Von: bba
Bozen – Sie sehen aus wie Kerzenleuchter und wurden 2012 von der Deutschen Botanischen Gesellschaft sogar zu den Algen des Jahres gekürt: Die Armleuchteralgen geben nützliche Informationen zur Wasserqualität, weshalb sie in Europa besonders geschützt werden. Wie es um diese Gruppe von wasserlebenden Organismen in Südtirol steht, ist das Thema eines Forschungsprojekts des Naturmuseums.
Sie betauchten mit Schnorchelausrüstung große und mittelgroße Seen Südtirols, fischten mit Stangen und Haken in Kleingewässern und studierten Herbarien. Das Ziel der drei Botaniker Michael Hohla (A), Thomas Gregor (D) und Thomas Wilhalm vom Naturmuseum Südtirol war dabei, im Rahmen eines Forschungsprojekts des Naturmuseums das Vorkommen von Armleuchteralgen in Südtirol erstmals systematisch zu erfassen, insbesondere die Artenvielfalt in dieser Algengruppe.
Doch warum widmet das Naturmuseum den genannten Wasserpflanzen ein eigenes Forschungsprojekt?
„Diese Algen spielen heute europaweit im Naturschutz eine wichtige Rolle,“ erklärt Thomas Wilhalm. Ausschlaggebend dafür sei, so der Konservator für Botanik am Naturmuseum, die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union zum Schutz von Pflanzen- und Tierarten sowie von Lebensräumen (und der darin explizit hervorgehobene Schutz von Armleuchteralgen), sowie eine ganz bestimmte Eigenschaft dieser Pflanzen: Armleuchteralgen gelten nämlich als gute Zeigerpflanzen, sprich als Organismen mit einer geringen Toleranz gegenüber Veränderungen ihrer Lebensbedingungen. Viele Arten reagieren empfindlich auf Veränderungen von Gewässern, wie wenn etwa die Nährstoffe in einem Gewässer unerwünscht zunehmen (Eutrophierung). „Deshalb bildet die Erforschung der Armleuchteralgen eines Gebietes auch eine wichtige Grundlage für die Bewertung des ökologischen Zustands von Gewässern“, meint Wilhalm.
Die Ergebnisse des Forschungsprojekts
Im Zuge des kürzlich abgeschlossenen Forschungsprojekts „Die Armleuchteralgen (Characeae) Südtirols“ fanden die Experten 15 Arten dieser Algengruppe in Südtirol. Analysiert wurden dabei die Beziehungen zu ihrem Umfeld, ihr Vorkommen in Südtirol und ihre Höhenverbreitung: Zu den attraktivsten und wichtigsten Lebensräumen in Südtirol zählen der Toblacher See, der Pragser Wildsee, der Antholzer See und der Haider See. Negative Überraschungen boten hingegen der Vernagt-Stausee (zu starke Wasserstandschwankungen), der Dürrensee (zu starke Trübung) und der Kalterer See (zu viel Tourismus, Fischerei und Landwirtschaft, hat aber Potential zur Verbesserung). Zudem fassten die Forscher das bisherige Wissen in Sachen Armleuchteralgen in Südtirol zusammen, damit dieses als Grundlage für zukünftige Schutzmaßnahmen genutzt und eine weitere Erforschung dieser Organismengruppe angeregt werden kann.
Der Appell des Naturmuseums
Wilhalm & Co. stellen fest, dass die vorliegenden Ergebnisse als wichtiger Auftakt zu einer kontinuierlichen und umfassenden Erforschung der Armleuchteralgen zu sehen ist. „Daher stellt das Forschungsprojekt keinen Schlusspunkt der Untersuchung dieser Artengruppe in Südtirol dar“, so Wilhalm. Diese Algengruppe reagiert dynamisch auf Änderung ihrer Lebensräume, außerdem sei der Kenntnisstand bei weitem nicht erschöpft. Das Naturmuseum bittet deshalb, eventuelle Funde zu melden. Eine detaillierte Beschreibung des Projekts und der Ergebnisse gibt es in der jüngsten Ausgabe der zoologischen, botanischen Fachzeitschrift des Naturmuseums Gredleriana (https://www.natura.museum/de/forschung/publikationen/).