Von: bba
Bozen – “Südtirols Berglandwirtschaft im (Klima)wandel”, diesem Thema widmete sich die 14. Auflage der Südtiroler Berglandwirtschaftstagung heute in einer Online-Veranstaltung. In Summe nutzten knapp 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Möglichkeit, sich über dieses wichtige Thema zu informieren.
In seinen Eröffnungsworten wies BRING-Obmann Daniel Gasser darauf hin, Wetterextreme zunehmen, sei es bezüglich Starkregen als auch in punkto Trockenheit. Die Landwirtschaft ist auf Wasser angewiesen und Bewässerung ein möglicher Weg, das Risiko für Ernteausfülle zu mindern. Landwirtschaftslandesrat Arnold Schuler berichtete, dass die Landwirtschaft als Mitverursacher aber auch Leidtragender unmittelbar vom stattfindenden Klimawandel betroffen sei. Die gestiegenen Temperaturen der letzten Jahre haben durchaus positive Auswirkungen auf manche Bereiche der Landwirtschaft. Andererseits ist gerade die Land- und Forstwirtschaft von Unwetterereignissen besonders stark betroffen und daher ist ein ausgereiftes und breites Risikomanagement umso wichtiger.
Der Klimawandel in Südtirol
Über den Klimawandel in COVID-19 Zeiten zu sprechen ist wichtig, erläuterte Marc Zebisch von der Eurac. COVID-19 zeige, wie verletzlich auch unsere moderne, wohlhabende, durchorganisierte und global vernetzte Gesellschaft gegenüber globalen Krisen ist. Dabei gibt es durchaus Bezug zur Berglandwirtschaft, vor allem deren Rolle für die krisenfeste Versorgung mit lokalen Produkten ist hervorzuheben. Die Bedeutung von lokalen Kreisläufen ist vielleicht eine der Lehren aus der COVID-19 Krise und auch eine der Lösungsansätze im Umgang mit der Klimakrise.
Auch Südtirol trägt durch Treibhausgasemissionen zum globalen Klimawandel bei, berichtete Zebisch. 44 Prozent davon verursacht der Verkehrssektor, 36 Prozent stammen aus der Erzeugung von Wärmeenergie, 18 Prozent aus der Landwirtschaft.
Extremereignisse, wie zum Beispiel 29 tropische Nächte mit Temperaturen über 20°C in Bozen im Sommer 2015. Andere Extremereignisse, wie der Sturm „Vaia“ im Herbst 2018 und die Dauerniederschläge mit Schneechaos im November 2019 sind nicht eindeutig dem Klimawandel zuzuordnen, erlauben aber einen Ausblick, mit was zukünftig in Südtirol verstärkt gerechnet werden muss. Milde, feuchte Winter mit mehr Regen als Schnee, heiße Sommer mit langen Trockenperioden aber auch potentiell mit heftigeren Starkniederschlägen, ein milder Herbst mit potentiell stärker werdenden großflächigen Niederschlagsereignissen und damit verbundenen Problem und ein später Wintereinbruch mit Schnee oft erst Ende Dezember / Anfang Januar. Ein Rückgang der Wasserverfügbarkeit im Sommer, zunehmender Risiken durch Starkniederschläge, Muren und Rutschungen, Steinschlag und Felssturz auf Grund auftauenden Permafrosts, Probleme für die Landwirtschaft durch Hitze, Trockenheit und neue Schädlinge, eine zurückgehende Schneesicherheit für den Wintertourismus sowie gesundheitliche Probleme durch Hitze und von Zecken oder Mücken übertragenen Krankheiten. Die Positionierung der europäischen Politik dazu ergänzte der Europaparlamentarier Herbert Dorfmann. Mit Hilfe des New Green Deals soll die Europäische Union bis 2050 klimaneutral werden. Der Nachhaltigkeit kommt in der Neuausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik eine zentrale Bedeutung zu. Die Land- und Forstwirtschaft ist als einziger Sektor Teil der Lösung, weil Pflanzen CO2 absorbieren. Weniger Emissionen, neue Techniken und humusschonende Bodenbearbeitung können ebenfalls dazu beitragen, dass weniger klimaschädliche Gase verursacht werden.
