Von: mk
Bozen – Bei der heutigen Tagung für Lehrpersonen aller Schulstufen und der Berufsbildung im Pastoralzentrum in Bozen, an der rund 170 Religionslehrerinnen und Religionslehrer teilgenommen hatten, stand das Verhältnis von Religion und Gewalt im Zentrum der Ausführungen der beiden Referenten P. Martin Lintner und Prof. Andreas Conca.
Bei der heutigen Tagung für Religionslehrpersonen aller Schulstufen und der Berufsbildung hat Markus Felderer, der Leiter des Amtes für Schule und Katechese am Bischöflichen Ordinariat, in seiner Ansprache an Josef Mayr-Nusser, der in vier Monaten, am 18. März 2017, im Dom von Bozen selig gesprochen wird, erinnert. In einem Artikel in der Jugendwacht vom 15. Jänner 1938 schrieb Josef Mayr einen Artikel zum Thema „Zeugen seiner Herrlichkeit“ und ging dabei auch aufn das Verhältnis von Religion und Gewalt ein. Josef Mayr-Nusser schrieb: „Zeugnis geben ist heute unsere einzige, schlagkräftigste Waffe… Nicht Schwert, nicht Gewalt, nicht Geld, nicht einmal den Einfluss geistigen Könnens, geistiger Macht, nichts von all dem ist uns als unerlässlich geboten, um die Herrschaft Christi auf Erden aufzurichten. Etwas ganz Bescheidenes und doch viel Wichtigeres hat uns der Herr geboten: Zeugen zu sein.“
Auch Bischof Ivo Muser hat auf Josef Mayr-Nusser und dessen konsequente Christusnachfolge hingewiesen: „Er ging seinen Weg als überzeugter Christ und spürte, dass er aus Gewissensgründen den Eid auf Adolf Hitler nicht leisten konnte – ohne anderen einen Vorwurf zu machen.“ Der Bischof wies dann darauf hin, dass der Umgang und die Ausübung von Gewalt für alle Religionen eine Herausforderung ist und bleibt. Viele Konflikte und Gewaltakte werden bis heute im Namen Gottes und der Religion legitimiert. Heute leidet die Welt vor allem unter islamistisch geprägten Gewaltakten – dazu Bischof Ivo: „Als Christen schauen wir auf Jesus Christus, der nicht zum Täter, sondern zum Opfer geworden ist und sich mit allen Opfern in Geschichte und Gegenwart solidarisiert.“ Dann betonte der Bischof: „Auch wir Christen haben das Schwert im Namen Jesu und seines Kreuzes geschwungen. Aber wir können und dürfen uns nie auf ,sein Schwert‘ berufen, weil er keines hatte. Die Aufforderung an Petrus, das Schwert wegzustecken, und die Einladung, auch die andere Wange hinzuhalten, bleiben für uns alle eine unbequeme und heilsame Mahnung zum Gewaltverzicht – im Denken, im Reden und im Tun.“
Der Brixner Moraltheologe P. Martin Lintner ging in seinem Referat der Frage nach, ob den Religionen ein Gewaltpotential notwendig innewohne. „Gewalt gehört zwar ebenso wie die Religionen zur Menschheitsgeschichte dazu. Aber die These, Religionen würden Gewalt erzeugen bzw. Gewalt sei durch die Intoleranz der Religionen in die Welt gekommen, ist empirisch falsch“, so P. Lintner. Anhand von zwei Autoren, dem Religionswissenschaftlicher Jan Assmann und dem Kulturanthropologen Renè Girard, vertiefte der Referent die Thematik und entfaltete besonders zwei Positionen: Die erste, die den Religionen ein Gewaltpotential zuerkennt, das sich unter besonderen kulturellen und sozialen Konstellationen entladen kann, und zwar sowohl nach innen wie nach außen; die zweite, die auf die gewalteinengende Wirkung von Religion abzielt. In Folge ging der Moraltheologe auf biblische „Gewaltstellen“ und deren Deutung im Kontext einer geschichtstheologischen Lektüre ein. Schließlich fragte er nach der Gewaltgeschichte des Christentums und zeigte anhand der Vergebungsbitten von Papst Johannes Paul II. im Jahr 2000 auf, dass die Kirche Gewalt und Unrecht, die von Christen begangen wurden, verurteilt und als Schuld bekennt. Anhand der „Regensburger Rede“ von Papst Benedikt XVI. sowie dem Aufruf von Papst Franziskus an verschiedene Religionsvertreter, Gewalt im Namen Gottes zu verurteilen, unterstrich der Referent die Aufgabe der Religionen, Gewalt gemeinsam zu überwinden. Aus aktuellem Anlass des 1700- jährigen Jubiläums der Geburt des heiligen Martin von Tours zeigte P. Lintner abschließend die Bedeutung dieses Heiligen auf, der als römischer Soldat der Gewalt entsagt und zum „Soldaten Christi“ geworden ist.