomwaffen genutzt werden kann”, hieß es weiter in der Mitteilung der Armee. “In den letzten Jahren hatte das iranische Regime laut verschiedenen Abkommen mit dessen Umbau zur Produktion von niedrig angereichertem Plutonium begonnen, das sich nicht zur Waffenherstellung eignet.”

Der Angriff habe sich gezielt gegen die Komponente zur Plutoniumproduktion gerichtet, “um eine Wiederherstellung des Reaktors und dessen Nutzung zur Waffenentwicklung zu verhindern”. Die Luftwaffe habe außerdem eine Einrichtung zur Entwicklung von Atomwaffen im Bereich von Natanz und Produktionsstätten für Rüstungsgüter angegriffen. Auch Flugabwehrstellungen, Lager für Boden-Boden-Raketen, Radar- und Ortungssysteme seien attackiert worden. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.

Nach dem Angriff auf das AKW Bushehr ließ Russland wissen, dieses funktioniere normal. Es seien keine Sicherheitsrisiken zu erkennen, teilte die russische Botschaft im Iran in einer Stellungnahme mit. Bushehr wird mit russischem Brennstoff betrieben, den Russland nach seiner Verwendung zurückholt, um das Risiko der Verbreitung von Kernwaffen zu verringern.

Später gab es Verwirrung um den Angriff auf Bushehr: Ein Vertreter des israelischen Militärs erklärte, ein Militärsprecher habe “einen Fehler” gemacht, als er einen Angriff auf das AKW mitgeteilt habe. Der offizielle Militärvertreter bestätigte nunmehr lediglich Angriffe auf die Anlagen in Natanz, Isfahan und Arak. Auf Nachfrage zu Bushehr sagt er, er könne weder bestätigen noch dementieren, dass Israel den Standort, an dem der Iran einen Reaktor unterhält, angegriffen habe.

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