Eva Sangiorgi schmökert in ihrem eigenen Viennale-Programm

Meeresalge und erste Filmwelle locken zur Viennale

Freitag, 23. August 2024 | 11:37 Uhr

Von: apa

Weniger als zwei Monate heißt es für Filmfans noch warten, dann startet die Viennale in ihre 62. Ausgabe. Von 17. bis 29. Oktober lädt das Festival zum Sichten zahlreicher internationaler wie österreichischer Filme. Historische Sonderschienen ermöglichen einen genauen Blick auf Schauspielerin Helene Thimig und Filmemacher Robert Kramer. Eine Meeresalge, die auf den ersten Blick an einen roten Federschmuck oder Flügel erinnern mag, soll als Sujet Lust auf die Filmflut machen.

“Ich schaue derzeit noch viele Filme, aber wir sind knapp davor, das Programm zu finalisieren”, sagte Viennale-Direktorin Eva Sangiorgi bei der Präsentation erster Programmschmankerl am Freitag. Die Viennale versteht sich als Festival, das mit seinem Programm “nach Gegenmitteln und nicht nach Fluchtwegen” für die vielen, weltweit erschütternden Ereignissen sucht, hieß es in den Vorschauunterlagen. Gewünscht sei Kino, das “über den reinen Idealismus hinaus geht”.

Eine erste, laut Sangiorgi “sehr vielfältige” Auswahl an 30 Filmen soll diesen Anspruch untermauern. Darunter finden sich mehrere Streifen, die bereits bei großen Festivals mit Preisen bedacht wurden. So wird etwa die Tragikomödie “Anora” von Sean Baker, der Gewinner der Goldenen Palme in Cannes, und der Schwarz-Weiß-Historienfilm “Grand Tour” von Miguel Gomes, Gewinner des Cannes-Regiepreises, zu sehen sein. Den Goldenen Bären bei der Berlinale heimste wiederum die Raubkunst-Doku “Dahomey” von Mati Diop ein. Aber auch österreichisches, prämiertes Filmschaffen holt Sangiorgi auf das Festival: Kurdwin Ayubs “Mond”, der jüngst in Locarno mit dem Großen Jurypreis gewürdigt wurde.

Ebenso mit Spannung erwartet ist wohl der erste Langfilm des Wiener Regisseurs Mo Harawe “The Village Next to Paradise”, der es in die Vorauswahl für den im Dezember zu vergebenden Europäischen Filmpreis schaffte und nach Cannes eingeladen war. Auch Alexander Horwaths Doku-Essay “Henry Fonda for President”, “Dear Beautiful Beloved” des Kiewer Regisseurs Juri Rechinsky, der im Vorjahr für seine Doku “Signs of War” den Wiener Filmpreis erhielt, und Bernhard Wengers “Pfau” sind auf den Leinwänden der Viennale-Kinos zu sehen. “Es gibt viel zu entdecken”, versprach Sangiorgi, die auch Arthouse-Kino in 3D ankündigte.

Einen Eröffnungsfilm hat die Viennale-Direktorin zwar schon gewählt, wollte ihn aber noch nicht verraten. Auch zu Stargästen hielt sie sich noch bedeckt. Es sei noch viel in Bewegung und man brauche auch Material für kommende Ankündigungen, vertröstete sie auf später.

Viel zu sagen gab es dagegen schon zu diversen Nebenschienen. Eine Monografie widmet die Viennale heuer der Arbeit des mexikanischen Kollektivs Los Ingrávidos. In Kurzfilm-Programmen und einem Live-Event mit musikalischer Performance wird deren experimentelles Kino näher beleuchtet. Eine Kinematografie zeigt die Darstellung der japanischen Kolonialzeit im koreanischen Kino. Dabei präsentiert die Viennale gemeinsam mit dem Korean Film Archive unter dem Titel “Haunted by History” eine Reihe klassischer und überwiegend selten gesehener Filme, die alle in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts spielen und vom Spaghetti-Western bis zum Arthouse-Klassiker reichen.

Helene Thimig steht im Zentrum einer zweiten Kinematografie namens “Out of the Spotlight”. Die österreichische Schauspielerin ist primär als Theaterschauspielerin bekannt. Ihre Karriere vor der Kamera, die erst im Exil in den USA begann, ist aber unterbeleuchtet. Das will das Filmarchiv Austria zum 50. Todestag Thimigs nun ändern. Gezeigt werden etwa “The Hitler Gang”, ein Gangsterfilm als Anti-Nazi-Propaganda oder auch “Strangers in the Night, ein Drama mit Noir-Einschlag.

Im Österreichischen Filmmuseum wird im Rahmen einer Retrospektive (18. bis 28. November) dagegen das Schaffen von Robert Kramer vor den Vorhang geholt. Der 1999 verstorbene US-Regisseur und politische Aktivist befasste sich leidenschaftlich mit gesellschaftlichen Auseinandersetzungen und politischen Protesten seiner Zeit. Er sei ein Filmschaffender, für den “Filmemachen weder ein Beruf noch eine Leidenschaft war, sondern schlicht und einfach eine Lebensweise”, heißt es in der Ankündigung. Folglich würden seine Arbeiten die Kategorien des Spiel-, Dokumentar- oder Experimentalfilms sprengen.

Weitere Details zum Programm werden am 8. Oktober verraten. Der Ticket-Vorverkauf startet am 12. Oktober. Davor wird am Karlsplatz in Kooperation mit dem “Volxkino” für ein “Warm-up” gesorgt. So sind von 23. bis 28. September bei gratis Eintritt und unter freiem Himmel mehrere Filme wie “Le Grand Chariot” von Philippe Garrel und “La Bete” von Bertrand Bonello zu sehen. Beide liefen bereits im Vorjahr bei der Viennale, waren aber noch nicht regulär im Kino zu sehen.

(S E R V I C E – www.viennale.at)