Benzodiazepine bei Jugendlichen werden beliebter

Beruhigungsmittel “Benzos” immer beliebter bei Jugendlichen

Dienstag, 12. März 2024 | 07:10 Uhr

Nachdem eine 14-Jährige in Wien-Simmering vor einer Woche mit Arzneimitteln im Blut tot aufgefunden wurde, steht Drogenmissbrauch im Raum. Die Sucht- und Drogenkoordination der Stadt weist auf eine Zunahme beim Gebrauch von Benzodiazepinen – oft zusammen mit Alkohol – unter Jugendlichen hin. Dennoch sei der Fall des Mädchens ein “tragischer Ausnahmefall”. Daniel Lichtenegger vom Bundeskriminalamt ist dagegen alarmiert. Er plädiert für eine Vereinfachung der Gesetze.

Man habe nun eine eigene Task-Force sowie eine Arbeitsgruppe eingerichtet, sagt Ewald Lochner, der Koordinator für Psychiatrie, Sucht- und Drogenfragen der Stadt Wien zur APA. Die Task-Force führe nach Todesfällen in Zusammenhang mit Drogenmissbrauch Fallanalysen durch und ziehe daraus Rückschlüsse für die Zukunft, die Arbeitsgruppe befasse sich vor allem mit Benzodiazepinen, also verschreibungspflichtigen Beruhigungs- und Schlafmitteln.

Ein Anstieg des Konsums illegaler Substanzen sei nicht feststellbar, sagt Lochner. “Aber seit Corona gibt es eine zunehmende Menge von jungen Menschen, die solche Benzodiazepine teilweise vermischt mit anderen Substanzen und teils sehr eskalativ konsumieren. “Vor allem in diesem Bereich werde bei Teenagern eine problematische Entwicklung beim Konsumverhalten registriert. “Sie konsumieren sehr viel, sehr schnell und unterschiedliche Substanzen.”

Die Folge? “Wir registrieren zudem, dass in der Vergangenheit vermehrt Jugendliche mit Intoxikationen eingeliefert wurden.” Die Wiener Berufsrettung spricht gegenüber der APA von mehr als einer Verdreifachung der Einsätze im Zeitraum von 2018 bis 2023 bei unter 18-Jährigen mit Drogenintoxikationen (Alkohol und Medikamente ausgenommen). So seien vor sechs Jahren nur 75 Ausrückungen wegen einer Vergiftung mit Drogen angefallen, hieß es. 2023 registrierte die Rettung dagegen 231.

Oft seien bereits psychische Vorerkrankungen bei diesem Teil der Jugendlichen vorhanden, sagt Lochner. “Immer wieder ist auch die Kinder- und Jugendhilfe bereits involviert”, so der Experte. Die Gründe dafür seien nicht nur in den von Krisen geprägten vergangenen Jahren zu suchen. “Jugendliche haben zudem eine höhere Risikobereitschaft.”

Das bestätigt auch Daniel Lichtenegger, Leiter der Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung der Suchtmittelkriminalität im Bundeskriminalamt. Er weist jedoch auch auf zahlreiche Baustellen hin. “Es gibt heutzutage Youtube-Kanäle, die zeigen wie man am besten konsumiert oder Drogen herstellt. Das kann es nicht sein, da greife ich mir an den Kopf”, sagt der Spitzenbeamte.

Das Problem rund um “Benzos” ist ihm bestens bekannt. “Wenn ich sehe, was junge Menschen heutzutage für Medikamente verschrieben bekommen, halte ich das für sehr bedenklich”, so der leitende Polizist, der auch die Rolle des Drogenkoordinators im Innenministerium bekleidet. Er verweist in diesem Zusammenhang auch auf die sogenannten Privatrezepte – “ein großes Thema”. Der Polizist betont: “Speziell aufgrund der Mischintoxikationen wären hier Änderungen notwendig.” Er verweist auf verschiedenen gesetzliche Grundlagen für diese Art von Wirkstoffen.

Laut dem im August publizierten Lagebericht des Bundeskriminalamts ist die Zahl der Anzeigen nach dem Suchtmittelgesetz gegen Jugendliche von 2021 auf 2022 nur geringfügig um 1,8 Prozent angestiegen. “Jedoch ist das Dunkelfeld sehr hoch, deswegen sind die reinen Anzeigezahlen mit Vorsicht zu genießen”, so Lichtenegger. Er verweist – nicht ohne Kritik – auf rund 35.000 Anzeigen nach dem Suchtmittelgesetz, die 2022 österreichweit erstattet und an die Behörden Länder übermittelt worden seien. “Aber nur ein kleiner Bruchteil wurde überhaupt gesundheitlich begutachtet”, sagt Lichtenegger. “Ich will, dass die Polizei im Bereich der Drogenthematik ernst genommen wird. Wir sind ja keine Marionetten.”