Herausforderungen und Anpassungsstrategien an den Klimawandel in der Milcherzeugung im Berggebiet
Der Klimawandel wird auch einen erheblichen Einfluss auf den Milchsektor haben. Die Auswirkungen werden sowohl direkt als auch indirekt sein. Einen Ausblick darauf gab Prof. Matthias Gauly von der Freien Universität Bozen.
Die Auswirkungen auf Milchproduktionssysteme können wie folgt kategorisiert werden:
1. die Verfügbarkeit und Qualität von Futter und Wasser
2. die Auswirkungen auf Gesundheit und Leistung und
3. die Auswirkungen auf Krankheiten und die Verbreitung von Vektoren.
Dies führe auf der Produktionsebene unter anderem zu einem Anstieg der Sterblichkeitsraten, insbesondere durch beeinträchtigte Immunreaktionen und die Ausbreitung von Infektionskrankheiten, zu verringerten Fruchtbarkeitsraten aufgrund von Veränderungen im endokrinen System, zu verringerter Futteraufnahme und Wachstumsraten sowie zu verringerten Milchmengen, insbesondere bei hochproduzierenden Milchkühen, und damit zu wirtschaftlichen Nachteilen Daher ist es wichtig Strategien zu etablieren, die die verfügbaren Werkzeuge aus Management, Ernährung, Gesundheit sowie Pflanzen- und Tierzucht umfassen, um die Folgen des Klimawandels zu bewältigen. Solche Strategien können zum Beispiel die Veränderung der botanischen Zusammensetzung des Grünlands, angepasste Futterrezepturen, die Aufnahme von Hitzetoleranz als funktionales Merkmal in die Zuchtprogramme, die Installation von Kühltechniken auf Stallebene oder erweiterte Gesundheitsprogramme umfassen.
„Grundsätzlich ist zu berücksichtigen, dass der Klimawandel einen äußerst heterogenen Charakter in Bezug auf Region, zeitliche Variabilität und Verteilung hat. Für Mitteleuropa wird erwartet, dass der Klimawandel insgesamt besser als in vielen anderen Regionen kompensiert werden kann, wodurch insgesamt eher wirtschaftliche Vor- als Nachteile entstehen“, so Prof. Gauly abschließend.
Die Dürreindexversicherung fürs Grünland stellte Manfred Pechlaner, Direktor des Hagelschutzkonsortiums vor. Das Konsortium ist ein Zusammenschluss aus landwirtschaftlichen Unternehmen mit 7.300 Mitgliedern und verfolgt das Ziel, den aktiven und passiven Schutz der landwirtschaftlichen Betriebe in Südtirol zu fördern. Eine Möglichkeit dazu bietet die Dürreindexversicherung fürs Grünland. Die Versicherung entschädigt Landwirte für den fehlenden Niederschlag, also für Trockenschäden und dies ohne Ertragserhebung durch einen Schätzungsbeauftragten. Eine Schadensauszahlung erfolgt dann, wenn der gemessene Niederschlag in der betreffenden Niederschlagszone den langjährigen Durchschnitt in einem bestimmten Prozentsatz unterschreitet und die Gesamtschadensschwelle von mindestens 30 Prozent je Betrieb und Produktionsgemeinde erreicht wird.
Bodenverbesserungskonsortium Rodeneck
In Rodeneck, am Anfang des Pustertals gelegen, wurde zum Zwecke der Bodenverbesserung im Jahre 1988 ein Bodenverbesserungskonsortium gegründet. Aufgrund der Trockenheit des Gemeindegebietes war es naheliegend, entsprechend in eine Bewässerung zu investieren. Obwohl nur kleine Gewässer durch die Gemeinde führen, gelingt es mittlerweile knapp 200 Hektar von den 42 Mitgliedern des Konsortiums zu bewässern. Einen Überblick über die Entwicklung des Konsortiums, die laufend getätigten Investitionen und die nunmehrige Funktionsweise der Bewässerungsanlage gab im Rahmen der Online-Tagung der Obmann Klaus Faller.