Von: APA/dpa
Deutschland feiert seine Fußballerinnen um Elfmeter-Heldin Ann-Katrin Berger. Mit nicht zu überbietendem Kampfgeist machte die DFB-Auswahl im EM-Viertelfinale gegen Frankreich eine frühe Unterzahl wett und setzte sich nach packenden 120 Minuten (1:1) im Elfmeterschießen mit 6:5 durch. Torhüterin Berger wurde mit einem verwandelten und zwei gehaltenen Elfmetern zur finalen Matchwinnerin. Nun wartet am Mittwoch (21.00 Uhr) Weltmeister Spanien.
Eine Woche nach dem 1:4 gegen Schweden und vielen Zweifeln gaben die deutschen Frauen die richtige Antwort. “Geisteskrank, wirklich”, sagte Kapitänin Janina Minge. “Wir sind so ein unfassbar geiles Team”, meinte Sjoeke Nüsken mit Tränen in den Augen. “Ich habe uns noch nie so laufen sehen”, erklärte Klara Bühl nach dem Happy End. Davor war den 34.000 Fans in Basel Drama pur geboten worden.
Die Deutschen ließen sich vom frühen Ausschluss von Kathrin Hendrich (13.), die ihre Gegenspielerin im Strafraum an den Haaren zog, und Rückstand durch den folgenden Elfmeter von Grace Geyoro (15.) nicht brechen und machten mit enormer Laufbereitschaft die fast zweistündige Unterzahl wett. Nüsken glich rasch aus (25.), vergab später einen Elfmeter (69.), traf aber im Elferschießen. Auf der anderen Seite kam zweimal ein französischer Torjubel zu früh, weil der VAR eine knappe und eine indirekte Abseitsentscheidung erkannte. Sonst fiel den Französinnen, die noch keinen großen Titel haben, nicht viel ein.
Lob für Berger: “Krass, unglaublich, Weltklasse”
Schließlich wurde Berger zur Heldin, die sie nicht sein will. “Ich bin unfassbar stolz auf die Mannschaft. Ich habe einfach nur meinen Teil dazu beigetragen, das sage ich immer. Aber die Mannschaft hat die ganze Arbeit gemacht”, sagte die Torhüterin. Von ihren Mitspielerinnen wurde sie mit Lob überschüttet. “Krass, unglaublich, Weltklasse. Sie hat heute wieder gezeigt, wie unfassbar sie ist. Was für eine Persönlichkeit”, meinte Bühl. “Anne ist überragend. Wir können uns auf sie verlassen, beim Elfmeterschießen noch mehr. Mega, wirklich”, sagte Minge.
Die Schwäbin war zweimal an Schilddrüsenkrebs erkrankt, kämpfte sich jedes Mal wieder zurück in den Leistungssport – und ist stärker denn je. “Ihr Lebensweg hat sie, glaube ich, dahin gebracht, so ruhig kritische Situationen zu bewältigen. Und diese Ruhe und Sicherheit, die sie ausstrahlt, ist für das Teamgefüge unheimlich wichtig”, urteilte Teamchef Christian Wück, dessen Team beim Turnier in der Schweiz Nervenstärke vom Punkt zeigt. Während von insgesamt 41 Elfmetern nur 24 zu einem Tor führten, haben die Deutschen sieben von neun verwertet. “Wir haben ihnen zwei, drei psychologische Tricks gesagt, wo wir Wert drauflegen, wo wir überzeugt sind, dass die uns helfen”, erklärte Wück.
Deutschland will den neunten EM-Titel
Nach der Willensleistung lebt der Glaube an den neunten EM-Titel mehr denn je. “Jetzt muss jeder vor uns Angst haben”, sagte Berger. “Wir wollen jetzt das Ding nach Hause holen. Wir haben gezeigt, was wir drauf haben”, meinte Nüsken.
Dafür heißt es schnell regenerieren. “Ich glaube, wir brauchen jetzt drei Tage Eistonne und Erholung und dann schauen wir, ob wir noch elf Spielerinnen gegen Spanien aufstellen können”, sagte ein völlig aufgewühlter Wück, der vor einigen personellen Fragen steht. Am Mittwoch fehlt neben Verteidigerin Hendrich auch Mittelfeldspielerin Nüsken wegen einer zweiten Gelben Karte und möglicherweise auch die verletzt ausgewechselte Außenverteidigerin Sarai Linder. Die etatmäßige Kapitänin Giulia Gwinn (Innenbandverletzung) fehlt ohnehin. Dafür ist Gwinns nomineller Ersatz, Rechtsverteidigerin Carlotta Wamser, nach abgelaufener Sperre wieder einsatzfähig.
Frankreich Frauen müssen dagegen weiter auf einen großen Erfolg warten, weil sie aus der Überzahl kein Kapital schlagen konnten. “Deutschland war heldenhaft. Wir müssen vor dieser deutschen Mannschaft den Hut ziehen”, erklärte Teamchef Laurent Bonadei. Seine Spielerinnen ließen ihrem Frust freien Lauf und sprachen von einem unverdienten Sieg der Deutschen. “Sie haben nichts geboten, sie haben gut verteidigt, sie waren aggressiv, aber wir haben sie von A bis Z dominiert. Sie sind qualifiziert. Es tut mir leid, das sagen zu müssen, aber nicht einmal verdient”, sagte die Verteidigerin Selma Bacha.
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