Pop-Elfe Florence + The Machine in Topform

Triumph der Frauenpower bei Premiere von Lido Sounds

Samstag, 17. Juni 2023 | 07:51 Uhr

Premiere für ein neues Festival: Das Lido Sounds in Linz, das über drei Tage je 25.000 Besucher anlocken will und ein stilistisch buntes Programm bietet, ist am Freitag erfolgreich gestartet. Es war ein Triumph der Frauenpower. Das konnte eine zweimalige Regenunterbrechung nicht verhindern. Auf der “Main Stage” erwies sich Florence + The Machine als großartiger Headliner. Einen weiteren Höhepunkt lieferte Anna Calvi trotz wetterbedingt stark verkürzter Spielzeit.

Florence Welch und ihre Band lieferten die perfekte Performance ab, mit einer dramaturgisch geschickt gewählten Setlist und einer Frontfrau in stimmlicher Höchstform. Mal schwebte die 36-Jährige wie eine Pop-Elfe über die Bühne, barfuß versteht sich, dann wieder intonierte sie wie eine Operndiva getragene Lieder, um dann zu flotten Klängen ein ausgeflipptes Tänzchen hinzulegen. Es begann mit “Heaven Is Here” und “King” theatralisch, zu “Ship To Wreck” ging dann die Post ab, “The Dog Days Are Over” wurde nicht weniger abgefeiert. Bei “Dream Girl Evil” begab sich die Britin in den Fotograben, suchte die Nähe der Fans und sang auf der Absperrung stehend, minutenlang die Hand einer Besucherin haltend. Sogar Punk kann Florence: “Kiss With A Fist” vom Debütalbum fetzte, hymnisch dagegen das Candi-Station-Cover “You Got The Love”. Ja sogar Gospel-Einlagen fehlten nicht. Das war schlicht famos.

Der Auftritt ihrer Landsfrau Calvi wurde nach der ersten wetterbedingten Unterbrechung stark gekürzt, dafür wirkte ihre Performance umso intensiver. Calvis eindringliche Stimme gepaart mit ihren in psychedelischen Hardrock ausufernden Soli packten die Fans. Statt Donner von oben entfachte die Britin ein Gitarrengewitter erster Güteklasse. Beim Schlusspunkt, dem aus “Peaky Bilnders” bekannten “Ain’t No Grave”, fuhr die Musikerin mit dem Mikro den Gitarrenhals entlang und ließ ihr Instrument in bester Jimi-Hendrix-Manier dröhnen.

Bei der heimischen Künstlerin Avec hieß es am zweiten Schauplatz auf dem Urfahrmarkt-Gelände “full house”, Sperren waren vor dem knapp 6.000 Leute fassenden Zelt aufgebaut. Als Oberösterreicherin empfinde sie es als “eine besondere Ehre” bei der Lido-Sounds-Premiere dabei zu sein, so Miriam Hufnagl alias Avec zur APA. Sie wurde ebenso gefeiert wie Arlo Parks, die mit klassischem Pop verzauberte. Kantiger präsentierte sich das Frauen-Trio (plus Drummer) My Ugly Clementine auf der “Main Stage”.

Zu den Männern: Interpol begannen ihren Auftritt als Headliner im Zelt in weißes Licht getaucht, das sich später mit Rot und Blau sowie Laserstrahlen abwechselte. Die New Yorker starteten zur Halbzeit ihrer Stunde Spielzeit ein Hitfeuerwerk mit dem umjubelten “Evil”, “Pioneer to the falls”, “Rest my chemistry”. Gitarrensoli von Daniel Kessler sowie als letzte Nummern “PDA” und “Slow Hands” ließen “Zugabe”-Rufe laut werden – erfolglos. Wie ihm das Festival gefalle, wollte die APA im Talk von Interpol-Sänger Paul Banks wissen. “Sie haben hier backstage einen Basketballkorb, also passt das für mich.”

Mit dem aktuellen Album “The Other Side Of Make-Believe”, erfinden sich Interpol zwar nicht neu, verbinden aber ihre Trademarks mit Melodien, die im Gegensatz zu früheren Werken mit weniger Tempowechseln kollidieren. “Das ist unsere Pandemie-Isolation-Platte. Sehr viel wurde geschrieben, als ich mich in Schottland aufhielt, Daniel in Barcelona war und Sam (Fogarino, Drums) in den Staaten. Wir haben E-Mails hin und her geschickt, ich habe in meinem Schlafzimmer gesungen. Wenn wir gemeinsam spielen, wird es naturgemäß lauter. Das war jetzt dagegen eine ruhigere Annäherung an die Musik. Es ist daher ein milderes, intimeres Album.”

In Linz bewiesen Interpol einmal mehr, dass sich Kunst mit Anspruch sehr wohl mit Unterhaltung verbinden lässt. “Ich glaube, wir haben bei allem auch das Bewusstsein, dass die Leute auch Spaß haben wollen. Wir selbst wollen nicht intellektuell oder gekünstelt rüberkommen. Es geht in Wahrheit um Emotionen.”

Auf der “Ahoi! Pop Summer Stage” hatte der niederösterreichische Shootingstar Lou Asril den Anfang gemacht und mit seinem Wohlfühlpop gute Stimmung verbreitet. Als allererster Act war davor Danger Dan auf der “Main Stage” als Liedermacher am Klavier, fallweise mit Streich-Quartett-Begleitung, ein ungewöhnlicher wie wirkungsvoller Opener bei Sonnenlicht. An diesem Tag wollte nur das Wetter den Spielverderber machen. Ein gekürztes Gastspiel ihrer Heroen mussten daher auch Alt-J-Fans nach der zweiten Regenunterbrechung hinnehmen.

Die Polizei zog eine positive Zwischenbilanz. “Keine besonderen Vorfälle”, hieß es. Morgen geht es unter anderem mit den Toten Hosen weiter.

Von: apa