Von: mk
Bozen – Am 20. Mai 2019 wurde das „Netzwerk Kulturerbe“ offiziell gegründet und der Öffentlichkeit vorgestellt. Ziel der vier darin zusammengeschlossenen Organisationen, also des Südtiroler Burgeninstituts, des Fondo Ambiente Italiano, des Verbandes der Restauratoren und Konservatoren Südtirols und des Heimatpflegeverbandes ist es, das Gedankengut, welches dem Europäischen Kulturerbe-Jahr 2018 zugrunde gelegen hat, weiterzuspinnen und wach zu halten. Das Netzwerk, das sich als offene Plattform versteht, hat sich zur Aufgabe gestellt, in den kommenden Jahren mindestens einmal jährlich eine Veranstaltung zu organisieren, um auf das vielfältige materielle und immaterielle Kulturerbe in unserem Lande und darüber hinaus hinzuweisen. Vor allem geht es aber dem „Netzwerk Kulturerbe“ darum, in Synergie der vier Verbände ein gemeinsames Sprachrohr bei der Sensibilisierungsarbeit für die Erhaltung und Weiterentwicklung unserer Kulturlandschaft zu haben und mit Nachdruck die Wertschätzung für das den Menschen bereichernde Kulturengagement zu heben.
Nun hat freilich die Corona-Krise auch die Aktivitäten des Netzwerks eingeschränkt. Die erste gemeinsam organisierte Veranstaltung, der Fotowettbewerb zum Thema „Heimat im Fokus • Natur-Denkmal-Mensch • offen-kritisch-spielerisch“, konnte Ende Februar – leider ohne öffentliche Präsentation – mit Erfolg abgeschlossen werden.
Die Initiatoren des „Netzwerk Kulturerbe“ betrachten es als wichtige Aufgabe, auch in Krisenzeiten den Wert von Kulturarbeit hervorzuheben, denn nicht das Brot allein ist für den Menschen wichtig, sondern vor allem auch Sinnstiftung durch Kulturverständnis und Kulturarbeit. Albert Schweitzer, Arzt, Theologe, Musiker, Kulturphilosoph und Friedensnobelpreisträger meinte: „Das Verhängnis unserer Kultur ist, dass sie sich materiell viel stärker entwickelt hat als geistig. Ihr Gleichgewicht ist gestört.“
Viele Menschen haben in dieser jetzigen Krisenzeit wieder zu ihren künstlerischen Hobbys gefunden oder ein neues begonnen, Zeichen der Wertschätzung für das Sanitätspersonal und die Nahversorgung mit Balkonkonzerten und Auftritten im Internet gesetzt.
„Wertschätzung, Rücksicht, Bedachtsamkeit sind zu neuen wichtigen Parametern im Umgang untereinander geworden. Und das gilt es auch auf die verschiedenen Ausformungen der kulturellen Tätigkeit zu übertragen: Wertschätzung für unsere einzigartige Natur-Landschaft mit all ihrem Facettenreichtum, Wertschätzung für unsere Bräuche und Traditionen – jetzt, da wir so vieles nicht ausüben können, erkennen wir erst richtig ihre Wichtigkeit -–, Wertschätzung für unsere historische Baukultur und Geschichte, Rücksicht auf Tier und Mensch und Bedachtsamkeit im Umgang mit den natürlichen Ressourcen und bei der Gestaltung der öffentlichen und privaten Räume“, heißt es in einer Aussendung.
Das „Netzwerk Kulturerbe“ spricht sich in diesen Krisenzeiten aber auch dafür aus, dass die vorhandenen öffentlichen Mittel nicht nur zur möglichst schnellen Wiederinstandsetzung der Wirtschaft aufgebracht werden, sondern dass zur Förderung einer nachhaltigen, ganzheitlichen und sinnstiftenden Umwelt der Kulturbereich ebenso gefördert wird wie die Wirtschaft und nicht zum Luxusgut erklärt wird, auf das man verzichten kann.
„Diese merkwürdigen Zeiten bergen auch eine Chance für Wirtschaft und Kultur, für uns alle, nämlich unser Land mit dem von unseren Vorfahren Geschaffenen in seiner Einzigartigkeit bewusst wahrzunehmen, zu erleben und zu begreifen. So lädt unser Netzwerk Kulturerbe zur unbefangenen Neugier auf das vermeintlich Unscheinbare ein, vielleicht eine kleine museale Kostbarkeit von nebenan, vielleicht ein wunderbarer alter Siedlungsplatz oder auch eine Burg, die wir immer schon einmal besuchen wollten; sich bewusst sein, wo wir uns gerade befinden oder wo wir hinwollen, was bisher in unserer Schnelllebigkeit übersehen oder ‚nur‘ aufgeschoben wurde“, erklärt Claudia Plaikner vom Heimatpflegeverband für das Netzwerk. So wünsche sich das Netzwerk Kulturerbe für die nahe Zukunft, dass das Lokale und Regionale, das Naturbelassene durch die Bevölkerung mit Interesse und Freude erfasst wird, die Kenntnis über das Land vertieft und aus dieser Kenntnis die Wertschätzung für unsere Kultur und Natur wächst.