Von: luk
Bozen – Die neue Stelle für Autonomiefragen „Autonomy Experience“, die Vereinigten Bühnen Bozen und das Institut für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck präsentieren die Podcast-Reihe in einer Online-Veranstaltung.
Gehen oder bleiben: Die Option von 1939 ist eines der dunkelsten Kapitel in der Geschichte Südtirols. Zum Thema haben Autonomy Experience, die Vereinigten Bühnen Bozen und das Institut für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck eine Podcast-Reihe produziert: Darin geben Südtiroler Zeitzeuginnen und Zeitzeugen Einblicke in ihre Gefühlswelt und erzählen aus erster Hand von ihren Erinnerungen, während Fachleute historisches Hintergrundwissen beisteuern. In einer Online-Veranstaltung wird der Podcast am Donnerstag, 19. November um 19.00 Uhr vorgestellt; es folgt eine Diskussionsrunde zum Thema „Option und Erinnerung“. Die Teilnahme an der Online-Veranstaltung ist für alle Interessierten offen, Anmeldungen bis zum 19. November.
Eine Zeitzeugin erzählt von der Spaltung innerhalb der eigenen Familie: Während ihr Vater und ihre beiden Geschwister sich für die Option aussprachen, wollten sie und ihre Mutter Südtirol auf keinen Fall verlassen. Der Vater – das Familienoberhaupt entschied damals für die gesamte Familie – stimmte Ende Dezember 1939 für die Option. Ein Jahr später wurde die Zeitzeugin volljährig und entschied rückzuoptieren. „Die Leute im Dorf haben mich nicht mehr gegrüßt und getan, als würden sie mich nicht sehen. Das hat mich sehr gekränkt“, erinnert sie sich.
Aufgenommen wurde dieses Interviews 2014 im Rahmen des Theaterprojekts „Option. Spuren der Erinnerung“ der Vereinigten Bühnen Bozen. Im Vorfeld besuchte das Regieteam zusammen mit Mitarbeiterinnen des Instituts für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck mehr als 60 Südtiroler Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, die sich auf einen Aufruf hin gemeldet hatten. Viele von ihnen erzählten zum ersten Mal über ihre traumatischen Erlebnisse. Die Option hat Wunden hinterlassen, über die nach dem Krieg vielfach nicht mehr geredet wurde. Aus einer Auswahl dieser und weiterer Interviews, die Mitarbeiter von Autonomy Experience 2020 aufgenommen haben, ist nun der Podcast „Option. Stimmen der Erinnerung. Le Opzioni in Alto Adige/Südtirol“ entstanden. Er umfasst 14 Folgen in deutscher und italienischer Sprache und ist auf Spotify und Apple Podcasts verfügbar.
„Heute haben wir immer seltener die Möglichkeit uns mit Menschen auszutauschen, die die Option hautnah miterlebt haben. Daher ist es uns ein Anliegen, diese Erinnerungen der Allgemeinheit zugänglich zu machen und so zu bewahren. Wir hoffen, so einen Beitrag zur Erinnerungskultur in Südtirol und zur Aufarbeitung dieser Zeit zu leisten“, sagt Marc Röggla, Leiter von Autonomy Experience.
Nach der Vorstellung des Podcasts folgt eine Diskussionsrunde mit folgenden Gästen:
Martha Ebner, Zeitzeugin
Arno Kompatscher, Landeshauptmann der Autonomen Provinz Bozen
Alexander Kratzer, Regisseur der Vereinigten Bühnen Bozen
Eva Pfanzelter, Stv. Leiterin des Instituts für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck
Alessandra Zendron, Historikerin
Zu Autonomy Experience:
Autonomy Experience ist eine Kontaktstelle für Aktivitäten und Initiativen rund um den Südtiroler Minderheitenschutz und das Südtiroler Autonomiemodell. Ziel der Kontaktstelle ist es, Südtirols Erfahrungen zu teilen, Wissen weiterzugeben und dadurch ein starkes internationales und lokales Netzwerk aufzubauen. Autonomy Experience hat seinen Sitz am Forschungszentrum Eurac Research.