Marienstatue übergeben

Gefängniskaplan erzählt von Südtiroler Häftlinge in 1960-er Jahren

Freitag, 22. August 2025 | 10:54 Uhr

Von: mk

Bozen – Am gestrigen Donnerstag hat Bischof Ivo Muser den 95-jährigen Priester Josef Maas empfangen, der in den 1960-er Jahren als Gefängnisseelsorger in Mailand tätig war. Im Rahmen der Begegnung wurde dem Bischof eine Marienstatue überreicht, die Maas einst von Südtiroler Häftlingen erhalten hatte.

In den Amtsräumen von Bischof Ivo Muser in Bozen fand gestern eine besondere Begegnung statt: Zu Gast war der 95-jährige Priester Josef Maas aus Trier, der in den 1960-er Jahren als Gefängniskaplan im Mailänder Gefängnis San Vittore tätig war. Von 1958 bis 1968 war Maas als Auslandsseelsorger für die deutschsprachigen Katholikinnen und Katholiken im oberitalienischen Raum zuständig. Während dieser Zeit kam er in Kontakt mit Südtirolern, die im Gefängnis von Mailand inhaftiert waren – und übernahm auf Bitten der Gefängnisleitung ihre seelsorgliche Begleitung in deutscher Sprache.

In den 1950-er und 1960-er Jahren kam es in Südtirol zu einer Welle von Anschlägen, die im Zusammenhang mit dem Befreiungsausschuss Südtirol (BAS) standen. Nach der „Feuernacht“ im Juni 1961 wurden zahlreiche BAS-Mitglieder verhaftet und in Mailand vor Gericht gestellt. Der erste Mailänder Prozess von 1964 und weitere Verfahren führten zu langen Haftstrafen für viele Beteiligte, darunter auch der Anführer des BAS, Sepp Kerschbaumer, der noch im selben Jahr in Haft verstarb.

Seelsorge in der Haft: Trost und gemeinsame Gebete

Seelsorger Maas feierte mit den Häftlingen regelmäßig die Heilige Messe, sprach mit ihnen über ihre Sorgen und erlebte bewegende Momente des Glaubens: „Sepp Kerschbaumer hatte darum gebeten, dass die Sichtfenster der Zellen abends um 18.00 Uhr geöffnet werden“, erinnerte sich Maas. „Von da an wurden sie jeden Abend geöffnet, und Kerschbaumer begann laut das Rosenkranzgebet, das von allen Mitgefangenen mitgebetet wurde. Es war ein gemeinsames Gebet und ein Zeichen von Trost und Stärke in einer schwierigen Zeit.“

Als Zeichen der Dankbarkeit und Verbundenheit schenkten ihm die Südtiroler Gefangenen eine Marienstatue. Diese Statue bewahrte er über sechs Jahrzehnte auf. Bei seinem Gespräch mit Bischof Muser erklärte er, warum er sie nun nach Südtirol zurückbringen wollte: „Die Figur war für diese Männer ein Zeichen der Hoffnung in einer großen Notlage. Mir war es ein großes Anliegen, diese Statue nach Südtirol zurückzubringen – dorthin, woher die Männer stammten, die sie mir geschenkt haben.“

Botschaft an die junge Generation

Nach der persönlichen Übergabe der Statue an Bischof Muser feierten beide gemeinsam die Heilige Messe. Im Gespräch mit dem Bischof richtete Pfarrer Maas auch einen Appell an die jüngere Generation: „Achtet darauf, dass wir ein Europa der vielen Länder und Sprachen sind. Die Vielfalt der Sprachen ist ein großer Reichtum – und sie ist ein Weg zum Frieden. Ich wünsche mir, dass junge Menschen Fremdsprachen erlernen – nicht nur als Fähigkeit, sondern als Brücke der Verständigung, um Missverständnisse zu überwinden und ein friedliches Miteinander zu ermöglichen.“

Bischof Muser würdigte die jahrzehntelange Verbundenheit von Josef Maas mit Südtirol und dessen seelsorglichen Einsatz: „Die Marienstatue ist mehr als ein Erinnerungsstück. Sie steht für die Menschlichkeit und Nähe, die ein Seelsorger Menschen in einer schweren Lebenssituation schenken kann. Ich danke Pfarrer Maas für sein bewegendes Zeugnis, das bis heute weiterwirkt.“

Verbindung zwischen Trier und Brixen

Zum Abschluss der Begegnung überreichte Josef Maas dem Bischof ein weiteres besonderes Geschenk: ein Stück eines Messgewandes, das einst Kardinal Nikolaus Cusanus gehörte. Cusanus stammte aus Kues an der Mosel, in der Nähe von Trier, und war im 15. Jahrhundert Bischof von Brixen. Als früher Humanist und bedeutender Theologe gilt er bis heute als Vordenker eines offenen Glaubens und der Einheit in Vielfalt. In Erinnerung an ihn trägt auch das diözesane Bildungshaus in Brixen seinen Namen. „Mit diesem Gewand verbindet sich ein Stück unserer Geschichte – eine Brücke zwischen Mosel und Südtirol, zwischen geistlichem Erbe und kirchlicher Gegenwart“, sagte Bischof Muser.

Bezirk: Bozen

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