Von: mk
Bozen – Der katalanische Choreograf Marcos Morau ist von 7. bis 10. Dezember mit seinem Ensemble La Veronal auf Einladung des Trientner Kulturzentrums Santa Chiara und des Teatro Stabile Bozen am Stadttheater Bozen zu Gast. Im Gepäck hat er seine bildgewaltige Traumreise „Sonoma“. Ein Highlight der diesjährigen Tanzsaison.
Sonoma ist ein Wort, das im spanischen Wörterbuch nicht vorkommt. Ein Neologismus mit Wurzeln im Griechischen und Lateinischen: »Soma« steht für Körper und »Sonum« für Klang.
Heute leben wir die Geschichte in einem so schnellen, hektischen Tempo, dass es wirklich schwierig ist, mit ihr Schritt zu halten. Es ist kein Zufall, dass niemand mehr genau weiß, was geschieht. Man könnte einfach sagen, dass wir vorwärtsfallen, und während dieses beschleunigten Falls – fast wie in einer Achterbahn – schreien wir. „Sonoma“ ist das Geräusch des fallenden Körpers, die Wut des Menschen, der glaubt, noch zu leben, noch wach zu sein. Außerdem bedeutet das Wort in bestimmten indigenen Sprachen Lateinamerikas »Tal des Mondes«. Ein etymologischer Mix, dem die Inszenierung in seiner Bildsprache eindrücklich gerecht wird.
Marcos Morau griff dieses Thema schon 2016 für das Ballet de Lorraine und das Werk “Le Surréalisme au service de la Révolution” auf. Inspiration war Luis Buñuels und die Traumwelt des spanischen Filmemachers zwischen dem mittelalterlichen Calanda und dem kosmopolitischen Paris, zwischen jesuitischer Disziplin und surrealistischer Freiheit. Nun wird dieser Mikrokosmos mit „Sonoma“ für neun Darsteller:Innen mit der 2005 in Valencia gegründeten Kompanie La Veronal, weiter ausgebaut und entwickelt. Marcos Morau ist ein Surrealist, der mit vielen Referenzen an die Geschichte der Kunst und des Kinos arbeitet.
Die Bilder des Tanzstücks und seine Musik aus Chören, Dudelsack und ekstatisch getrommelten Rhythmen sind uneindeutig, skurril, verspielt. Die Kostüme zitieren verschiedene Epochen und deren strenge soziale Ordnungen, das Bühnenbild kokettiert mit einem katholischen Überbau und einem Filmsetting. Manchmal wirken die Tänzerinnen wie aufgezogene Automaten, die auf Rollen laufen, dann wie spukhafte Hexen ohne Gesicht. Die Bewegungssprache verweist auch auf den Flamenco, aber so scharf zerhackt, dass es einer Hinrichtung gleicht. Die Gedanken heften sich an dies und jenes, driften durch opulente Gefilde, der eigene Puls scheint sich im Rhythmus der Percussion zu beschleunigen.