Von: lup
Schloss Tirol – Auf Schloss Tirol, dem Südtiroler Landesmuseum für Kultur- und Landesgeschichte wurde heute die neue Ausstellung über die Kulturleistungen des Bauernstandes „Bauern Power. Handwerk, List und Lebenskunst“ eröffnet. Sie erzählt von der Kultur und den Leistungen der Bauern und zeigt, wie diese Landschaft, Gebäude und Lebensweise prägten und sich früher selbst sahen.
Das Thema „Bauern“ umfasst viele Bereiche wie das Leben, Arbeit, Selbstversorgung, Erfindungen, Ernährung, Zeitplanung, Besitz, Freizeit, Humor und Glauben. Die Ausstellung präsentiert diese Vielfalt aus historischer Perspektive und verdeutlicht, wie anders das Leben früher war.
Der erste von insgesamt acht Bereichen befasst sich mit Mauern, die gebaut wurden, um auch steile Hänge landwirtschaftlich nutzen zu können. Viele alte Trockenmauern und spezielle Werkzeuge wie Steinschlitten und Keileisen zeugten von der mühsamen Arbeit, während alte Karten dokumentieren, wie das Land aufgeteilt war und wer welche Rechte hatte. Häufig gab es Streit um die Nutzung von Almen, Weiden und Wäldern.
Im zweiten Bereich geht es um den Bauernhof mit Stadel, Futter- und Feuerhaus, eine eigene kleine Welt. Nachgebaute Höfe im Sarntal, bei Bozen und in Algund zeigen, wie die Bauern früher wohnten und arbeiteten. Auch Grundrisse von Höfen aus der Zeit um 1940 geben Einblick in die Bauweise und Nutzung der Räume. Inventarlisten offenbaren, was die Bauern besaßen und wie ihr Alltag aussah.
Der dritte Bereich erzählt von den Werkzeugen, welche die Bauern verwendeten, wie Weidekörbe, Kraxen, Beile, Sägen und Scheren. Die Bauern mussten nicht nur Felder bestellen und Tiere halten, sondern auch Getreide, Milch, Holz und Wolle verarbeiten, Geräte und Möbel herstellen und reparieren, Gebäude bauen und Kleidung nähen oder flicken.
Es folgt das Thema Ernährung: Die Arbeit begann mit dem Pflügen des Bodens – denn ohne Saat kein Brot. Die Techniken und Werkzeuge dazu stammen zum Teil aus der Urzeit. Brot wurde in großen, runden Öfen mit offenem Feuer gebacken, meist aus Roggenmehl und Sauerteig. Weil das Backen aufwendig war, wurde oft nur wenige Male im Jahr gebacken. Das Brot wurde getrocknet und bei Bedarf zerkleinert und in Milch oder Suppe eingeweicht.
Eng damit verbunden ist der Bereich Zeitplanung: Die Ausstellung präsentiert mittelalterliche Kalender, welche die Arbeiten der Bauern im Jahresverlauf zeigen. Ab dem 16. Jahrhundert konnten Bauern gedruckte Kalender mit Bildern nutzen, um wichtige Tage wie Feiertage oder Markttage zu erkennen, da viele nicht lesen konnten. Die Frauen planten den Alltag, sorgten für die Tiere, kochten, nähten und kümmerten sich um die Kinder. All dies erforderte viel Organisation.
Weiter geht es mit den Themen Schriftkultur, Kunst und Toponomastik: Zu sehen ist eine Urkunde aus dem Jahr 1555 mit mehreren Hauszeichen, die für die Höfe standen und den schreibunkundigen Bauern als Unterschrift dienten. Erst mit der Schulpflicht wurde Lesen und Schreiben für alle üblich. In der Kunst sind bäuerliche Arbeiten oft idealisiert dargestellt und zeigen typische Tätigkeiten wie das Ausbringen der Saat, das Eggen, das Arbeiten im Weinberg, die Kornernte und die Weinlese. Religiöse Bilder zeigen Bauern bei der Verkündigung der Geburt Christi oder warnen vor Sonntagsarbeit. Alte Flurnamen stammen oft von bäuerlichen Gebrauchsgegenständen, zum Beispiel „Muelder“ für Teigschüssel, „Trai“, „Traie“ oder „Truidn“ für das Treiben von Vieh auf alten Wegen oder „Kaser“ für Almhütte. Diese Namen erzählen viel über das Leben und die Umgebung der Bauern.
Als nächstes ein heiterer Bereich, die Bauernschläue: Humor und Witz halfen den Bauern, das harte Leben zu ertragen. Im 19. Jahrhundert wurde der „lustige Tiroler“ bekannt, mit markigen, oft doppeldeutigen Sprüchen. Spiel, Musik, Theater und Tanz gehörten zum Alltag.
Und abschließend die „Heilige Landschaft“: Heilige Zeichen finden sich an Geräten, an Haustüren oder in kleinen Hausaltären. Sie sollten Schutz bieten, etwa vor Blitz und Hagel. Wetterkreuze waren wichtige Schutzsymbole. Bauern stifteten auch Bildvotive aus Vertrauen. Dass den Bauern von der Obrigkeit zugleich auch die Hölle angedroht wurde, verdeutlicht die Rückseite des Flügelaltars aus St. Ägidius in Kortsch: Der sich mit der Garbe davonschleichende Bauer wird vom Teufel verfolgt; er hatte entweder die Abgaben nicht entrichtet oder am Sonntag gearbeitet.
Die Ausstellung findet im Rahmen des Euregio-Museumsjahrs „1525–2025 Museum.denk(t) weiter!“ über die deutschen Bauernkriege im Jahr 1525 statt und wurde heute vom Direktor des Landesmuseums Schloss Tirol Leo Andergassen und dem Kurator der Ausstellung Andreas Rauchegger vorgestellt. Sie ist bis 9. November zu sehen. Infos: Tel. 0473/220221, www.schlosstirol.it
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