Von: luk
Bozen – Der 20. Südtiroler Tag der Artenvielfalt fand am 22. Juni in Prags statt. Regen war gemeldet und Regen kam reichlich, aber die Fachleute aus Botanik und Zoologie trafen sich wie jedes Jahr, um die Arten ihrer Untersuchungsgruppe zu erheben und den Stand der Biodiversität zwischen dem ehemaligen Bad Altprags und dem Sarlkopf abzuklären und erlebten einige sehr positive Überraschungen.
Der Südtirol Tag der Artenvielfalt ist seit dem Jahr 2000 eine feste Einrichtung. Seit vielen Jahren liegt die Organisation beim Naturmuseum Südtirol. Heuer fand die Veranstaltung zum 20. Mal statt, diesmal in Prags in Zusammenarbeit mit dem Amt für Naturparke und dem Burger Hofes (EOS Sozialgenossenschaft und Schulverbund Pustertal).
Ein zuverlässiges Team
Die zahlreichen Privatpersonen aus dem In- und Ausland sowie die naturkundlichen Vereine aus Südtirol, die sich jährlich zum Tag der Artenvielfalt einfinden, bilden mittlerweile eine gut eingespielte Arbeitsgruppe von 60 bis 80 Naturkundigen und ausgewiesenen Fachleuten. Ohne sie wären die Felderhebungen in diesem Ausmaß nie möglich. Die Ergebnisse sind wegen des Regens nicht mit denen anderer Jahre vergleichbar (Tagfalter, Wildbienen oder Käfer lassen sich viel weniger häufig antreffen als bei trockener Witterung). Die Wochen zuvor war es zu trocken für das Pilzwachstum; es konnten viel weniger Pilze nachgewiesen werden als für das Gebiet zu erwarten wäre.
Jedes Gebiet hat seine Besonderheiten
Zahlen sagen nicht alles. Vorläufig sind „nur“ rund 770 Arten am Tag der Artenvielfalt in Prags erfasst worden, denn die Boden- und Wasserorganismen können erst unter dem Mikroskop genauer bestimmt werden. Aber es gab einige erstaunliche Meldungen. Zum ersten Mal für das Oberpustertal wiesen die Vogelexperten die im Mittelmeer verbreitete Weißbart-Grasmücke (männliches Exemplar von Sylvia cantillans) nach.
Dass die Fachleute für Bodentiere den Smaragdgrünen Regenwurm (Aporrectodea smaragdina), der zwischen dem Balkan und Polen vorkommt, in Prags nachweisen konnten, erstaunte sehr. Es ist der westlichste Punkt seiner bislang bekannten Verbreitung.
Die Pilz-Spezialisten des Vereins Bresadola fanden nur sehr wenige Pilze, dafür aber eine ihnen zunächst unbekannte Art der Gattung der Rötlinge. Sie hatten den Schillernden Rötling oder Zärtling (Entoloma ianthinum) entdeckt – eine neue Art für Südtirol.
Die Botaniker, und nicht nur sie, waren über die außergewöhnliche Blumenpracht in den Randzonen der „Gomiot“-Wiesen erfreut. Eine erstaunlich hohe Pflanzenvielfalt bot sich in diesen Magerwiesen und das, obwohl diese Bereiche außerhalb des nahen Naturparkes Fanes-Sennes-Prags liegen. Hier wächst auch der Berg-Wegerich (Plantago atrata), der bisher in Südtirol nur aus höheren Lagen der Pragser Berge bekannt war. Solche extensiven Wiesen sind in Südtirol mittlerweile selten geworden, daher sprechen die Forscherinnen und Forscher den Bauern höchste Anerkennung für diesen Beitrag zur Biodiversität zu. Auch bei der Moos-Flora gibt es eine Besonderheit: Die Fachleute mit ihrem geschulten Blick fanden auf Totholz von Fichtenwäldern das Kobold-Moos (Buxbaumia viridis), eine EU-weit geschützte Art, es wird nur ein bis zwei Zentimeter groß, also wirklich etwas für Kenner. Zum Koboldmoos sind aus Südtirol nur wenige Fundorte bekannt.
Eine runde Sache
Den Tag der Artenvielfalt gestalteten nicht nur die vielen Naturkundler, sondern auch die Vermittlung des Naturmuseums in Zusammenarbeit mit dem Amt für Naturparke, dem Naturparkhaus Drei Zinnen und dem Burger Hof. Ein vielfältiges Rahmenprogramm für naturkundlich Interessierte und für Kinder und Familien boten u.a. Exkursionen, Spiel-, Wissens- und Bastelstationen. Die abschließende Präsentation der Artenerhebung im Vereinssaal von Schmieden rundete das Ganze zu einem weiteren gelungenen Tag im Zeichen der Biodiversität ab, den die Gemeinde Prags und lokale Sponsoren unterstützten.