Spurensuche im Supervulkan - neue Ausstellung im Naturmuseum

Einer der größten Vulkanausbrüche der Weltgeschichte fand in Bozen statt

Freitag, 17. März 2023 | 18:40 Uhr

Bozen – Einer der größten Vulkanausbrüche der Weltgeschichte wurde vom Supervulkan von Bozen ausgelöst. Dieser erstreckte sich am Ende des Paläozoikums von Meran bis Trient und war in einer Zeitspanne von zwölf Millionen Jahren immer wieder aktiv. Eine heute eröffnete Ausstellung im Naturmuseum präsentiert diese ferne Welt.

Heute vor 280 Millionen Jahren: Das Gebiet des heutigen Südtirols auf dem damaligen einzigen großen Kontinent Pangäa befand sich in den Tropen in der Nähe des Äquators. Als Eurasien und Afrika im Laufe von Jahrmillionen auseinanderbrachen, entwickelten sich zwischen den beiden neuen Kontinenten ein Ozean (in dem durch Riffbildung und Kalkablagerungen die späteren Dolomiten gebildet wurden) und ein Vulkanismus, bei dem Magma aus dem Erdmantel an die Erdoberfläche aufstieg.

Einer der Vulkane – eines der bedeutendsten Vulkanereignisse der Weltgeschichte mit einem der größten Ausbrüche – brodelte im Raum zwischen Meran und Trient: Der sogenannte Supervulkan von Bozen erreichte einen Durchmesser von rund 70 km und bestand aus mindestens zwei kesselförmigen Strukturen (Calderas); Spuren davon sind noch im Norden der Stadt, im Nonstal und in der nördlichen Valsugana sichtbar. Er bestand aus vereinzelten kleineren Vulkanen mit riesigen Magmakammern unter der Erdoberfläche, die man sich als unterirdische Lavaseen vorstellen kann. Sobald die Erdkruste oberhalb der Kammer aufbrach, kam es zu einem explosiven Ausbruch. Das gesamte Gebiet zwischen Meran und Trient wurde dabei mit einer bis zu tausend Meter dicken Lavamasse bedeckt, gleichzeitig stürzte die nun leere Magmakammer ein und es bildete sich die Caldera. Die Aktivität des Supervulkans begann vor ungefähr 286 Millionen Jahren und dauerte über zwölf Millionen Jahre an; die einzelnen Vulkanausbrüche waren allerdings nicht kontinuierlich, sondern konnten auch hunderttausende Jahre auseinanderliegen. In diesen Phasen zwischen einem Ausbruch und dem nächsten hat sich Leben angesiedelt.

Dieses Leben präsentiert das Naturmuseum Südtirol in der neuen Ausstellung „Spurensuche im Supervulkan“ anhand von Fossilien, 3D-Tiermodellen in Echtgröße, Nachbildungen der damaligen Lebensräume und einer Simulation des Supervulkans; die ausgestellten Objekte sind in Besitz des Naturmuseum Südtirol, des Wissenschaftsmuseums MUSE in Trient und der Universität Pavia. Wie sich Spuren des damaligen Lebens bis heute erhalten konnten, erklärt Evelyn Kustatscher, Paläontologin am Naturmuseum und eine der beiden Kuratorinnen der Ausstellung: „In der Caldera, einer Vertiefung in der Landschaft, sammelt sich das Regenwasser, wodurch Seen und gelegentlich kleine Flüsse und Bäche entstehen. Vor allem in und um die Seen siedelten sich in den Nadelwäldern vor allem Reptilien und Amphibien an, die eine Größe von einigen Metern erreichen konnten, im Unterholz hingegen Farne und Schachtelhalme. Blütenpflanzen und Säugetiere hatten sich damals noch nicht entwickelt.“

Die Ausstellung fußt auf das Forschungsprojekt „Leben mit dem Supervulkan“ des Naturmuseum Südtirol, bei dem Forscherinnen und Forscher die Gesteinsschichten zwischen den einzelnen Ausbrüchen und die sich dort erhaltenen fossilisierten Pflanzen und Tiere untersuchen. Anhand der Fossilien rekonstruieren die Fachleute die damaligen Lebenswelten. Margit Schweigkofler, Ko-Kuratorin der Ausstellung nennt einige Beispiele: „Die Sedimentgesteine lassen auf Seen und Flüsse schließen, in den Sedimenten sind Fußspuren von Amphibien und Reptilien erhalten geblieben. Diese ermöglichen es, die Tiere nachzubilden, aber auch auf ihr Verhalten zu schließen, ob sie schnell oder langsam gelaufen sind und wie sie sich mit anderen Tieren den Lebensraum geteilt haben.“ Pflanzenfossilien geben also beeindruckende Einblicke in die Welt vor 280 Millionen Jahren: Fossile Baumstämme berichten etwa, wie die Wälder in dieser Zeit ausgesehen haben, wie dicht sie waren und wie der Unterwuchs beschaffen war. Fossile Pollen es ermöglichen zudem, Klimaänderungen nachzuweisen, während im Sedimentgestein erhaltene fossile Grabspuren auf die damals lebenden Würmer und Insekten schließen lassen (die Bewohner selbst sind nicht erhalten geblieben). Einen besonderen Platz nimmt hier der Tridentinosaurus antiquus ein, das älteste Wirbeltier der Alpen, dessen Erforschung ein zentraler Punkt des Forschungsprojektes war.

Die prägnantesten Zeugnisse des längst erloschenen Supervulkans sind übrigens große Porphyrvorkommen: Sie haben nicht zu unterschätzende Auswirkungen auf das lokale Klima und waren für die lokale Wirtschaft, besonders im Bozner Unterland wichtig.

Die Ausstellung ist bis Februar 2024 täglich außer montags von 10.00 bis 18.00 Uhr im Erdgeschoss des Naturmuseums zu sehen.

Von: mk

Bezirk: Bozen