Von: apa
Der Rücken zwickt, für Überflieger Stefan Kraft gibt es vor der Vierschanzentournee trotzdem nur ein Ziel. Bei der 72. Auflage des Schanzenspektakels soll die neunjährige Durststrecke der ÖSV-Adler ohne Tourneesieg endlich enden, mit dem Salzburger haben die rot-weiß-roten Skispringer den Topfavoriten in ihren Reihen. Kraft dominierte den Weltcup bisher mit fünf Siegen in acht Bewerben und reist daher mit viel Selbstvertrauen zum Auftakt nach Oberstdorf kurz nach Weihnachten.
Im Allgäu geht es am 28. Dezember mit der Qualifikation für das Auftaktspringen tags darauf los, spätestens dann sollen Krafts Rückenprobleme keine Kopfschmerzen mehr verursachen. “Wir arbeiten fest daran, dass es besser wird. Wegzaubern wird schwierig sein, aber ich bin bei diversen Spezialisten sehr gut betreut worden”, sagte der Pongauer der APA – Austria Presse Agentur. Der überlegene Gesamtweltcupführende kämpft derzeit mit muskulären Problemen, die sich erstmals zwei Wochen vor dem Weltcupstart bemerkbar machten.
“Es zwickt und sticht ein bisschen. Man merkt, dass ich nicht mehr der Jüngste bin”, sagte der 30-Jährige und lachte. Fünf Siege und zwei weitere Podestplätze seien aber eine gute Ablenkung gewesen. In den Tagen vor Weihnachten konzentrierte sich Kraft auf therapeutische Maßnahmen, ließ sich gründlich durchchecken und verzichtete auf Trainingseinheiten auf der Schanze. Vor einigen Jahren hatte der Weltrekordhalter bereits mit Rückenschmerzen zu kämpfen, dieses Mal sei die Problematik aber neu und etwas weiter oben zu verorten.
Dennoch ist Kraft zuversichtlich, ein Wörtchen um den “Goldenen Adler” mitreden zu können. “Die Saison war bis jetzt ein Traum und da gehe ich gerne als einer der Topfavoriten in die Tournee”, betonte Kraft. Er müsse anders als in den Jahren zuvor nicht zaubern oder die nötigen Meter suchen. “Ich bin gerne in dieser Situation.” Acht solide Sprünge gilt es auf der Schattenbergschanze in Oberstdorf, beim Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen sowie vor heimischer Kulisse am Bergisel in Innsbruck (3.1.) und beim Dreikönigsspringen in Bischofshofen (6.1.) abzuliefern.
Selten waren die Vorzeichen für die Schützlinge von ÖSV-Cheftrainer Andreas Widhölzl in der jüngeren Vergangenheit besser als in diesem Winter. Aber: “Es ist sehr schwer, die Tournee zu gewinnen”, sagte Kraft, 2014/15 der bisher letzte österreichische Tourneesieger. “Es wäre ein Traum, aber da muss alles zusammenpassen.” Bei der Generalprobe in Engelberg triumphierte der Ex-Weltmeister vor dem Salzburger Jan Hörl, der im laufenden Winter schon drei Mal aufs Podium sprang und derzeit Fünfter im Gesamtweltcup ist.
Nach dem starken Saisonstart ist Widhölzl positiv gestimmt, der Tourneesieger von 1999/2000 mahnte aber auch zur Vorsicht. “Die Tournee hat ihre eigenen Gesetze. Wir gehen mit einem guten Gefühl rein und werden alles dafür geben”, sagte der Coach. Neben Kraft und Hörl haben auch schon Daniel Tschofenig, Michael Hayböck und Manuel Fettner bewiesen, dass sie ganz vorne mitspringen können. Das sechsköpfige Aufgebot komplettiert Clemens Aigner.
Neben den ÖSV-Adlern dürfen sich auch die deutschen Skispringer um Andreas Wellinger, Pius Paschke und Karl Geiger nach starken Leistungen auf die Tournee freuen. Die vom Tiroler Stefan Horngacher betreuten DSV-Athleten stellen mit Geiger (2) und Paschke die weiteren Saisonsieger. Auch der Japaner Ryoyu Kobayashi und der Slowene Anze Lanisek zählen zum Favoritenkreis. Vorjahressieger Halvor Egner Granerud springt seiner Form hingegen hinterher, der Norweger liegt im Gesamt-Ranking nur auf Platz 13.
In der Woche vor Weihnachten legten die Österreicher noch zwei Trainingstage am Bergisel in Innsbruck ein, um an den letzten Feinheiten zu feilen. Nach den Weihnachtsfeiertagen geht es Richtung Oberstdorf, dort, wo Kraft sich 2021 zum Weltmeister auf der Großschanze krönte und 2014 sowie 2016 seine bisher einzigen beiden Tournee-Tagessiege feierte. Vom Christkind wünschte sich der rot-weiß-rote Hoffnungsträger vor allem eine Sache: “Ruhe. Und gutes Essen.” Dafür ist mit Rindsstroganoff mit Spätzle und Blaukraut an Heiligabend sowie Schweinsbraten von der Oma tags darauf jedenfalls gesorgt.