Tagung

Pastoralteam als Chance und Herausforderung für die Seelsorge vor Ort

Samstag, 06. Februar 2021 | 17:03 Uhr

Bozen – Pastoralteams ermöglichen eine Organisationsform von Pfarrei, die auch ohne die ständige Verfügbarkeit eines Priesters zurechtkommt. Dadurch wird die Präsenz von Kirche auch in kleinen Ortschaften gewährleistet. Aber wie funktioniert eine breitere Beteiligung der Laien am Leben und der Leitung einer Pfarrei? Die in den Diözesen Linz und Vicenza begonnenen Erfahrungen wurden gestern Nachmittag bei der traditionellen Februartagung der Diözese – heuer im Webinar-Modus –, dargestellt und mit jenen in der Diözese Bozen-Brixen verglichen.

Bischof Ivo Muser hatte bei der Pastoraltagung 2019 die Pfarreien mit klaren Worten aufgefordert, sich mit neuen Organisationsformen vor Ort auseinanderzusetzen: „Was es heute zu gestalten gilt, ist ein Epochenwandel, an dessen Ende kein Stein mehr auf dem anderen stehen wird. Ich ermutige daher alle Pfarreien, den Weg der Pastoralteams zu gehen. Es ist eine Chance, den Wandel zu gestalten und aktiv in die Hand zu nehmen.“ Seither haben sich viele Pastoralteams auf den Weg gemacht. Die vom diözesanen Seelsorgeamt und der Cusanus-Akademie organisierte Tagung „Pastoralteams – neue Schläuche für neuen Wein?“, die gestern Nachmittag online als Webinar angeboten wurde, hatte sich zum Ziel gesetzt, eine Standortbestimmung vorzunehmen, vergleichbare Wege in anderen Diözesen unter die Lupe zu nehmen, Impulse zu setzen und nicht zuletzt die Entwicklung der Pastoralteams zu fördern. 130 Teilnehmer an der Online-Tagung, darunter auch Bischof Ivo Muser, unterstrichen das große Interesse am Thema.

„Pastoralteams sind keine Heilsbringer“, sagte Seelsorgeamtsleiter Reinhard Demetz in seiner Stellungnahme. „Sie sind ein möglicher Weg, den wir in unserer Ortskirche gehen möchten. Nicht der einzige und auch nicht der beste, aber ein für heute passender Weg. Unsere Pastoralteams sind die Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit, für die wir uns entschieden haben“, erklärte Demetz die Ausrichtung der Diözese Bozen-Brixen.

Der Weg zu den heutigen Pastoralteams in der Diözese Bozen-Brixen begann vor zwanzig Jahren, als Bischof Wilhelm Egger die „Rahmenordnung für Pfarrseelsorger und Pfarrverantwortliche“ in Kraft setzte. Mit der Richtlinie „Das Pastoralteam in den Pfarreien“ vom 1. September 2019 wurde versucht, dem bisherigen Weg der Ortskirche Rechnung zu tragen und diesen weiter zu entwickeln. Ein Pastoralteam besteht aus 3 bis 5 Mitgliedern, die gemeinsam mit dem zuständigen Priester (Pfarrer oder Pfarrseelsorger) die Seelsorge in der Pfarrei verantworten. Es werden fünf Aufgabenbereiche definiert, für die je eine verantwortliche Person benannt wird: Liturgie, Verkündigung, Caritas, Verwaltung und Koordination. Das Team trägt und koordiniert das Tagesgeschäft der Pfarrei und versteht sich als Exekutivorgan des Pfarrgemeinderates. Die einzelnen Mitglieder des Teams koordinieren dabei die Tätigkeit der Pfarrei in ihrem jeweiligen Aufgabenbereich.

Alexander Notdurfter, Professor für Pastoraltheologie an der Hochschule Brixen, hat einige Überlegungen zur Bedeutung von Pastoralteam in Pfarrgemeinden vertieft. „Funktionierende Pastoralteams verbessern die Seelsorge vor Ort, indem sie die Einschätzung von pastoralen Situationen unterstützen, mehr Handlungsoptionen ins Spiel bringen, dadurch zu angemesseneren Entscheidungen führen, Aktivitäten besser koordinieren, vor Überlastung schützen, zusätzliche Entwicklungsperspektiven eröffnen, Entscheidungen werden nach Außen besser vertreten“, so Notdurfter. Ein wichtiger Punkt sei das Zusammenspiel zwischen Pastoralteam und zuständigem Priester, sagte der Referent: „Das Pastoralteam leitet eigenverantwortlich die Seelsorge und die Verwaltung der Pfarrgemeinde, der zuständige Priester leitet die Pfarrgemeinde geistlich, das heißt indem er Christus gegenüber der Gemeinde repräsentiert. Wie geht das? Der Priester sollte sich auf vielem Operativen heraushalten, versuchen zu verstehen, wie die Pastoral in der Gemeinde läuft, die Verbindung zu Schrift und Tradition herstellen, wenn die Dinge aus dem Ruder laufen, Korrekturen anmahnen. Er ist also ein Kommentator mit Autorität. Die Leitung einer Pfarrgemeinde wird dann nicht nur vom Pastoralteam gemeinsam ausgeübt, sondern ist eine kollektive zwischen dem geweihten Amtsträger und den mit Leitungsaufgaben betrauten ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.“

Gabriele Eder-Cakl, Pastoralamtsdirektorin der Diözese Linz, hat den Weg der Seelsorgeteams in der Diözese Linz geschildert. Aus der Verknüpfung von gelebter Praxis, Reflexion und Inspiration wurde in der Diözese Linz das Leitungsmodell mit Beteiligung Ehrenamtlicher entwickelt und seit 2002/2003 umgesetzt. „Derzeit werden 64 Pfarreien (von 486) mit Beteiligung Ehrenamtlicher und Seelsorgeteams geleitet. Ein Seelsorgeteam besteht aus vier bis acht Personen, wird in der Regel für einen Zeitraum von fünf Jahren vom Bischof ernannt und umfasst neben dem zuständigen Priester Frauen und Männer, die gemeinsam die Gemeindeleitung wahrnehmen“, erklärte die Pastoralamtdirektorin.

Don Flavio Marchesini, Direktor der pastoralen Koordination der Diözese Vicenza, hat über die Erfahrung der sogenannten „Gruppi ministeriali“ in Vicenza gesprochen. Diese Gruppen werden als wertvolle Hilfe für die Priester verstanden, um das Leben der Pfarreien zu begleiten: einerseits helfen sie, die Identität der Pfarreien zu bewahren, andererseits öffnen sie die Pfarreien für den gemeinsamen Weg in den Seelsorgeeinheiten. Die Ehrenamtlichen werden an zwei Wochenenden ausgebildet und können laufend Fortbildungsinitiativen besuchen, die von einem diözesanen Arbeitskreis angeboten werden.

Ob die Pastoralteams, die in der Diözese Bozen-Brixen aufgebaut werden, die gesuchten neuen Schläuche sind, die es braucht, um den neuen Wein aufzunehmen, ist für Seelsorgeamtsleiter Reinhard Demetz mit zwei Bedingungen verbunden: „Erstens wenn mit den Pastoralteams ein Abschied und ein Aufbruch vollzogen wird. Wenn sie also nicht einfach als Weg gesehen werden, mit einem Minimum an Veränderung alles doch beim Alten zu belassen. Zweitens wenn wir uns beim Aufbau der Pastoralteams von einer Vision inspirieren lassen, die aus der Mitte des Evangeliums, der Frohbotschaft Christi kommt.“​

Von: mk

Bezirk: Bozen