Lichtenegger plädiert unter anderem für eine Vereinfachung des Suchtmittelgesetzes. “Wir hätten etliche Vorschläge, die aber nur selten gehört werden”, sagt der erfahrene Beamte. Darunter: Eine bessere Vernetzung aller Player in der Drogenpolitik sowie ein koordinierter Abgleich von Datenbanken.

Am vergangenen Dienstag wurde eine 14-Jährige tot in einer Wohnung in Wien-Simmering eines 26-jährigen Afghanen gefunden, im Jänner und Dezember waren zwei 16-Jährige in Wohnungen von Männern in Hernals sowie Rudolfsheim-Fünfhaus entdeckt worden. In allen drei Fällen steht Drogenmissbrauch im Raum. Die jeweiligen toxikologischen Gutachten sind noch ausständig.

Von: apa

Kommentare
Sortiert nach:   neuste | älteste | Relevanz
Homelander
Homelander
Universalgelehrter
2 Monate 5 Tage

Liebe junge  Leute, lasst bitte die Finger von dieser Schei@@e….

info
info
Universalgelehrter
2 Monate 5 Tage

Ganz deiner Meinung. Nur mit einem “Bitte” wird es nicht getan sein. Die Frage ist meines Erachtens: Wie können Jugendliche in unserer Gesellschaft etwas finden, das ihnen mehr gibt, als Drogen, Alkohol oder Gewalt tun. Und da fehlt es einfach gewaltig an Freiräumen und Treffpunkten abseits eines Konsumzwangs.

Grantelbart
Grantelbart
Universalgelehrter
2 Monate 5 Tage

Leicht gesagt, als Jugendlicher probiert man eben gern mal was aus. Es braucht Sensibilisierung an den Schulen und den Einsatz der Ordnungskräfte um Schlimerers zu verhindern.
Trotzdem: was Jugendliche zu Dauerkonsumenten macht ist neben stark abhängig machenden Substanzen vor allem Traumata in der Kindheit, Wunden die nicht heilen und mit Drogen und anderen belohnenden Verhaltensweisen betäubt werden. Diese Kinder/ Jugendlichen brauchen Therapie und nicht einfach legal verschriebene Drogen.

Homelander
Homelander
Universalgelehrter
2 Monate 5 Tage

info@ ja, das stimmt… aber leider haben wir heute eine andere Zeit… wir haben früher an Motorrädern rumgeschrauft, sind in den Wald raus, Fussballspielen usw… Viele junge Leute sitzen entweder zuhause beim online Zocken, oder dröhnen sich mit Drogen oder Alk die Birne voll… viel hängt von der Erziehung ab und auch das Umfeld der Freunde…

info
info
Universalgelehrter
2 Monate 5 Tage

@Homelander
und daran, dass heute die Motorräder unschraubbar sind, der Wald in der Stadt weit weg und Fussballspielen, ok, das geht wahrscheinlich überall, ist aber halt auch nicht jedermanns Traum. Nur ein Beispiel für viele: Brixen hat seit Jahren keinen Skaterpark mehr (nachdem er zuvor auf das schattenfreie Dach eines Fernheizwerkes ausgelagert worden war).

Sag mal
Sag mal
Kinig
2 Monate 5 Tage

Homelander Wie weit seit Ihr gekommen mit bitten und sensibilisieren?!Die Eltern kommen Ihrer Verantwortung auch in keinster Weise mehr nach.Nur Karriere u.nach Aussen muss es stimmen.

nemesis
nemesis
Tratscher
2 Monate 5 Tage

Viele denken in Blauäugigkeit, dass erst jetzt die bösen Drogen zu uns kämen und auch dann bloß ein Problem einer (zu eliminierenden) Randgruppe wären. Dabei gibt es nicht bloß illegale Drogen, sondern viele Erwachsene in Südtirol nehmen Psychopharmaka, vor allem “Benzos” (Benzodiazepine). Das “Hausfrauenberuhigungsmittel” Valium beispielsweise, oder Minias. Wir sind einfach verängstigt und gestresst, weil der Nachbar den fetteren AUDI hat und die neue Hütte Klimahaus A+ erst mit 70 abbezahlt sein wird. Wer sich aus Scham nicht zum Hausarzt traut, säuft halt – das ist ja völlig OK.

Sag mal
Sag mal
Kinig
2 Monate 5 Tage

die trotz Aufklärung gewollt probieren tun mir nicht leid.Wie Viele psychisch Kranke werden nicht aufgeklärt und haben dann noch mehr Probleme.

wpDiscuz