Von: apa
Als “singender Bonvivant” prägte er jahrzehntelang die Wiener Operette, reüssierte als Schauspieler und feierte Erfolge als langjähriger Intendant der Seefestspiele Mörbisch: In den frühen Morgenstunden des Montag starb Harald Serafin nun im Alter von 93 Jahren. Damit hat einer der großen Publikumslieblinge des Landes, der seit seiner Zeit als milder “Dancing Stars”-Juror den Ehrenbeinamen “Mister Wunderbar” trug, der Bühne des Lebens für immer Adieu gesagt.
Geboren in Litauen
Geboren wurde Harald Serafin am 24. Dezember 1931 in Litauen. Seine Mutter stammte aus Salzburg, sie vererbte ihm ihre lustige Art und das Talent, “Kundschaft aufzureißen”, wie der Sohnemann beschied. Vom Vater, einem Italiener, komme das Temperament, wiederholte Serafin stets launig. Die Eltern flüchteten nach der Besetzung Litauens durch die Russen 1939 zunächst nach Ostpreußen. 1944 entkamen sie den Russen erneut, mit einem Flüchtlingstreck zogen sie bis nach Bamberg, wo sich die Familie niederließ und ein Textilgeschäft eröffnete.
Serafin, der auf Wunsch der Eltern Arzt werden sollte, schmiss sein Studium nach einigen Semestern. Irgendwann habe er den richtigen Zeitpunkt gefunden, “um gegen die Eltern zu protestieren. Es war ein ganz toller Moment meines Wachstums. Ich wurde ein Mann”, sagte er einmal zur APA. Stattdessen erfüllte sich Serafin einen Traum und ging an die Hochschule für Musik in Berlin und an das Konservatorium in Nürnberg, wo er sich zum Opernsänger (Bariton) ausbilden ließ.
Nach ersten Engagements in der Schweiz und Deutschland wurde er für die Juni-Festspiele am Opernhaus Zürich engagiert. Über eine Fernsehaufzeichnung der dort gespielten Oper “Madame Bovary”, in der Serafin an der Seite Anneliese Rothenbergers die Hauptpartie sang, wurde sein späterer guter Freund Otto Schenk auf ihn aufmerksam. Schenks Inszenierung des Operettenklassikers “Fledermaus” mit Serafin in der Rolle des Eisenstein markierte schließlich einen Wendepunkt in der künstlerischen Entwicklung des Sängers und formte ihn zu dem Typ, der in berühmt machte: den “singenden Bonvivant” der Operette.
Legendärer Danilo
Operettengeschichte schrieb Serafin allerdings mit seiner Darstellung des Danilo in der “Lustigen Witwe”, die er erstmals in der Inszenierung Schenks an der Frankfurter Oper gab. Über 1.700 Mal sollte er sie weltweit singen. Auftritte in zahlreichen Opernhäusern, Konzertreisen in die USA und nach Japan folgten ebenso wie Schallplattenaufnahmen und Auftritte in Fernsehsendungen. Die “New York Times” nannte ihn, Bezug nehmend auf seine Physiognomie, “Walter Matthau der Wiener Operette”, Ginger Rogers sah ihn nach einem Konzert in London als den “wienerischen Maurice Chevalier”.
Für die Operette habe er sich “ein bisserl ändern müssen”, bekannte der Kammersänger, der sich selbst als” tief gehenden” Menschen beschrieb, einmal der APA in einem Interview. “Ein bisserl so auf hopp-hopp und locker, locker.” Gehadert hat der Träger zahlreicher Auszeichnungen (u.a. Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst, 2001, Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien in Gold, 2007) damit aber nie, denn das Genre Operette begeisterte ihn, “weil es die Stimme des Volkes ist. Musikalisch untermalt, genial untermalt.”
Ab 1992 Mörbisch-Impresario
1989 musste sich Serafin einer Stimmbandoperation unterziehen und gab das Singen für eine längere Zeit auf. 1992 übernahm er die bis dahin mäßig erfolgreiche Operettenbühne am Neusiedler See. Im Lauf seiner Intendanz machte er die Seefestspiele Mörbisch zum sprichwörtlichen “Mekka der Operette”. Serafin krempelte alles um, ließ Bühne, Zuschauertribüne, Technik, Eingangsbereich um- und ausbauen und brachte von Jahr zu Jahr immer mehr Publikum in die nordburgenländische Gemeinde. Pro Saison kamen bald bis zu 220.000 Besucher nach Mörbisch.
Serafin stand oft auch selbst auf der Seebühne. In seinen berühmt-berüchtigten Ansprachen vor Premieren ließ es sich der Entertainer nicht nehmen, mitunter anwesende Politiker aufs Korn zu nehmen. Nach 20 Jahren an der Spitze der Unternehmung trat Serafin 2012 mit der “Fledermaus” ab. 2015 erhielt er die Ehrenmitgliedschaft der Seefestspiele. Publikumserfolge feierte Serafin nach seiner Gesangskarriere aber auch auf der Theaterbühne, oft spielte er unter der Regie von Felix Dvorak. 2015 war er etwa in Helmuth Lohners letzter Regiearbeit in Bob Larbeys “Schon wieder Sonntag” in den Kammerspielen des Theaters in der Josefstadt an der Seite von Otto Schenk zu sehen.
Einen bleibenden Eintrag im österreichischen kollektiven TV-Bewusstsein bescherte Serafin sein Juryeinsatz in der zweiten Staffel der ORF-Promi-Tanzshow “Dancing Stars” 2006: Die “Wunderbar”-Ausrufe in seinen Beurteilungen machten ihn zum “Mister Wunderbar” – und als solchen auch beim jüngeren Publikum bekannt. Dieser Spitzname floss 2013 auch in den Titel seiner Autobiografie ein, die unter “Es war nicht alles wunderbar” im Amalthea Verlag erschienen.
Programmänderungen im ORF
Der ORF ändert in memoriam Serafins sein Programm. So zeigt der öffentlich-rechtliche Rundfunk im Rahmen des “kulturMontag” um 22.30 Uhr auf ORF 2 ein Porträt des Publikumslieblings. ORF III widmet ihm am Dienstag eine Sondersendung von “Kultur Heute” und den ganzen Sonntaghauptabend: Zunächst ist ein ausführliches Interview zu sehen (20.15 Uhr), auf das die Dokumentation “Harald Serafin – Wunderbare Jahre” (21.05 Uhr) folgt. Die Komödie “Der Neurosen-Kavalier” (21.50 Uhr) mit Serafin in der Titelrolle und die Sendung “Aus dem Archiv: Harald Serafin” (23.50 Uhr) beschließen den Abend.
Und auch Ö1 würdigt den Verstorbenen. Die “Hörbilder” wiederholen am Samstag (20. September) ab 9.05 Uhr “Die Serafins – Eine ‘wunderbare’ Familie”, für die Margit Atzler ein Porträt der Künstlerfamilie erstellt hat.
(S E R V I C E – www.haraldserafin.com)
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