Von: luk
Bozen – Das Konzept zum frühen Erlernen mehrerer Sprachen an den ladinischen Kindergärten in Gröden und im Gadertal ist bereits sehr ausgereift und fördert die Sprachkompetenz und Kreativität der Kinder. Dies unterstrich Sprachwissenschaftlerin Ulrike Jessner-Schmid von der Universität Innsbruck bei der heutigen (7. August) Vorstellung im Landhaus 1 in Bozen der Ergebnisse des Forschungsprojekts “MELA-Mehrsprachig Ladinisch”.
Sie hat die Studienergebnisse gemeinsam mit dem ladinischen Bildungslandesrat Daniel Alfreider und der Landesdirektorin für die ladinischen Kindergärten und Schulen Edith Ploner präsentiert. Laut Alfreider hat die Mehrsprachigkeit gerade für das Ladinische selbst einen hohen Wert: “Unsere Sprache wird durch das ladinische Lernmodell gestärkt.” Er verwies auf die vielen vom Aussterben bedrohten Minderheitensprachen in Europa. “Unser wichtigstes Ziel ist es, unseren Kindern über die gute Ausbildung – basierend auf wissenschaftlichen Ergebnissen – die besten Chancen für die Zukunft zu bieten”, sagte Alfreider: “Sie sollen sich selbstbewusst auch außerhalb Südtirols und gegenüber anderen Kulturen bewegen.” Ein wichtiger Ansatz bei der frühen Mehrsprachigkeit sei auch der Umgang mit Fehlern im Sprachgebrauch, die nicht als Hindernis sondern als Ansporn für ein besseres Sprachmanagement zu sehen seien, so Alfreider.
Frühe mehrsprachige Erziehung mach kreativ
Frühe mehrsprachige Erziehung wirkt sich auf kognitiver Ebene sehr positiv aus: Es fördert die Kenntnis der Muttersprache ebenso wie das Erlernen von anderen Sprachen. Zudem macht es kreativer und entwickelt Fähigkeiten, die über die Sprachbeherrschung hinaus gehen. Dass dies zutrifft, konnte Jessner-Schmid und ihr Forschungsteam mit den Studienergebnissen erneut untermauern: Sie haben untersucht, welchen Mehrwert die Mehrsprachigkeit in den ladinischen Kindergärten mit sich bringt. Sie haben den 105 Grödner Kindergartenkindern und die 119 Kindergartenkindern im Gadertal insgesamt 3360 verschiedene Aufgaben gestellt. Die Ergebnisse wurden mit jenen aus einem deutschen Kindergarten verglichen. Laut Jessner-Schmid war es das Ziel, das Sprechen und Denken der Kinder zu verstehen, um weitere Grundlagen für eine gezielte Förderung auszuarbeiten und einen Wissenstransfer für andere Bildungskontexte zu erstellen.
Dabei achtete die Forschungsgruppe auf die allgemeinen kognitiven Fähigkeiten, das Vokabular in den drei Landessprachen, die Sprachproduktion, das metalinguistische Bewusstsein und die Kreativität. Wie Jessner-Schmid berichtete, mussten dabei die Aufgaben für die Kindergartenkinder angepasst werden. Die Kinder konnten zum Teil Aufgaben für ein Alter von neun Jahren lösen. Als ein bemerkenswertes Ergebnis erwähnte Jessner-Schmidt die geringe Anzahl der Fehler bei der Sprachproduktion in allen Sprachen: “Bei 54 Aufgaben haben die Kinder maximal 17 Fehler gemacht.” Die Kompetenzen im Ladinischen sind in beiden Tälern beim Verstehen und Sprechen sehr gut. Dabei dient das Ladinische auch stark als Stützsprache: Die Italienischkenntnisse sind vor allem beim Verstehen sehr ausgereift und die Deutschkenntnisse sind gut – in Gröden etwas besser als im Gadertal. Je nach Tal etwas unterschiedlich präsentiert sich das Sprachmanagement: Wie von der Forscherin angenommen, entwickeln Kinder, die früh mehrsprachig sind, ein metalinguistisches Bewusstsein.
Drei Farben für drei Sprachen
Die Landesdirektorin für die ladinischen Kindergärten und Schulen Edith Ploner unterstrich: “In den 17 ladinischen Kindergärten wird Mehrsprachigkeit als Wert gelebt.” Sie veranschaulichte das ladinische Modell der Sprachvermittlung, das Mehrsprachigkeit sichtbar macht und bei dem jede Sprache den gleichen Stellenwert hat. So wird an den ladinischen Kindergärten immer abwechselnd eine Woche in einer anderen Landessprache gesprochen. Für das Sprachenlernen gibt es eigene Bereiche. Drei Puppen in gelb, rot und grün für die drei Sprachen helfen dabei. Zudem wird das Sprachenlernen laut Ploner nicht nur getrennt, sondern auch gemeinsam gefördert. Für das phonologische Bewusstsein wurde eigens das Lernmaterial “Quaky” entwickelt.