Live steht der Musiker gerne für Spektakel

US-Sänger Benson Boone präsentiert sein “American Heart”

Dienstag, 17. Juni 2025 | 11:07 Uhr

Von: APA/dpa

Es ist schwer, sich der Energie dieses Mannes zu entziehen. Vor allem, wenn er sich wie bei seinem aufsehenerregenden Grammy-Auftritt zu seinem Superhit “Beautiful Things” von Heidi Klum die Kleidung vom Leib reißen lässt und mit einer Schraube vom Klavier auf die Bühne springt. Wenn US-Newcomer Benson Boone nicht die Zukunft gehört, wem dann? Sein neues Album “American Heart” soll den nächsten Schritt machen.

Boone liefert eine Platte, die so glatt poliert ist, dass man sich darin spiegeln könnte. Boone und seine Produzenten verstehen das Handwerk des modernen Pop bis ins letzte Detail: eingängige Melodien, tanzbare Beats, pointierte Hochglanz-Produktionen mit Stadionambition.

Dabei umweht das Ganze ein Hauch von Glam, der teilweise an die frühen Killers erinnert, allerdings ohne deren Ecken und Kanten. “American Heart” ist der Sound eines Pop-Amerikas, das sich selbst gefällt. Jeder Track kommt auf den Punkt, nie viel länger als drei Minuten, damit auch die Aufmerksamkeitsspanne der Tiktok-Jugend nicht überstrapaziert wird.

Das Leben und die Liebe im Fokus

Wäre man gnädig, würde man schreiben: Es geht Boone um das Leben und seine Gefühle, vor allem in Bezug auf Liebe und Dating – das Schwärmen für den Moment in voller Freiheit. Nun, die Wahrheit ist aber auch, dass Boone 22 Jahre alt ist und sich definitiv kein Jahr älter anhört. In zehn Songs erfährt man nichts über ihn, nichts über seine bisherige Lebensgeschichte, seine Werte oder den Grund, warum er Musik macht.

Während Chappell Roan queere Identität in die Mitte ihres Schaffens stellt, Billie Eilish die innere Dunkelheit erkundet und Taylor Swift die Chronistin ihres eigenen Lebens ist, bleibt Boones “American Heart” ziemlich leer.

Möglicherweise ist das die Folge einer tief gespaltenen amerikanischen Gesellschaft, in dem jeder Ausdruck Gefahr läuft, politisiert zu werden. Möglicherweise aber auch die volle Absicht eines jungen Künstlers, der alles tun will, um allen zu gefallen. Auch wenn seine Identität dabei auf der Strecke bleibt. Insofern beschreibt Boone mit dem Inhalt seines “American Heart” den Zeitgeist in seiner Heimat vielleicht gerade am besten.

Kein zwingender Nachfolger für den Hit “Beautiful Things”

Wer allerdings auf der Suche nach dem neuen “Beautiful Things” ist, mit dem Boone seinen Durchbruch feierte, der mag auf “Beautiful Heart” keine eindeutige Antwort finden. Der wichtigste Gute-Laune-Song aber dürfte “Mystical Magical” sein, der einen 70er-Disco-Einschlag und hitverdächtigen Flow hat. Der “Momma Song” ist dagegen eine Coming-of-Age-Hymne, die Boone als Hommage an seine Mutter singt.

“American Heart” wird ein gutes Album für jene sein, die tanzbaren und gut produzierten Pop wollen, sofern sie mit wenig Tiefgang klarkommen. Boones Kunst liegt in seiner Präsenz als Performer und seiner mitreißenden Energie, nicht in inhaltlicher Komplexität.

Wer die Chance hat, ihn live zu sehen: Machen! Wenn Boones Auftritt am 13. Juli beim Lollapalooza in Berlin nur halb so aufregend wird wie die jetzt schon legendäre Performance bei den Grammys, hat es sich schon gelohnt. Ein Österreichtermin steht derzeit nicht auf seinem Tourneeplan.

(S E R V I C E – www.bensonboone.com)

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