Es kann gefährlich werden

Das stellt das Smartphone mit unserem Gehirn an

Mittwoch, 24. Mai 2023 | 08:06 Uhr

Wer kennt es nicht? In Momenten der Langeweile geht es ganz schnell und mittlerweile instinktiv: Zack und schon, haben wir das Smartphone in der Hand.

Das mobile Endgerät ist dabei nicht nur ein Zeitfresser, sondern wirkt sich auch negativ auf unsere Konzentration und Aufmerksamkeit aus. Aber wie genau – und wie finden wir den Fokus wieder? Mit diesen Fragen rund ums Smartphone beschäftigt sich Martin Korte, Professor für Neurobiologie an der TU Braunschweig.

Gehirn in permanentem Alarmzustand

Korte sagt gegenüber der Apa: “Wir versetzen das Gehirn in einen permanenten Alarmzustand, indem wir immer auf Vibrationen und Signale achten.” Unser Konzentrationsvermögen nehme zwar nicht insgesamt ab, die Aufmerksamkeit werde aber geteilt.

“Das Gehirn hat nur begrenzte Kapazitäten”, sagt die Psychologin, Franziska Weiß, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der TU Dresden. Schon früh im Wahrnehmungsprozess wählt es aus, welche Reize weiterverarbeitet werden. Und oft ist es eben das “Pling” unseres Smartphones. Dadurch springt die Aufmerksamkeit – wir verlernen, eine Aufgabe in Ruhe zu Ende zu bringen.

“Wenn wir einmal abgelenkt werden, folgen meist WhatsApp-, Instagram- und Facebook-Nachrichten oder Tiktok-Videos”, sagt Martin Korte. “Das ist alles so konstruiert, dass man immer nach der nächsten Benachrichtigung schaut.”

Die Folge: Im statistischen Mittel brauche man etwa 9,5 Minuten, um sich wieder in die alte Aufgabe einzudenken. “Das heißt, man verliert einfach viel Zeit, um wieder mit höchster Effektivität arbeiten zu können”, sagt Korte, der auch ein Buch zum Thema geschrieben hat (“Frisch im Kopf: Wie wir uns aus der digitalen Reizüberflutung befreien”).

Es kann gefährlich werden

Wer zwischendurch ständig nebenbei das Handy checkt, erhöht auch die Gefahr für Fehler oder Unfälle. “Wenn das Smartphone während des Laufens oder Fahrens genutzt wird, führt das zur Verlangsamung in Reaktionszeiten”, sagt Franziska Weiß. Das kann gefährlich werden. Korte sagt: “Im Unterschied zu anderen Tätigkeiten saugt gerade die Smartphone-Nutzung mehr unserer kognitiven Ressourcen ab.” Das Radio im Hintergrund, Telefonate oder Gespräche – all das lenkt uns demnach weniger ab als das Smartphone.

Pure Anwesenheit des mobilen Endgeräts lenkt schon ab

Dabei muss das Handy nicht einmal aktiv genutzt werden. “Die Forschung hat gezeigt, dass die pure Anwesenheit von einem Smartphone im Raum schon Auswirkungen auf das Arbeitsgedächtnis haben kann”, sagt Franziska Weiß. Arbeitsgedächtnis – so nennt die Wissenschaft, was Laien als Kurzzeitgedächtnis kennen. “Scheinbar wird ein Teil der Nervenzellen abgezogen, um den Impuls zu verhindern, das Handy einzuschalten”, so Martin Korte.

Ab wann wird die Nutzung des Smartphones zum ernsthaften Problem? Eine Sucht nach sozialen Netzwerken oder dem Handy ist keine anerkannte psychische Erkrankung. “Es wurde noch kein klares Kriterium gefunden, an dem wir exzessive Smartphone-Nutzung messen können”, sagt Franziska Weiß. Denn die negativen Auswirkungen hängen nicht allein an der Nutzungszeit. Es kommt auch darauf an, welche Inhalte konsumiert werden. “Einige Features vom Smartphone haben mehr süchtig-machendes Potenzial als andere”, sagt Weiß. So seien soziale Netzwerke und Computerspiele kritischer als das reine Lesen von Nachrichten.

Ein wichtiges Anzeichen für ein problematisches Nutzungsverhalten ist das gesteigerte Verlangen nach dem Smartphone. “Gescheiterte Versuche, die Nutzung zu reduzieren und Schwierigkeiten im Alltag, bis hin zur Nutzung in risikoreichen Situationen, sind problematisch”, sagt Weiß.

Bildschirmzeit besonders bei Kindern begrenzen

Besonders bei Kindern sollte daher die Bildschirmzeit begrenzt werden. “Man muss es überhaupt nicht verbieten, Kinder sollen da schon ihre Erfahrungen sammeln”, sagt Martin Korte. “Es ist aber wichtig, dass sie eben auch Zeit für andere Sachen haben.” Das ist auch ein entscheidender Punkt für Franziska Weiß: “Das Smartphone darf nicht die Zeit beim Sport oder mit Freunden ersetzen.”

