"Das Soziale neu denken und leben"

Vierte Masatscher Sozialgespräche 2021

Donnerstag, 04. November 2021 | 22:46 Uhr

Von: bba

Bozen – Am 29. Oktober fanden in der EURAC die diesjährigen „Masatscher Sozialgespräche“ statt. Die Veranstaltung wurde von Sabina Frei und Karl Tragust moderiert und trug den Titel „Zeitenwende? Das Soziale neu denken! Das Soziale neu leben!“ In seiner Begrüßungsansprache betonte Lebenshilfe-Präsident Hans Widmann die Notwendigkeit der Neudefinition des Sozialen, das als Aufgabe und Verantwortung der gesamten Gesellschaft zu sehen sei. Das Soziale müsse auch in den Wirtschaftsverbänden fokussiert werden, weil durch eine gerechte Verteilungspolitik viele soziale Probleme verhindert würden. Parallel zu dieser Neudefinition unumgänglich sei eine Aufwertung der sozialen Berufe, in denen eine wichtige gesamtgesellschaftliche Arbeit verrichtet werde.

Im ersten Teil der Veranstaltung wurden drei Referate gehalten. Professor Gottfried Tappeiner von der Universität Innsbruck benannte in seinem Referat „Auseinanderdriften von Arm und Reich: Grundsicherung und neue Unterstützungsformen zur Lebensbewältigung“ mit der Globalisierung, der Einkommensverteilung, der Vermögensverteilung, der Automatisation, der Demografie und anderen ständig sich verändernde Rahmenbedingungen für eine sozial verantwortliche und nachhaltige Gesellschaft, die geänderte Instrumente und geänderte Akteure verlangten, die in einen offenen Diskurs darüber eintreten müssten, wohin unsere Gesellschaft gehen solle. Professorin Franca Maino von der Universität Mailand sprach in ihrem Referat „Gestaltetes Zusammenspiel von Öffentlich und Privat in Zeiten der Pandemie“ vom Anstieg der Schutzbedürfnisse der Menschen, auf die ein Netzwerk von kompetenten Akteuren durch die Verzahnung von Prozessen, die Bündelung von Ressourcen und die Formulierung innovativer und inklusiver Inhalte Antworten zu finden hätten. Professorin Susanne Elsen von der Universität Bozen definierte in ihrem Referat „Transversalität: Einbettung des Sozialen in alle gesellschaftlichen Bereiche“ soziale Innovation als das Zusammenspiel unterschiedlichster Akteure in öffentlichen Ämtern, privaten Organisationen und der Zivilgesellschaft, dies auch in relativ kleinen Kontexten wie auf Gemeindeebene. Deshalb sei auch die Zeit für neue professionelle Qualifikationsprofile gekommen. Die Akteure müssten in der Lage sein, vernetzte, sozialraumorientierte, sektorübergreifende und integrierte Handlungsansätze zu konzipieren und umzusetzen.

Den zweiten Teil der Veranstaltung bildete eine offene Dialogrunde mit Landesrätin Waltraud Deeg. Die Zeit der Pandemie, so die Landesrätin, habe viele bestehende Fragen und Bruchstellen in der Gesellschaft und im Sozialwesen verstärkt. Der Stellenwert des Sozialen und der Rolle der Sozialberufe sei klarer als sonst hervorgetreten. Nun sei es Aufgabe aller, nicht zur Tagesordnung überzugehen, sondern die wertvolle Arbeit des Bereichs weiter wertzuschätzen und günstige Bedingungen dafür zu schaffen. Die öffentliche Hand habe die Rolle des Garanten für die Einlösung sozialer Rechte weiter wahrzunehmen und zu stärken. Die vielen sozialen Gruppierungen wie Familie, Nachbarschaft, Vereine, Verbände, Selbsthilfegruppen und Sozialpartner sollten in ständigem Austausch an der Seite der Bürger/innen und Familien für das Wohlergehen aller und den wichtigen gesellschaftlichen Zusammenhalt sorgen. Die anstehenden Herausforderungen der ökologischen und sozialen Transformationen seien nur in diesem Geiste zu bewältigen. Eine starke Grundsicherung, der richtige Mix zwischen Geld- und Sachleistungen und das ständige Zusammenspiel zwischen professionellen Diensten, Ehrenamt und engagierten sozialen Netzen seien ein wichtiger Schlüssel für soziale Sicherheit und Wohlergehen aller.

Seit der diesjährigen Veranstaltung sind die „Masatscher Sozialgespräche“ dem verstorbenen ehemaligen Landesrat Otto Saurer gewidmet. Die fünfte Ausgabe ist für das kommende Jahr geplant.

 

 

Bezirk: Bozen