Von: mk
Innsbruck – Während in Südtirol von der doppelten Staatsbürgerschaft oder gar von einer Rückkehr in die angestammte Heimat geträumt wird, verfolgt Innsbrucks Stadtverwaltung ganz andere Pläne. Sie will bis 2022 nahezu alle Südtiroler Siedlungen in Pradl und im Pradler Saggen, die als sozialer Wohnbau des Nationalsozialismus für die Südtiroler Umsiedler errichtet wurden, dem Erdboden gleichmachen und im Geiste der Profitmaximierung an deren Stelle über 500 neue Wohnungen entstehen lassen.
Jedes Jahr treffen sich die Gesamttiroler Heimatpfleger zu einer gemeinsamen Vorstandssitzung, um über aktuelle Probleme diesseits und jenseits des Brenner zu diskutieren. Heuer fand das Treffen in Innsbruck statt und es stand ganz in Zeichen der Südtiroler Siedlungen, die es laut Plänen der Tiroler Stadtverwaltung in dieser Form bald nicht mehr geben wird. Bis 2022 sollen nämlich Pradl und der Pradler Saggen ihr Gesicht verändern. Die in der NS-Zeit für die Errichtung der Siedlungen gegründete „Neue Heimat Tirol“ und die Innsbrucker Immobilien Gesellschaft wollen dem Vernehmen nach dort für 75 Mio. Euro über 500 Wohnungen neu errichten.
MMg. Thomas Mösl, ein ausgewiesener Experte für die (architektur)historische Entwicklung der Südtiroler Siedlungen in Tirol, informierte in einem beeindruckenden Vortrag die Gesamttiroler Heimatpfleger über die Entstehung und den Werdegang dieser Wohnanlagen. Am Nachmittag führte MMag. Mösl die Heimatpfleger nach Neupradl und Pradl Ost, wo man bereits mit dem Abbruch einiger Häuser begonnen hat.
Wenngleich Bürgerinitiativen sich für den Erhalt der Siedlungen einsetzen, bestehe kaum noch Hoffnung, dass Innsbrucks Stadtverwaltung von den getroffenen Entscheidungen absieht. Auch die Gesamttiroler Heimatpfleger sprechen sich dafür aus, diese einzigartigen Wohnanlagen, die einen großen Komfort an Wohnqualität (großzügige, ruhige Innenhöfe, kleine Privatgärten, etc.) aufweisen, nach Möglichkeit zu erhalten. Dies auch deshalb, weil mit dem Abbruch der Wohnanlagen ein wichtiger Teil der Süd-Tiroler Geschichte unwiederbringlich ausgelöscht wird.
Um zumindest dokumentarisch die Geschichte rund um die Südtiroler Siedlungen festzuhalten, haben die Gesamttiroler Heimatpfleger beschlossen, eine geplante Filmdokumentation über die Südtiroler Umsiedlerinnen und -siedler sowie die Südtiroler Siedlungen zu unterstützen. Nachdem 2018 zum Europäischen Kulturerbe-Jahr ausgerufen wurde, will man diese Dokumentation auch in diesem Geiste realisieren. Das Amt für Audiovisuelle Medien der Südtiroler Landesregierung, die Stadt Innsbruck und die Kulturabteilung des Landes Tirol haben bereits Förderungen zugesagt.
Die Gesamttiroler Heimatpfleger haben sich auch noch über ihre Tätigkeiten im Spannungsfeld von Landschaft, Kulturgütern, Politik und Gesellschaft ausgetauscht und über eine entsprechende Positionierung nachgedacht. Ebenso wurde über die verschiedenen Vereinsziele diskutiert und darüber, wie man diese für junge Personen attraktiv machen kann.