Von: mk
Bozen – Geschlossene Schulen, zugesperrte Diskotheken, geschlossene Sportvereine und Vereine – die eingeschlossene und weggesperrte Jugend leidet. Darauf macht die Familienberatung fabe in Südtirol aufmerksam.
„Das verwundert kaum, wird der Jugend doch alles genommen, was für dieses Alter wichtig und relevant ist. Wir alle müssen in dieser Krise Opfer bringen, keine Frage. Aber dass es nach der älteren Generation die Jugend mit am schlimmsten trifft, spricht nicht gerade für unsere Gesellschaft. Jugendliche sind Minderjährige und bedürfen von daher ‚eigentlich‘ eines besonderen Schutzes von Seiten des Staates. Die Freizeit müssen wir alle im Moment anders gestalten, aber zumindest die Schulöffnung sollte doch oberstes und prioritäres Ziel unserer Gesellschaft sein. Nicht nur, weil das Recht auf Bildung eines der grundlegenden Menschenrechte ist, nein, weil durch den Schulbesuch vor allem auch soziale Bedürfnisse gestillt werden“, heißt es in einer Pressaussendung.
Der deutsche Neurobiologe Gerald Hüther weise darauf hin, dass gerade die junge Generation von der Pandemie besonders schwer getroffen sei, da ein fundamentales, tief im menschlichen Wesen verankertes Bedürfnis nach Sozialkontakt unterdrückt und neuropsychologisch gesprochen „gehemmt“ werden müsse – mit gravierenden mittelfristigen Auswirkungen auf die psychische Gesundheit.
Ein Blick über die Staatsgrenzen zeige, dass andere Länder es anders machen. Deutschland und Österreich seien in diesem Fall keine Vorbilder, dort waren sogar die Grundschulen lange Zeit geschlossen. „In Frankreich zum Beispiel hat man nach dem Lockdown im Frühjahr festgestellt, dass geschlossene Schulen für Kinder extrem schlimme Auswirkungen haben, umso mehr, wenn sie ohnehin schon sozial, psychisch oder lerntechnisch benachteiligt sind. Offene Schulen sind deshalb oberstes Ziel in der Pandemie. Lernen auf Distanz gibt es zwar auch in einigen Oberstufenklassen, aber nur in einer Mischung aus Fern- und Präsenzunterricht“, so die Familienberatung fabe.
Eine Studie aus Österreich zeige die fatalen Folgen der Corona Pandemie. Eine Online Umfrage der Donau Universität Krems in Kooperation mit der Medizinischen Universität Wien unter über 3000 Schülerinnen und Schülern zwischen 14 und 20 Jahren zeige eine deutliche Zunahme an depressiven Symptomen, Ängsten, Schlafstörungen und suizidalen Gedanken. Hinzu komme ein starker Anstieg bei den Essstörungen. Seit Oktober 2020 seien die Oberschüler in Österreich größtenteils im Fernunterricht. Die Studie wurde im Februar 2021 durchgeführt.
Und wie sieht die Situation beo uns aus? In den Oberschulen in Südtirol fand seit Ausbruch der Pandemie vor einem Jahr rund zwölf Wochen lang Unterricht in Teilpräsenz statt (September/Oktober, Januar bis Fasching), das bedeutet für den einzelnen Schüler nur rund sieben Wochen Unterricht in Präsenz innerhalb der letzten zwölf Monate. „Hinzu kommt, dass parallel zur Schule auch das Training im Sportverein, gemeinsames Musizieren in der Musikschule, Besuch des Jugendtreffs und dergleichen wegfallen“, heißt es in der Aussendung weiter. In den Familienberatungsstellen der fabe, welche viele Familien, Kinder und Jugendliche begleitet, habe man insbesondere seit Januar dieses Jahres einen starken Anstieg der Anmeldungen festgestellt. „Auch bei uns melden sich immer mehr Eltern, die sich aufgrund der gegebenen Situation um ihre jugendlichen Kinder Sorgen machen (Verweigerung von Homeschooling, starke Konflikte in der Familie, extrem viel Zeit am Computer/Handy, Bewegungsmangel, vermehrte Ängste, Zwänge und depressive Verstimmungen, Selbstverletzungen). Es ist nun höchste Zeit, dass die Landesregierung beginnt, die Jugend in den Blickpunkt zu nehmen und Entscheidungen zu treffen, welche den Jugendlichen ermöglichen, sich trotz Pandemie wieder freier bewegen und sich gesund entwickeln zu können!“, erklärt die Familienberatung fabe.