Dazu kommt, dass sich zu viel Zeit vor dem Bildschirm auch auf die Gehirnentwicklung auswirkt. “Es haben sich signifikante Zusammenhänge zwischen problematischer Nutzung und Verhaltensauffälligkeiten gezeigt”, sagt Franziska Weiß. Das seien etwa Schwierigkeiten im Umgang mit Gleichaltrigen und Hyperaktivität.

“Wenn Kinder schon im Grundschulalter mehrere Stunden am Tag am Bildschirm verbringen, dann sieht man Entwicklungsverzögerungen in den Spracharealen. Das heißt, diese Kinder sprechen und verstehen weniger verschiedene Worte”, sagt Martin Korte.

Familien sollten Rituale daher einführen, etwa dass zu den Essenszeiten digitale Medien tabu sind. Da sind dann vor allem die Erwachsenen als gute Vorbilder gefragt.

Was hilft bei Erwachsenen, wenn sie einmal im Smartphone-Tunnel gefangen sind?

Und was hilft den Erwachsenen, die Zeit am Smartphone zu begrenzen? Die Experten raten zu einem bewussten Umgang statt einem kompletten Verzicht. “Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und es dauert, bis Veränderungen auftreten. Da muss man hartnäckig bleiben”, sagt Franziska Weiß. Martin Korte rät dazu, mehr zwischen Online- und Offline-Zeit zu unterscheiden. “Das heißt, dass man die Online-Zeit bewusst, achtsam und aufmerksam verbringt.” Dafür solle man dann ein paar Stunden am Tag offline planen.

Wenn man einmal im Smartphone-Tunnel gefangen ist, helfen außerdem selbst überlegte Strategien. “In Situationen, in denen man gerne aufhören würde, aber das nicht kann, braucht man ein Ritual”, sagt Psychologin Weiß. Das sei dann etwa ein Spaziergang an der frischen Luft oder eine Runde Sport. “All das hilft, um Stress zu regulieren, den man vielleicht auch mit der Smartphone-Nutzung versucht hat zu kompensieren.”

Eine komplette Abstinenz ist in der heutigen Zeit sowieso nicht denkbar. “Die Onlinewelt ist genauso wichtig wie die Offlinewelt. Es funktioniert eben schlecht, wenn beide sich miteinander vermischen”, sagt Martin Korte.

Von: luk

Kommentare

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10 Kommentare auf "Das stellt das Smartphone mit unserem Gehirn an"


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N. G.
N. G.
Kinig
11 Tage 9 h
Die allermeisten Nutzer von Smartphones sind Sklaven der digitalen Welt geworden. Nur wenn man immer und überall erreichbar ist, immer über den neuesten Tratsch und Klatsch informiert ist, dann ist man “wer”. Dabei geht es leider nicht um die Infos an sich, sondern der Schnellste zu sein. WhatsApp Nachrichten, Facebook Austausch usw. sind zu 99% unnütz. Wer nutzt das Handy wirklich produktiv? Auser für Beruf fast niemand! Persönlich hab ich seit 15 Jahrrn mein Handy lautlos, so gut wie alle Benachrichtigungen blockiert und antwortet bzw. rufe nur zurück wenn es mir wichtig erscheint und sonst gar nicht. Mein Umfeld hat… Weiterlesen »
pandemade
pandemade
Neuling
11 Tage 1 h

Ober olle tog an kas zommschreibm sel tuasch decht!

topgun
topgun
Superredner
11 Tage 25 Min

@N.G.

Einer, der Tag und Nacht kommentiert und auf Experte in allen(!) Bereichen macht, will anderen die Nutzung des Smartphones und digitalen Medien erklären…🤦🤦🤦

Auf guat puschtrarisch: Iaz tut’s noa…😅

N. G.
N. G.
Kinig
10 Tage 22 h

@topgun Ich kann nichts dafür, dass dir Allgemeinwissen fehlt. Ich hab, also schreib ich. Grins

N. G.
N. G.
Kinig
10 Tage 22 h

@pandemade Ich brauch nicht Stunden um was zu schreiben. Du ja? Außerdem, ich warte nicht auf dumme Nachrichten die mir irgendwer schreibt sondern gucke bewußt aufs Handy. Kleiner aber seht feiner Unterschied. Hättest du den Artikel verstanden, wüsstest du was damit gemeint ist.
Was du für Käse hältst, ist mir wiederum wurscht. Mich interessieren Meinungen von schlauen Leuten, davon gibt es hier nur wenige.

Trina1
Trina1
Kinig
10 Tage 19 h

@N. G. Kompliment Herr Dozent, mir ist emotionale Intelligenz lieber…. Grins.

thomas
thomas
Kinig
11 Tage 8 h

Die Langzeitfolgen könnten unangenehm sein, Stichwort “Digitale Demenz “

N. G.
N. G.
Kinig
11 Tage 5 h

Daran leiden hier viele!

krokodilstraene
krokodilstraene
Superredner
11 Tage 3 h

Auch der Bandscheibenschaden im Gnagg ist nicht zu unterschätzen
😂😂

Zussra
Zussra
Tratscher
11 Tage 59 Min

Se dolest man wo a vo gor atoal Kommentare in den Forum ausa, wela Unheil ‘s Samrtphone unrichtit!!!

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