Der Zweitplatzierte

Bozen – Nachdem Jannik Sinner bei den Australian Open seinen ersten Major-Titel geholt hat, ist er der gefeierte Star und wird nicht nur von seinen Fans, sondern auch von der Presse umjubelt – verdientermaßen. Doch wie steht es eigentlich um den Zweiplatzierten?

Daniil Medvedev ist derzeit die Nummer drei auf der Weltrangliste im Tennis. Er stammt aus Russland und nimmt an offiziellen Turnieren ohne die Flagge seines Landes teil. Dies ist eine Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Der Internationale Tennisverband (ITF) hat im März 2022 die Absage aller Turniere in Russland und Weißrussland und die Aussetzung beider Nationalmannschaften von allen Teamwettbewerben angekündigt. ATP und WTA legten gleichzeitig fest, dass Athleten aus Russland und Weißrussland weiterhin an allen organisierten Turnieren teilnehmen können, aber ohne Flagge.

Der 27-Jährige hat sich mehrmals gegen die russische Invasion der Ukraine ausgesprochen und seine Solidarität mit dem ukrainischen Volk bekundet. Im vergangenen Mai sagte er in einem Interview: „In Bezug auf die Kriegssituation habe ich es viele, viele Male gesagt: Niemand auf dieser Welt, einschließlich russischer oder weißrussischer Athleten, unterstützt den Krieg. Niemand. Wie können wir den Krieg unterstützen? Wenn unsere Worte den Krieg stoppen könnten, würden wir es tun. Aber leider liegt es nicht in unseren Händen. Meine Botschaft ist, den Menschen Freude zu bereiten, indem ich mein bestes Tennis zeige.“

Nachdem er 2022 unter einem leichten Leistungsabschwung gelitten hatte, erholte er sich im vergangenen Jahr und gewann etwa die Masters in Miami und Rom. Auf den Sieg von Sinner in Melbourne reagierte er mit charakterlicher Größe und gratulierte dem Südtiroler.

Bei der Bevölkerung in Russland genießt Medvedev hohes Ansehen. Der Sport reißt uns aus dem Alltag und lädt uns emotional auf – besonders, wenn wir uns über den Triumph unserer „Helden“ freuen. Es wirkt fast wie Schicksal: Vielen Russen ist bei den Australian Open nun auch dieses Glücksgefühl verwehrt worden. Irgendwie macht das traurig.

Von: mk