Hauseigene Produktion „Gletscher“

Es taut in der Dekadenz in Brixen

Donnerstag, 14. März 2024 | 17:31 Uhr

Brixen – Am 4. April hat die Dekadenz-Produktion „Gletscher“ Premiere. Das Stück von Maxi Obexer ist eine zärtliche Reflexion über das große Thema Zeit und wird mit stimmungsvoll mit Live-Musik umgesetzt.

Worum geht’s? Mitten in einer Gletscherlandschaft, umgeben vom grotesken Karneval der Hotels, Skilifte und Après-Ski-Hütten, steht Destinas elterliches Haus, ein ehemaliges Hotel. Hier verbringt sie ihr Leben mit dem Warten auf Hanno, ihren Geliebten, der sich vor Jahren aufgemacht hatte, um den Gletscher im Alleingang zu besteigen. Erst knapp sechzig Jahre später soll sie ihn wiedersehen. Hanno war ein Gastarbeiter in dem Hotel, in dem Destina ihre Kindheit verbrachte. Jetzt verfällt das Haus, und während sich unter den gelassenen Augen der massiven Natur die Zeit dehnt, kommen und gehen die Kriege, die Naturkatastrophen, die Menschen der letzten fünfzig Jahre. Was von Hanno bleibt, ist das gemeinsame Kind Florinda, das den Vater nie kennengelernt hat. Auch sie ist wie die Mutter zum Warten verurteilt, sehnt sich nach dem Eintreten des Lebens – und bemerkt hauptsächlich nur dessen Vergänglichkeit. Die Geschichte erinnert an ein romantisches Märchenmotiv, an „Unverhofftes Wiedersehen“ oder an „Bergwerk zu Falun“. Und doch hat die Geschichte einen wahren Kern.

Nach einem Unfall in einer Gletscherspalte lag Autorin Maxi Obexer im Jahr 2003 mit Muskelfieber im Bett. In einer Zeitungsnotiz las sie von einem kuriosen Fall: Die 73-jährige Aloisia musste die Leiche ihres ihren Verlobten Adolf identifizieren, der vor 54 Jahren nicht von einer Wanderung zurückkehrte. Begleitet wurde sie zur Identifizierung von ihrer 54-jährigen Tochter. Für Obexer stellte sich daraufhin die Frage, wie man 54 Jahre auf der Bühne darstellen könne. Die Zeitungsnotiz nahm sie also zum Anlass „Gletscher“ zu schreiben.

Bisher wurde „Gletscher“ in Wien 2006, Stuttgart 2008 und Innsbruck 2010 aufgeführt. Die Hörspiel-Adaption ist 2012 erschienen. In Brixen schlüpfen die bekannten Schauspielerinnen Jasmin Mairhofer und Margot Mayrhofer in die Rollen von Mutter und Tochter und fühlen den Rollen mit Witz und Feingefühl auf den Zahn. Sie bewegen sich durch das Bühnenbild von Sara Burchia, in dem sich die Enge der Beziehung und die Weite der Berglandschaft wiederholen. Atmosphärisch getragen wird der Abend vom Sound des Klangkünstlers Stefano Bernardi. Er arbeitet mit gefundenen Klängen und Instrumenten, um das Stück live zu vertonen. Regisseurin Elke Hartmann sagt zum Stoff: „Was mich sofort an diesem Stück begeistert hat, war die Auflösung eines vermeintlich ewigen Naturphänomens wie dem Gletscher und seine Verbindung zu einer scheinbar ewigen, beckett’schen Beziehungskonstellation. Wie dort alles wieder in Fluss kommt, hat etwas gleichermaßen herrlich Absurdes wie Archaisches. Dass in dieser Tiefe auch Humor steckt, ist der Sprache Maxi Obexers zu verdanken.“

Das Publikum darf sich freuen auf einen dichten und komischen Theaterabend, der inspiriert ist von alpinen Landschaften und doch eine große Universalität erzählt. Die zarte Reflexion über das Werden und Vergehen von Natur und Mensch ist von 4.04. bis 21.04. an zehn Abenden in der Brixner Dekadenz zu sehen.

Von: mk

Bezirk: Eisacktal

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